Bis die Daemmerung uns scheidet
Schulter hing, blickte zu Amelie auf, die ihm ein kaum merkliches Zeichen gab, das Claire nicht deuten konnte. Wahrscheinlich bedeutete das nichts Gutes, zumindest nicht für Kim.
Obwohl Amelie keinen einzigen Blick auf die Uhr geworfen hatte, waren auf Claires Uhr genau sechzig Minuten vergangen, als die Gründerin in leisem, präzisem Tonfall sagte: »Deine Zeit ist abgelaufen, Kim.«
Kim erstarrte, dann blickte sie mit glitzernden Augen durch ihre verwirrten Haare, die ihr über das Gesicht gefallen waren. Sie strich sie zurück und sah zumindest einen Moment lang trotzig und furchtlos aus. »Ach ja? Na, dann ist es ja gut, dass ich jetzt fertig bin.«
»Steh auf.«
Kim gehorchte. Mr Martin schob sie vom Computer weg, legte ihr wieder Handschellen an und schloss sie um ein paar solide Ringe in der Betonmauer. Er studierte den Bildschirm und sagte: »Ich habe hier eine Adresse. Und eine Karte.«
»Besser sie ist genau«, sagte Amelie. »Ich würde es nicht wohlwollend akzeptieren, wenn man mich in die Irre führen würde.«
»Bekomme ich nun meinen Tag draußen?«, fragte Kim.
»Ja, auch wenn du ihn vielleicht nicht genießen wirst«, sagte Amelie. »Du kommst mit uns. Mr Martin, Sie sind für sie verantwortlich. Und du trägst auch Verantwortung, Claire. Haben wir uns verstanden?«
»Ja«, sagte Claire. Mr Martin nickte.
»Dann steckt sie mal in … weniger aufsehenerregende Kleidung«, sagte Amelie. »Ich muss ein paar Anrufe erledigen.«
»Na, das gefällt mir schon besser«, sagte Kim, als sie alle in der Limousine saßen. Es war eng, jetzt da Mr Martin und Kim zusätzlich zu Amelie, Claire und den beiden Bodyguards mitfuhren, aber Amelie gelang es, sich trotzdem ihren persönlichen Raum zu schaffen. Die Übrigen saßen dicht gedrängt. Kim saß in der Mitte, doch das schien ihr nichts auszumachen. Sie war damit beschäftigt, mit den Händen über den schlichten schwarzen Kapuzenpullover und die Bluejeans zu streichen, die man ihr zum Anziehen gegeben hatte. Die Skechers mussten wohl ihr gehören. Sie sahen ramponiert und viel getragen aus und waren vollständig mit handgemalten Tribals aus schwarzen Dornen und Rosen gemustert. Kim hatte ihr Haar mit einem Gummi zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Ein schicker Haarschmuck war mit Sicherheit nicht zur Hand gewesen, zumindest keiner, den Kim tragen würde, vermutete Claire. Alles in allem sah sie wieder einigermaßen wie sie selbst aus. »Ich wünschte, wir könnten etwas sehen.«
»Da gibt es nicht viel zu sehen«, sagte Claire. »Das ist Morganville. Heruntergekommene Gebäude, flache Wüste, Staub, Steppengras. Du weißt schon.«
»Du hast ja keine Ahnung, wie gut das klingt, wenn man monatelang graue Wände angestarrt hat. Na ja. Wie geht es Eve so?«
»Es geht ihr gut.« Oh, ausgerechnet mit Kim wollte sie so was von gar nicht über ihre Freunde reden. »Und sie will dich nicht sehen.«
»Ruf sie an und frag sie.«
»Nein.« Das Letzte, was Claire wollte, war, dass Eve wieder in dieses schwarze Loch gezogen wurde, das Kim für sie darstellte. Das letzte Mal war das für niemanden gut ausgegangen.
Kim lachte trocken. »Ist sie immer noch mit diesem heißen Vamp zusammen? Mit Michael?«
»Würdest du jetzt bitte, bitte den Mund halten?«
»Also ja. Er wird sie früher oder später verlassen, weißt du?«
Claire fühlte einen Stachel, denn sie hatte diese Vermutung auch schon hin und wieder gehabt. »Nein, wird er nicht! Sie … sie wollen heiraten.« Sie war einfach damit herausgeplatzt. Amelies Kopf drehte sich mit maschinenartiger Präzision zu ihr.
»So.« Das klang nicht wie eine Frage. Es klang auch nicht, als wäre Amelie besonders erfreut über diese Neuigkeit. »Ich werde mich mal mit Michael unterhalten müssen. Er hat es versäumt, mich von seinen Plänen zu unterrichten.«
Kim grinste. Claire unterdrückte das Bedürfnis, sie zu ohrfeigen, aber hauptsächlich weil sie nicht genug Platz hatte, um ordentlich auszuholen. Vielleicht färbt Shanes Gewaltbereitschaft schon auf mich ab, dachte sie. Verdammt! Sie hätte nachdenken sollen, bevor sie etwas davon sagte. Michael und Eve waren nicht gerade das beliebteste Paar bei den Vampiren der Stadt, ganz zu schweigen von den Menschen. Klar, dass sie es bis jetzt niemandem gesagt hatten und Michael es auch dem Vampiroberhaupt nicht sofort offenbart hatte.
Kim hatte sie dazu angestachelt, es zu sagen, so wie Kim alle um sie herum schon immer manipuliert hatte. Claire zwang sich,
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