Bis euch der Pfähler holt!
nicht. Suko fragte sich, welchen Turm er sich unfreiwillig ausgesucht hatte, hoffentlich nicht einen zu hohen, denn da konnte er leicht einen Drehwurm bekommen. Nein, es war nicht der höchste Turm.
Schon wenig später sah Suko im Flackerlicht das Ende der Treppe.
Dahinter gab es keine Tür. Sie lief auf eine runde Plattform zu, und Suko brauchte nur mehr vier Stufen zu gehen, um auch sie zu erreichen.
Er zögerte noch, den letzten Rest der Strecke zu gehen. Dieser Turmabschluß erschien ihm für einen Hinterhalt geeignet, was allein schon an der tiefen Dunkelheit lag. Suko war beim Hochsteigen ziemlich langsam gegangen. Er verfügte über eine hervorragende Kondition.
Der Atem ging kaum schneller, und er hörte kein fremdes Geräusch aus der unmittelbaren Umgebung, das ihm verdächtig vorgekommen wäre.
Vampire konnten sich lautlos verhalten. Sie brauchten nicht zu atmen.
Sie waren Geschöpfe der Nacht und fühlten sich nur wohl, wenn die Dunkelheit sie umgab.
Das Licht auf den Dochten flackerte. Irgendwo gab es Risse im Gemäuer. Der Wind löschte die Flammen allerdings nicht. Suko zog den Kopf ein und setzte seinen Weg fort.
Dann war er am Ziel.
Der runde Raum war nicht leer. Aber es verteilten sich auch keine Möbelstücke. Dafür hingen Spinnweben von den Wänden oder ballten sich dort zusammen. Sie waren ineinander verflochten und verwoben, sahen aus wie graues Schmutzhaar.
Noch stand der Inspektor auf der Schwelle.
Keine Ahnung? Keine Gefahr? Er lauschte in sich hinein, aber da war nichts, das Alarm geschlagen hätte. An den alten Geruch zwischen den Mauern hatte er sich gewöhnt. Es drang auch kein Modergestank verstärkt gegen sein Gesicht.
Er ging den nächsten Schritt.
Intervallweise erhellte das Kerzenlicht den Raum. Schmutz lag auf dem Boden. Er hob den Leuchter an, weil er sehen wollte, wie hoch sich die Decke über ihm befand.
Er wußte, daß jeder Turm ein ziemlich spitzes Dach hatte. Es würde wohl kaum vom Licht der Kerzen erreicht werden. Flackernde Schatten entstanden, unruhiges Licht zuckte auf und nieder.
Suko war allein. Trotzdem glaubte er daran, es nicht zu sein. Die Gefahr berührte ihn zwar nicht unmittelbar, er ahnte sie nur. Ihn bedrückte es, daß er sie nicht zu Gesicht bekam. In dem Mauerwerk befanden sich vier Fenster. Luken, durch die der Wind wehte. Dahinter lauerte nur die Nacht, dennoch kam sich der Inspektor beobachtet vor.
In diesem Schloß lebten vier Blutsauger. Sie konnten unter zahlreichen Verstecken wählen. Sie würden hinkriechen, sie würden genau den richtigen Zeitpunkt abwarten.
Er hörte das leise Schaben.
Er war irritiert.
Dann gellte der schrille Wutschrei auf. Suko wußte plötzlich, woher er gekommen war. Er schaute in die Höhe – und sah die Gestalt aus dem Gebälk nach unten fallen.
Es ging alles rasend schnell.
Suko hatte aber den Eindruck, dies in einem verlangsamten Tempo zu erleben, denn die Gestalt dort oben trug einen weiten Mantel, der sich beim Flug nach unten öffnete.
Er wollte noch weg, da krachte die Person bereits gegen ihn und auch gegen den Leuchter.
Sie rammte ihn zu Boden. Der schwere Leuchter kippte ebenfalls und erwischte Suko unglücklicherweise genau am Kopf…
***
»Er kann tausend Wege genommen haben, John«, flüsterte mir Marek immer wieder zu. »Dieses Schloß ist groß genug. Er kann sich überall versteckt haben, du und Suko, ihr hättet schießen müssen.«
»Ich weiß es. Aber es kam anders.« Der Pfähler hob die Schultern. Er wollte nicht zugeben, daß sein Verhalten einen Teil der Schuld daran trug. Natürlich ärgerte auch ich mich. Die Möglichkeiten lagen jetzt voll und ganz auf der Seite unserer Gegner, sie konnten in diesen Mauern mit uns Katz und Maus spielen.
Ich ging immer einen Schritt vor Marek. Die Treppe hatten wir hinter uns gelassen, bewegten uns jetzt in einer der oberen Etagen und befanden uns ebenfalls in einer ungewöhnlichen Leere, denn wir sahen weder Türen noch Gänge.
Es kam uns vor, als hätte jemand die Zwischenwände des Schlosses herausgeschlagen.
Ich hatte meine Leuchte eingeschaltet. Hin und wieder drehte ich mich auf der Stelle, ließ den Strahl mitwandern, der wie ein grellgelber Giftpfeil in die Schwärze hineinstach, aber sich trotz seiner Stärke irgendwo verlor.
Die Halle war groß. Die Fenster malten sich als matte, viereckige Augen ab. Draußen war die Dunkelheit nicht so intensiv wie hier. Ich wunderte mich darüber, daß es überhaupt noch Scheiben gab. Die
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