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Bis die Daemmerung uns scheidet

Bis die Daemmerung uns scheidet

Titel: Bis die Daemmerung uns scheidet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Caine
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lag eine Schärfe, die Claire kaum je gehört hatte. »Der Mann, der dich heute bewacht, kennt die Hölle sehr gut. Er kann dir erzählen, wie es ist, in einem Gefangenenlager zu überleben, in dem es außer krabbelnden Insekten und verschimmeltem Brot nichts zu essen gibt, und zwar jahrelang, bis ihm eines Nacht das Leben genommen wurde …«
    »Bis mein Leben gerettet wurde«, sagte der Wachmann.
    »Gerettet von einem der Unseren«, schloss Amelie leise. »Frag ihn mal, ob du freundlich behandelt wirst, und dann erzähl ihm oder mir etwas von einem Höllenloch.« Sie ließ ihre Worte einen Augenblick lang wirken, bevor sie forsch und geschäftsmäßig hinzufügte: »Nun, du wolltest wissen, was es dir bringt, uns zu helfen. Das hängt ganz davon ab, was du für uns tun kannst. Kannst du die Verschlüsselung rückgängig machen und uns den Aufenthaltsort nennen, an dem diese … Leute die Kämpfe inszenieren und aufzeichnen?«
    »Ja«, sagte Kim. Sie kratzte mit einem kurzen, abgekauten Fingernagel an einer rauen Stelle auf dem Tisch herum. »Das könnte ich. Aber ich tue das nicht umsonst.«
    Amelie schien nicht allzu überrascht zu sein. »Was ist dein Preis?«
    »Ich will hier raus.«
    »Das wird nicht geschehen und das weißt du.«
    Kim sah lächelnd auf ihren Schoß hinunter – ein geheimer, zynischer Blick, der Claire ein wenig in Alarmbereitschaft versetzte. »Oh, ich weiß nicht. Sie wollen Morganvilles großes Geheimnis wahren, oder? Wie wollen Sie das anstellen, wenn Millionen von Menschen zuschauen, wie sich Vampire im Bezahlfernsehen gegenseitig die Eckzähne zeigen? Vielleicht glauben es die meisten nicht, aber einige vielleicht doch. Vielleicht beschließt jemand, hierherzukommen und es herauszufinden, zum Beispiel eine Nachrichtencrew. Wohin fliehen Sie dann?«
    »Ich werde jedenfalls schneller und weiter fliehen, als es dir möglich ist, Kim. Das solltest du nie vergessen.«
    Kim erwiderte nichts. Amelie wechselte einen Blick mit Claire und schüttelte dann den Kopf. »Bring sie zurück in ihre Zelle. Das führt zu nichts.«
    »Warten Sie!«, sagte Kim, als der Vampir hinter ihr vortrat. »Warten Sie. Sie wollen diese Leute, nicht wahr? Ich kann sie finden. Ich bin wahrscheinlich die Einzige in Morganville, die dazu in der Lage ist!«
    »Das bezweifle ich, du bist nur die Einzige, die gerade verfügbar ist.«
    »Kommen Sie schon. Was springt für mich dabei heraus?«
    Amelies Augen wurden rot – ein trübes Blutrot, das ein warnendes Prickeln über Claires Haut laufen ließ –, ein Gefühl, als würde gleich der Blitz einschlagen. »Du willst dieses Treffen mit mir überleben, kleines Mädchen. Und ich warne dich: Mit jedem unangenehmen Wort, das du äußerst, schwindet diese Möglichkeit. Sei also vorsichtig.«
    »Das würden Sie nicht tun. Sie sind wie sie.« Mit einem kurzen Blick schloss Kim Claire in ihre Verachtung mit ein. »Viel Gerede, wenig Handlung.«
    Amelie lächelte träge. Dies war eine der beunruhigendsten Regungen, die Claire je an ihr wahrgenommen hatte. Es war, als wäre eine Maske weggezogen worden, sodass etwas Schreckliches in ihren Augen sichtbar geworden war. Kim sah es auch. Ihre Handschellen klirrten, als sie instinktiv zurückweichen wollte. »Ach, Kind«, sagte Amelie, »ich habe sehr sorgfältig an diesem Image gearbeitet, denn eine Herrscherin sollte gerecht, fair und gnädig wirken. Letztendlich bin ich jedoch die Tochter meines Vaters. Nun, du wirst mir die Hilfe, die ich brauche, gewähren, um das Signal zurückzuverfolgen, das Claire gefunden hat, und du wirst dankbar sein, dass ich dir erlaube, weiterhin unter deinen derzeitigen behaglichen Umständen zu leben. Wenn du Ergebnisse erzielst, können wir über eine Verbesserung deiner Haftbedingungen sprechen.«
    Amelie übte die Macht, von der Claire wusste, dass sie sie besaß, selten aus. Jetzt spürte Claire sie – schwer, erdrückend und voller Unheil. Und sie war nicht die Einzige. Sie bemerkte, dass sogar der andere Vampir unbehaglich sein Gewicht verlagerte.
    Kim zerbröselte unter dem unsichtbaren Druck wie ein Zuckerkeks. »Also gut«, sagte sie nach einem Moment falscher Tapferkeit. »Aber hier drin geht das nicht. Ich brauche Zugang zum Internet.«
    »Das lässt sich arrangieren.«
    »Und ich muss hier raus. Nur für eine kleine Weile.« Kim blickte auf und Claire merkte, dass sie tatsächlich immer noch feilschen wollte. Vielleicht war sie doch mehr als nur ein Zuckerkeks. »Einen Tag. Nur einen Tag.

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