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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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zwischen Slips, BH s und
Teddybären auf das Bett.
    »Ich weiß, wie sie in einer Rose von Jericho aussieht«, sagte Jack.
Sie ließ seine Hand nicht los. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich neben
sie zu legen.
    »Dann ist eine Vulva also nichts Neues für dich – die Schamlippen,
alles, was dazugehört«, sagte Emma, während sie den kurzen Faltenrock anhob und
ihren Slip auszog. Emmas Hüften hätten niemals in den Slip ihrer Mutter gepaßt.
Es paßte zu der allgemeinen Schlampigkeit, mit der sich die älteren Mädchen in
St. Hilda kleideten (oder nicht kleideten), daß Emma sich nicht die Mühe
machte, den Slip ganz auszuziehen: Sie streifte ihn nur vom einen Bein und ließ
ihn am anderen Knöchel baumeln, wo das Weiß des Slips in starkem Kontrast zu
dem Grau der Kniestrümpfe stand. Diese waren halb hinuntergeschoben, als
sollten auch sie darauf hinweisen, daß Emma am liebsten halb bekleidet (oder
halb unbekleidet) war.
    »Du hast große Füße«, stellte Jack fest.
    »Vergiß die Füße, Jack. Du siehst gerade deine erste Vulva, und du
willst behaupten, daß du nicht überrascht bist?« Die Haare waren überraschend, wenn auch nicht annähernd so sehr wie damals, als er sie
nicht gesehen, sondern nur gespürt hatte. Aber was den Rest betraf – nun, er
war darauf gefaßt gewesen, daß es kompliziert sein würde. Die zarten Falten
(die »Lippen«, wie Herzensbrecher-Madsen sie genannt hatte) waren von einer
gewissen gesunden Rosigkeit, die kein Tätowierungspigment [274]  imitieren konnte;
dennoch erkannte er diese verzierte Pforte – denn um eine solche handelte es
sich offenbar –, weil er Alice’ Rose von Jericho hundertmal gesehen hatte.
Nachdem er Emmas Blume gesehen hatte, würde er in Zukunft keine Schwierigkeiten
mehr haben, diese anderen Blütenblätter in einer Rose von Jericho zu entdecken.
Aber für wie viele neunjährige Jungen ist es keine große Sache, zum ersten Mal
eine echte Vulva zu sehen? »Hat’s dir die Sprache verschlagen?« fragte Emma.
    »Die Haare sind anders – bei der
Tätowierung gibt’s keine Haare.«
    »Willst du damit sagen, daß nur die Haare was Besonderes sind? Daß du den Rest schon gesehen hast?«
    »Es ist eine Rose von Jericho«, sagte
Jack. »Das sehe ich sofort.«
    »Es ist eine Vulva, Süßer!«
    »Aber es ist auch eine Rose von Jericho«, beharrte er. »Du mußt dir
die von deiner Mutter nur mal genauer ansehen – die Tätowierung, meine ich.«
    »Vielleicht interessiert sich dein Kleiner mehr für die Wirklichkeit
als du.« Doch leider zeigte sich der Kleine zuwenig interessiert, um Emmas
Zustimmung zu finden. »Herrje, Zuckerbär, ich glaube, da ist was nicht in
Ordnung.« Jack war neun und ging auf die Zehn zu – er war einfach noch nicht
alt genug. Die Unberechenbarkeit seines Penis – eben noch erregt, jetzt schon
wieder indifferent – war für ihn nicht halb so enttäuschend wie für Emma. »Küß
mich«, befahl sie. »Manchmal hilft das.«
    Diesmal nicht. Jack hätte wohl bestätigt, daß Emma bei diesem Kuß
aggressiver vorging als sonst und daß – obwohl sie ihn doch getadelt hatte,
weil sich seine Zunge in ihren Mund geschoben und dort gewunden hatte wie ein
Wurm – das vorsichtige Tasten ihrer eigenen Zunge die Aufmerksamkeit seines
Kleinen auf sich zu ziehen begann. Doch in dem Augenblick, in dem sein winziger
Penis ein wachsendes Interesse bekundete, das Emma [275]  vielleicht als
»vielversprechend« bezeichnet hätte, schrammte seine Unterlippe über einen
losen Draht von Emmas neuer Zahnspange. Bevor einer von ihnen es bemerkte,
hatte Jack sowohl Emma als auch sich selbst mit Blut bespritzt, außerdem ihr
Bett, diverse Stofftiere und den erwähnten BH .
(Den, der den Teddybären zu strangulieren schien.)
    Überall war Blut, und was beunruhigender war: Jack und Emma gelang
es nicht, sich zu trennen. Während Emma in ihrem unaufgeräumten Zimmer nach
einem Handspiegel suchte, waren sie miteinander verbunden, was nicht nur
hinderlich, sondern – in Jacks Fall – auch schmerzhaft war. Seine Unterlippe
hing an ihren drahtbewehrten Zähnen. Und der Handspiegel, den Emma endlich
fand, zeigte ihnen ein verwirrend spiegelverkehrtes Bild. Sie mühten sich
erfolglos, Jacks Unterlippe von dem Draht an Emmas Zahnspange zu lösen, als
Emmas Mutter nach Hause kam und die beiden geschickt und in Sekundenschnelle
trennte. »Vielleicht solltest du doch mal eine Wachsbehandlung an deiner
Oberlippe vornehmen lassen, Emma«, sagte Mrs.

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