Bis ich bei dir bin
spät für ein Comeback, das weiß ich, egal, was Logan da fantasiert, aber es war schon eine gute Zeit, als ich dieses Trikot trug.
Ich falte es zusammen und lege es in die Kommode.
Viv und ich haben Pläne für unsere nächste romantische Nacht geschmiedet. Sie besteht darauf, wieder auf meine Seite herüberzukommen, und obwohl Mom angekündigt hat, heute Abend zu Hause zu bleiben, schleiche ich mich eine Stunde später davon. Ich habe ein paar Decken mitgenommen und führe Viv auf den Spielplatz der Grundschule, wo wir auf den Schaukeln durch die Luft fliegen, bis unsere Nasen taub werden vor Kälte. Es gibt dort so eine Kletterburg aus Holz mit Türmchen und Rutschen an den Seiten, in die wir anschließend hinaufklettern und uns aneinanderkuscheln, um uns warm zu halten.
»Ich möchte für immer hierbleiben«, sagt Viv.
»Ist ein bisschen frisch auf Dauer«, erwidere ich und ziehe die Decken fester um uns.
»Nicht hier auf dem Spielplatz, ich meine hier in deiner Welt.«
»Warum das denn?« Ich kann ihren Locken nicht widerstehen und muss sie um meine Finger wickeln. »Du hast doch alles bei dir in deiner Welt. Deine Eltern, das Cheerleading …«
»Aber hier bin ich so frei «, entgegnet sie.
»Sei nicht albern, was hast du denn schon für Probleme dort?«
»Also, ich brauche das Cheerleading nicht!« Sie zögert kurz, ehe sie fortfährt. »Du hast gesagt, ich hätte es hier aufgegeben, um mehr mit dir zusammen sein zu können – offensichtlich hatte ich also meine Gründe.«
Ich blicke durch die kleinen Fenster im Dach zu den Sternen hinauf und denke daran, wie glücklich sie früher in ihrer Uniform aussah, wenn sie vom Spielfeld aus ins Publikum strahlte.
»Ich hatte immer den Eindruck, dass du es vermisst.«
»Puh.« Sie zieht eine Schnute. »Ich fasse es nicht, dass ich nach dem Unfall damit weitergemacht habe. Meine Eltern fanden, dass es gut für mich wäre.«
Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, dass Viv genauso viel Schwierigkeiten mit ihren Eltern haben könnte wie ich. Mich schicken sie zur Therapie, sie muss weiter anfeuern.
»Willst du ihretwegen weg?«, frage ich.
Sie sagt eine Weile lang nichts, starrt nur ins Leere. Dann setzt sie sich gerade auf, sieht mir tief in die Augen und streichelt über die sprießenden Bartstoppeln an meinem Kinn.
»Es spielt keine Rolle, weshalb ich wegwill. Du bist der Grund, weshalb ich bleiben möchte.«
Sie küsst mich, aber es ist so kalt, dass wir beide die Augen aufreißen, als unsere eisigen Lippen sich treffen. Wir lachen. Ich ziehe sie an mich und halte sie in den Armen, lausche unserem gleichzeitigen Atemrhythmus. Sie hat recht, das spielt alles keine Rolle, wenn man bereits das Unmögliche erlangt hat.
»Was meinst du, wohin sollen wir nach dem Schulabschluss gehen?«, frage ich. »Irgendwohin, wo uns niemand kennt, oder?«
»O ja, Tahiti – dein Tahiti!«, sagt Viv fröstelnd. »Lass uns ganz weit weg gehen, wo es immer warm ist.«
Überrascht schaue ich sie an. »Ich dachte, du wolltest im Leben keinen Strand mehr sehen nach diesem Trip mit deinen Cousinen nach Hawaii.«
»Hawaii? Da war ich noch nie. An eine Reise ins Inselparadies würde ich mich wohl erinnern.«
Ich schüttele verwirrt den Kopf. »Im zweiten Highschool-Jahr, in den Frühjahrsferien, nachdem deine Cousine Amanda in Harvard aufgenommen wurde? Du bist mit einem so schlimmen Sonnenbrand nach Hause gekommen, dass du geschworen hast, nie wieder an einen Ort zu fahren, wo es Palmen gibt.«
Viv wird aschfahl. »Harvard?«
»Aber ja, sie ist immer noch dort, Grundstudium Medizin.«
Sie runzelt die Stirn. »Amanda ist gerade zum zweiten Mal in einer Entzugsklinik.«
Jetzt wird uns beiden unbehaglich. Nach meiner Erinnerung hatte Vivs Cousine ihr aufkeimendes Drogenproblem noch vor Harvard überwunden, aber ich traue mich nicht, weiter darauf herumzureiten.
»Aus ihr hätte wirklich was werden können«, schnieft Viv. »Anscheinend ist sie hier mit dem Druck besser klargekommen. Noch etwas, das für deine Welt spricht.«
Ich huste erstaunt. Viv hat Amanda immer bewundert, auch dann noch, als sie ihre ältere Cousine mit Problemen kämpfen sah. Es klingt seltsam in meinen Ohren, dass sie sie jetzt so einfach abschreibt.
»Na ja, Tahiti ist ein bisschen weit weg«, wechsele ich das Thema. »Was ist, wenn du mal deine Familie und Freunde besuchen möchtest?«
Sie winkt ab. »Ich schreibe eine Ansichtskarte. Was braucht man wohl für eine Briefmarke, um sie durch
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