Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas
muss auch mal ernst bleiben können. Also habe ich gesagt: selbstverständlich, und habe zunächst an die vielen Pfarrer denken müssen, bei denen ich ministriert hatte und deren Predigten die gemeinde über sich ergehen lassen musste. Freilich waren unter ihnen auch echte Künstler der Improvisation, die ganz frei gesprochen hatten, sprechen mussten, weil sie den Text vergessen hatten und in der Folge davon frei von jeglichen Zusammenhängen predigten, bis schließlich ein gnädiges Amen die Leiden der Zuhörer wie auch des Predigers beendete.
Als ich dann zum ersten Mal selber vor der gemeinde auf dem Münchner Nockherberg, in eine Mönchskutte gewandet, die Fastenpredigt hielt, konnte ich auf diese lehrreichen Jahre als Messdiener zurückgreifen. Ich erinnerte mich daran, was ein Domprediger einmal zu mir gesagt hatte. Eine gute Predigt zeichne sich durch die Trias docere - delectare - movere aus. Also das heißt auf Deutsch, eine Predigt soll belehren, erfreuen und bewegen. Die wenigsten Predigten, die ich anhören durfte, haben mich bewegt. Erfreut war ich immer nur, wenn der Pfarrer einen Hänger hatte und nicht mehr weiterwusste. Und belehrt haben mich sicher alle, weil ich immer froh war, wenn es vorbei war. Ob es mir gelungen ist, diese Kriterien, die übrigens von Cicero stammen, zu erfüllen, ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass immer viel gelacht wurde und hinterher alle gesagt haben, dass es wieder großartig gewesen sei. Aber was sollen Politiker, die grade »naufgeschossen« und »derbleckt« wurden, auch anderes sagen? Es gehört zu den ungeschriebenen gesetzen des Nockherbergs, dass gelacht wird, auch wenn es für den Betroffenen nicht zum Lachen ist. Drum ist es ja oft so komisch. Am komischsten war es immer, wenn derjenige, den es anging, nicht lachte, und alle um ihn herum schon.
Der Spaß beim Lesen dieser Reden könnte darin bestehen, dass sich der Leser vorstellen kann, wer wann wo gelacht hat, beziehungsweise nicht lachen konnte.
Rede auf dem Nockherberg 2004
Liebe Salvatorgemeinde!
»Lasst uns loben die berühmten Männer und unsere Väter, einer nach dem anderen.« Wie es geschrieben steht im Buch Jonas Sirach.
Ich bin ja froh, dass sie mich da heroben auf dem Nockherberg überhaupt reingelassen haben zu Ihnen. So wie ich ausschaue in meiner Kutten, hätte es auch gut sein können, dass ich unter den Kopftucherlass gefallen wäre.
»Das Kopftuch ist eine militante Kampfansage an die Werte des grundgesetzes.« Ich mag gar nicht sagen, wer das gesagt hat, aber der ist, dem Herrn sei’s gedankt, heute nicht da. Vielleicht sitzt er grade in seinem Dom und bereut. Denn nicht nur das Fleisch ist schwach, sondern oft auch der Kopf. Und dann merkt er nicht, dass die freie Religionsausübung im grundgesetz garantiert ist.
Herr Ministerpräsident, Sie sollen gesagt haben, dass das Kopftuch ein Symbol sei für Ausgrenzung und Spaltung. Bloß gut, dass meine Oma schon lange nicht mehr lebt, die hätt Sie nicht mehr gewählt, weil die ist jeden Tag mit einem Kopftuch rumgelaufen.
Aber ich hab gleich gesagt, das glaube ich nicht, dass unser Landesvater so was sagt. Wir kennen Sie alle als guten Christen, als Mann des Ausgleichs und der Versöhnung, wie wir ja alle wieder am Aschermittwoch sehen konnten, und deshalb möchte ich die gelegenheit wahrnehmen und diesen Satz für Sie dementieren. Ich würde überhaupt gern öfter für Sie was dementieren, weil Ihre Dementis glaubt man oft nicht.
In Bayern schon, da glaubt man Ihnen alles. Da können Sie sagen, was Sie wollen.
Drum hat ja die CSU in Bayern eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag.
Nur, wenn mir einmal ganz ehrlich sind - ich weiß, das ist ungewöhnlich. Aber wenn man die absoluten Zahlen heranzieht und die abgegebenen Stimmen auf alle Wahlberechtigten bezieht, dann habt’s ihr, also die CSU, nur 34 Prozent der Stimmen. Herr Stoiber, Sie sind der Chef von einem Minderheitenkabinett!
Herr Maget, Sie sollten lieber nicht lachen an der Stelle. Von der SPD mag ich es nämlich gar nicht ausrechnen. Und Frau Bause, bei Ihnen schaut’s ganz schlecht aus. Mathematisch sind die grünen nur noch schwer nachweisbar. Ich muss es mal niederbayerisch sagen: Dafür, dass ihr alle miteinander in der Minderheit seid’s, reißt’s ihr das Maul ganz schön auf.
Aber ich weiß schon, da kann man nichts machen, das ist die Demokratie, da dürfen auch Minderheiten mitreden. Die FDP zum Beispiel. Mensch, Westerwelle, was war denn das für ein Essen,
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