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Bis dass der Tod uns scheidet

Bis dass der Tod uns scheidet

Titel: Bis dass der Tod uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Selbstanalyse hier.
    »Sie haben ein schönes Haus, Miss David.«
    »Das war eigentlich alles meine Mutter. Sie hat den Wintergarten angebaut und die Hypothek abgezahlt. Ich habe es nur geerbt.«
    »Ist Ihre Mutter hier?«
    »Sie ist vor sechs Jahren gestorben.«
    »Tut mir leid.«
    »Das Haus geht ganz allein auf ihr Konto.«
    »Trotzdem, es gehört Ihnen«, sagte ich. »Es ist schön.«
    Sie lächelte noch mehr und schob ihre rechte Schulter in meine Richtung.
    Ich bemerkte, wie mich die bunte Katze aus der Tiefe der Vegetation aus beobachtete, und dachte an den Künstler – Bisbe. Mir wurde klar, wenn ich einen Fehler beging, dann wäre dieses sonnige Zimmer und diese wunderschöne behinderte Frau mein letzter Augenblick der Sinnenlust.
    »Sie erinnern mich an ihn«, stellte Fawn fest.
    »An wen?«
    »Bill Williams, wie Sie ihn nennen. Er hat ein Zimmer hinten im Haus bewohnt. Er hat dabei geholfen, dieses Gewächshaus anzubauen.«
    »Und warum erinnere ich Sie an ihn?«
    »Sie setzen Logik ein, um Freude zu bereiten. William hat die Welt immer so gesehen, wie sie war, aber er hat sich nicht davon bedrücken lassen. Er sagte immer wieder zu mir, dass meine Lähmung meine Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Weise schärfen und mein Leben deshalb mehr Sinn ergeben würde als das der meisten anderen Menschen. Er hatte recht.«
    »Das konnten Sie alles aus einer einzigen Bemerkung von mir ableiten?«
    »Sie ähneln ihm auch sehr«, erwiderte sie. »Ich meine, er war groß und schlank und hatte ein schmales Gesicht. Er hatte mit sechzig noch volles Haupthaar, aber Ihre Hautfarbe ist ungefähr dieselbe.«
    »William Williams ist schwarz?«
    »Wussten Sie das nicht?«
    »Nein. Ich hatte nur seinen Namen.«
    »Sie müssen ein ziemlich guter Detektiv sein.«
    »Ja, oder ein wirklich schlechter.«
    »Ich weiß nicht, wie weit ich Ihnen behilflich sein kann, Mr. McGill. Ich war zwanzig, als ich William das letzte Mal gesehen habe. Er ist ausgezogen, und wir haben nie wieder von ihm gehört. Er müsste jetzt Ende siebzig sein.«
    »Ich nehme an, Sie hatten eine Menge Mieter seitdem.«
    »Nein. Mutter wurde kurz nach Williams Auszug krank, und ich konnte nun wirklich keine Mietwohnung unterhalten. Was immer er zurückgelassen hat, als er auszog, ist immer noch da, nehme ich an. Es ist nicht einfach für mich, dort hinzukommen, also lasse ich es.«
    »Sollen wir es jetzt mal versuchen?«
    »Ich habe keine Ahnung, wo der Schlüssel ist.«
    »Schlösser sind meine Spezialität.«
     
    Erst trug ich einen Stuhl aus Bambus den schmalen, baumgesäumten Weg zu dem kleinen Miethäuschen, dann kehrte ich zurück und trug Fawn David zum Stuhl. Nachdem ich sie abgesetzt hatte, holte ich den Rollstuhl. Erst dann zog ich mein Spezialwerkzeug aus der Tasche.
    »Sie sind stark und einfallsreich«, erklärte Fawn, als sich das Schloss öffnete.
    »Und ich war mal jung und gut aussehend und hatte volles Haupthaar.«
    »Sie sind noch immer gut aussehend«, sagte Fawn. »Ich mag reife Männer.«
    Das Zimmer war staubig – sehr staubig. Matratze und Sofa waren von Mäusen ruiniert worden, aber die Tischlampe funktionierte noch immer, und auch an allem anderen hatte die Zeit kaum genagt.
    Bill Williams hatte ein sehr karges Leben geführt. Es gab einen kleinen Tisch, der als Schreibtisch gedient hatte, Sessel, Bett, Bücherregal, leer bis auf einen milchfarbenen Plastikkrug und eine Tasse und einen Koffer am Fußende des Betts.
    »William saß dort am Tisch und schrieb die ganze Nacht«, erklärte Fawn. »Damals hatten wir hier eine Rampe, damit ich ihn besuchen konnte. Wenn ich bei ihm war, hat er immer aufgehört zu arbeiten. Manchmal haben wir stundenlang geredet.«
    »Wo kam er her?«
    »Das hat er nie gesagt. Ich habe ihn gefragt, und manchmal habe ich versucht, es aus ihm herauszutricksen. Aber er sagte immer, er habe keine Vergangenheit. Das war wohl so ein Scherz von ihm.«
    »Oder eine Art, etwas zu verbergen.«
    »Das habe ich auch gedacht«, pflichtete Fawn mir bei.
    »Stört es Sie, wenn ich den Koffer aufbreche?«
    Sie schüttelte den Kopf. Ich hatte das Gefühl, sie freute sich einfach, Gesellschaft zu haben. Ich auch.
    Das Schloss an dem Koffer war leichter zu öffnen als die Tür, doch auf den ersten Blick schien es nicht der Mühe wert. Der ganze Schatz bestand aus einem braunen Schuh, einem Unterhemd und einer abgewetzten grünen Gärtnerhose.
    Ich zog den Stuhl heran und seufzte. »Es war einen Versuch wert«, erklärte

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