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Bis euch der Pfähler holt!

Bis euch der Pfähler holt!

Titel: Bis euch der Pfähler holt! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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eine mächtige Treppe, die in der Dunkelheit verschwand, als wolle sie in den Himmel steigen.
    Ich war vorgegangen. Während eines leichten Windzugs merkte ich, daß die Tür in meinem Rücken wieder zufiel. Mit einem leisen Schnacken glitt sie ins Schloß.
    Marek drehte sich um. »Was sagst du, John?«
    »Zunächst mal nichts.«
    Der Pfähler schnüffelte. »Der Geruch gefällt mir nicht«, flüsterte er. Dann lauter: »Es stinkt nach Vampiren. Nach diesen verfluchten Blutsaugern. Ich kann sie riechen. Sie sind in der Nähe. Sie lauern, sie haben uns erwartet…«
    »Reg dich ab, Frantisek. Wenn sie wollen, kommen sie schon.«
    »Aber ich höre nichts.«
    »Die lassen sich Zeit.«
    »Das macht mich sauer.«
    Ich konnte nachvollziehen, was in ihm vorging. Er haßte diese Brut wie die Pest. Immer wenn er einen der Untoten vor sich sah, mußte er an seine Frau denken, und das wiederum potenzierte den Haß in ihm, und er wurde zum Pfähler.
    Wir ließen ungefähr eine Minute vergehen, um uns mit der Umgebung anzufreunden. In dieser Zeit geschah nichts, nur die Kerzenflammen tanzten, so daß ihr Licht ein unruhiges Schattenleben auf den Steinboden zeichnete, der aus dunklen Fliesenvierecken gebildet wurde.
    Suko unterbrach das Schweigen. »Länger möchte ich nicht hier herumstehen«, sagte er. »Wer weiß, wann es denen einfällt, uns zu begrüßen.«
    »Willst du das Schloß durchsuchen?«
    »Zur Not schon.«
    »Das wird dauern.«
    »Richtig.«
    Marek drehte sich um. »Wenn wir das tun, sollten wir auch nachschauen, ob es hier Keller oder Verliese gibt. Das sind schließlich die idealen Verstecke.«
    »Stimmt.« Ich gab ihm recht, schränkte die Bemerkung aber gleichzeitig ein. »Nur haben wir jetzt Nacht, es ist dunkel. Da sehe ich keinen Grund, daß sie sich verstecken. Die können ebensogut durch die normalen Räume geistern.«
    Als hätte ich ein Stichwort gegeben, so hörten wir drei zugleich das ungewöhnliche Geräusch. Es kam von oben her, von der Treppe, deren obere Hälfte in der Düsternis verschwamm und der Widerschein der Kerzen nur über die unteren Stufen hinwegglitt. Wir sahen nichts, wir hörten nur. Und was wir da zu hören bekamen, machte uns schon stutzig, denn es waren keine Schritte, das hörte sich eher an wie ein leises Tappen.
    Nebeneinander waren wir stehengeblieben. Irgendwo wirkten wir wie kleine Kinder, die auf den Weihnachtsmann warteten und dabei staunten. Nur schauten wir nicht gegen einen Tannenbaum, unter dem die Geschenke lagen, sondern auf die dunkle Treppe.
    Marek war unruhig geworden. Er hielt den Eichenpflock in der Rechten, und wir sahen, wie die Spitze zitterte. Er hielt die Lippen fest zusammengepreßt, auch etwas, das ihm nicht paßte. Am liebsten hätte er dieser Person, die wir noch nicht sahen, etwas entgegengeschrien.
    Tapp… tapp…
    Wir hörten es deutlicher.
    Dann bewegte sich etwas auf der Treppe. Und zwar dort, wo der Schein aufhörte und die Dunkelheit begann. Da hatte sich so etwas wie ein hellerer Saum oder Streifen gebildet, in den jetzt eine Gestalt hineintrat, wobei es nicht bei ihr blieb, denn sie wurde rechts und links von zwei Leibwächtern begleitet.
    Es waren Wölfe!
    Auch sie gingen nicht, sie schritten. Sie waren gezähmt, sie gehorchten dem, der zwischen ihnen ging.
    Schon bald umschlang zuckendes Licht seine Gestalt. Der lange weit geschnittene Mantel paßte zu diesem Mann, ebenso wie sein Gesicht mit den schlohweißen Haaren und dem ebenso weißen Oberlippenbart unter der kräftigen Nase.
    Der Mann blieb stehen.
    Auch die Wölfe verhielten sich ruhig, so daß wir die Gelegenheit erhielten, ihn genauer zu betrachten.
    Er war alt, wirkte aber irgendwie alterslos, und ich wußte, obwohl ich ihn zum erstenmal sah, daß hier das Oberhaupt der Familie vor uns stand.
    »Das ist er«, flüsterte Marek. »Verdammt, das ist er. Das ist Waldo Ravenstein.«
    Keiner von uns protestierte.
    Er mußte es sein, und er hatte sich hochaufgerichtet, so daß seine Haltung steif wirkte. Aber davon ließen wir uns nicht täuschen. Ein Wesen wie er konnte sich jeden Augenblick verwandeln und zu einer reißenden Bestie werden.
    Er sagte nichts. Seine Augen konnten wir nicht erkennen, rechneten aber damit, daß sie wie dunkle Knöpfe in den Höhlen lagen. Den Mund hielt er geschlossen, kein Lächeln zeichnete seine Lippen, auch kein triumphierendes, und wir merkten, daß von dieser Gestalt etwas ausging, das uns frösteln ließ.
    Es war die Kälte des Todes, einer anderen

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