Bis dass der Tod uns scheidet
Mardi. »Danach besorgst du mir Kaffee und was immer unser Gast wünscht.«
Die beiden jungen Leute nickten, und ich versuchte, das Gefühl zu unterdrücken, ein Hochstapler zu sein.
Ich füllte das kleine Waschbecken mit dem kältesten Wasser, das der Hahn hergab, dann steckte ich meinen Kopf hinein. Nach fünfzehn Sekunden hob ich ihn wieder heraus. Ich starrte das stoppelige Gesicht im fleckigen Spiegel an und tunkte meinen Kopf wieder ins Wasser.
Nach drei Runden fühlte ich mich fast gut.
Mit strahlenden Augen, frottiert und mit einer Fusselrolle abgestaubt, saß ich hinter meinem Schreibtisch und war mir nur vage bewusst, wie wenig mein Leben mit Normalität zu tun hatte.
Die Tür ging auf. Mardi trat ein, in tadelloser Haltung, gefolgt von dem schlaksigen Milliardär.
»Mr. Tyler«, verkündete Mardi.
Tyler trug einen blauen Blazer, ein weißes Hemd, schwarzweiße Tennisschuhe und Jeans. Er war nicht dafür gemacht, Jeans zu tragen, vor allem keine blauen. Er sah aus wie ein Butler, den seine vierjährige Tochter eingekleidet hatte – ein Mischmasch aus guten Absichten und schlechtem Design.
Und das von mir, einem unrasierten, zerknüllten Blatt Papier voller weggeworfener Poesie. Ich streckte die Hand aus und lächelte, zweifellos wölfisch.
»Schön, Sie wiederzusehen«, sagte ich.
Er nickte und murmelte etwas, setzte sich auf meinen Besucherstuhl und blinzelte gegen das Licht an, das durch die Fenster fiel.
Mardi ging hinaus, ließ aber die Tür offen.
»Da wären wir«, sagte ich zur Zielperson.
»Was hat die Nachricht zu bedeuten, die Sie hinterlassen haben?«, wollte Tyler wissen.
Selbst wenn er sich bemühte, bestimmt zu klingen, wirkte er verletzlich und schwach. Er glich dem heroischen Bürokraten Grand aus Camus’ Pest , dem Helden der Arbeiterklasse.
»Ich musste Sie sprechen, und alles andere hat nicht funktioniert.«
»Ich war nicht in der Stadt«, meinte er. »Ich bin erst gestern Abend nach Hause gekommen und habe das Blinklicht auf Phils Anrufbeantworter gesehen.«
»Nun«, sagte ich mit meiner sanftesten Stimme, »da wären wir also.«
»Sie sind nicht von Chrystal engagiert worden, oder, Mr. McGill?«
»Nein, Sir, bin ich nicht, aber so lautete der Name, den sie nannte. Und Sie haben Ira Lamont geschickt, um mich so lange zu bedrängen, bis ich das preisgebe, richtig?«
»Ja, habe ich, aber das war seine Idee, nicht meine. Und außerdem hätte ich ihn nicht schicken dürfen. Ich hätte warten sollen, bis ich wieder in der Stadt bin, um selber zu erscheinen.«
»Entschuldigung«, sagte Iran und kam durch die offene Tür herein. Er trug einen grauen Papphalter mit zwei schicken Papierbechern darin. »Chai latte für Mr. Tyler und ein großer Kaffee für Mr. McGill.«
Er stellte die Becher vor den jeweiligen Besitzer und schloss die Tür hinter sich.
»Wo waren wir stehengeblieben?«, wollte Tyler wissen.
»Sie erzählten mir gerade davon, warum Sie den Cowboy nicht hätten schicken sollen, um mich zu bedrohen.«
»Ich habe ihn nicht geschickt, um Sie einzuschüchtern.«
»Nein? Kennen Sie Ihren Bruder?«
Er warf die Hände in die Höhe.
»Ira hat mir erzählt, Sie seien ins Haus gekommen und hätten verlangt, mit mir zu sprechen«, erklärte er. »Ich, ich war in Europa. Ich wollte ja nach meiner Rückkehr kommen und Sie zur Rede stellen, aber er meinte, dass sei keine gute Idee, stattdessen wolle er gehen. Er meinte, Sie hätten wütend geklungen und er wisse, wie man damit umginge.«
»Das hat Ihr Bruder alles gesagt?«
»Ja.«
»Und warum sind Sie jetzt hier?«
»Ira meinte, Sie wüssten gar nichts. Er meinte, Sie hätten das alles nur erfunden. Nach Ihrer Nachricht jedoch wusste ich, dass er etwas vor mir zu verbergen hatte.«
»Und was verbergen Sie, Mr. Tyler?«
Wieder blinzelte er, aber nicht wegen der Sonne.
»Bevor ich weiterspreche, Mr. McGill, möchte ich wissen, warum Sie in mein Haus gekommen sind und die Dinge falsch dargestellt haben.«
»Ganz einfach«, antwortete ich. »Ich habe die Dinge nicht falsch dargestellt.«
»Sie haben doch gerade zugegeben, dass es nicht Chrystal war, die Sie engagiert hat.«
»Chrystals Schwester Shawna war bei mir und gab sich als Ihre Frau aus. Sie erklärte, Sie hätten ihre beiden früheren Frauen umgebracht, hätten viel Gewicht verloren und hätten eine Affäre. Sie hatte ein Foto von Ihnen beiden, Arm in Arm. Ich habe meine Hausaufgaben gemacht. Ihre ersten beiden Frauen sind unter mysteriösen
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