Bis euch der Pfähler holt!
Welt, eine völlige Gefühllosigkeit.
Marek sagte nichts, aber er knurrte mit geschlossenem Mund. »Ihr solltet schießen!« flüsterte er dann. »Eure Kugeln reichen bis zu ihm. Holt ihn da runter.«
»Okay, John?«
»Wir können es versuchen«, erwiderte ich auf Sukos Frage.
»Dann los…«
Es war das Startzeichen für uns, nicht für Marek. Der aber dachte, daß er diesen Unhold ebenfalls angreifen mußte und rannte los.
Zugleich reagierte Waldo Ravenstein. Ein knapper Schrei drang aus seiner Kehle, und der galt den Wölfen.
Sie starteten ohne Ankündigung und rannten die Treppe hinab, auf Marek zu, während Ravenstein mit einer fast schwebenden Bewegung wieder in die Dunkelheit eintauchte.
Uns hatte er geleimt.
Nicht ihn mußten wir treffen, sondern die Wölfe…
***
Auch Marek hatte das Geschehen verfolgt. Es war ihm gelungen, sich zusammenzureißen, doch dieser Damm war mit fortlaufender Zeit brüchig geworden. Er könnte einfach nicht mehr an sich halten, denn diese verschwommene Gestalt auf der Treppe ließ die Wut wie eine Lohe in ihm hochschießen, und die Wut verwandelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem rasenden Haß auf die Blutsauger.
Er schrie seine Gefühle hinaus – und startete.
Er verließ sich dabei auf die geweihten Silbergeschosse seiner Freunde und hatte die Wölfe völlig vergessen. Er hörte auch nicht den Befehl des Vampirs, aber er sah, wie sich die Körper plötzlich in Bewegung setzten, diese geballten Bündel an Kraft und Stärke. Eisenharte Muskeln unter dem grauen Fell verborgen. Mäuler, die weit aufgerissen waren und nach Blut lechzten.
Es kam Frantisek Marek wie eine Ewigkeit vor, bis die beiden Schüsse losdonnerten. Die Wölfe hatten bereits das untere Drittel der Treppe erreicht und sich zum Sprung abgestoßen. Sie warfen sich dem herbeieilenden Marek entgegen.
Die Kugeln waren schneller.
Wie Peitschenschläge hieben sie in die Köpfe der Tiere und zerschmetterten sie. Körper kugelten den Rest der Stufen hinab, überschlugen sich und blieben vor Mareks Füßen noch zuckend liegen, bis auch dieses aufhörte, sie sich ein letztes Mal streckten und der Pfähler endlich tief durchatmen konnte.
Geschafft!
Er war entwischt.
Sie hatten ihn nicht gebissen, aber auch von Waldo Ravenstein war nichts mehr zu sehen. Er hatte die Gunst des Augenblicks genutzt und sich in die dichte Finsternis oberhalb der Treppe verzogen.
Mareks rechter Arm sank nach unten. Es sah so aus, als wäre der Pfahl zwischen seinen Fingern schwer gewoden. Mit einer müden Bewegung drehte er sich um. Dabei nickte er den beiden auf ihn zugehenden Freunden zu. »Ich weiß, ihr braucht nichts zu sagen, ich habe es versaut. Ich war nicht in der Lage, es richtig hinzubiegen. Ich habe mich von meinen Gefühlen überwältigen lassen. Wir stehen jetzt da, wo wir schon vorher gestanden haben.«
»Nicht ganz«, sagte Suko.
»Warum nicht?«
»Es gibt immerhin zwei Wölfe weniger.«
Marek lachte kratzig. »Was macht das schon«, schimpfte er.
»Ravenstein ist uns entwischt!«
»Den werden wir uns auch noch holen«, sagte ich. »Zudem wissen wir, wie er aussieht.«
»Ist das so wichtig?«
Ich grinste. »Der kommt mir vor wie ein Gentleman-Vampir.«
Marek schüttelte den Kopf. »Wenn du dich da nicht mal täuschst, John. Das ist ein verdammter Blutsauger. Eine Bestie, die nur nach dem Saft in deinen Adern giert. Es gibt keine Gentlemen-Vampire. Nichts ist davon wahr. Alles nur äußerlich. Ich möchte nicht unbewaffnet zwischen seine Fänge geraten.«
»Okay, wir können nichts daran ändern und müssen versuchen, an ihn heranzukommen.«
Frantisek deutete die Treppe hoch. »Klar, er ist oben und wird auch den Rest der Familie mobil machen.«
»Die sich gut im Schloß verteilt haben könnten«, fügte ich hinzu.
Und Suko meinte. »Genau das ist unser Problem. Ich will mich ja nicht vordrängen, aber wie es aussieht, sollten wir uns trennen.« Er schaute uns nacheinander an. »Was meint ihr?«
Ich nickte. »In zwei Gruppen.«
»Wer nimmt Frantisek mit?«
Der Pfähler wollte sich nach dieser Frage aufregen, aber ich hob den Arm. »Nichts gegen dich persönlich, mein Lieber. Nach allem, was du mitgemacht hast, ist es besser, wenn du einen von uns mitnimmst. Du kannst ihn dir aussuchen.«
»Okay, John.«
»Bei mir?«
Er nickte.
Auch Suko war einverstanden. Lampen hatten wir, um die Düsternis zwischen den Schloßmauern aufzuhellen, und ich fragte meinen Freund, wie er sich die Suche
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