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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Ferienjobs: für
Sommerproduktionen.
    In Neuengland gab es unzählige Sommertheater. Manche waren besser
als andere, und während für die bezahlten Jobs meist Studenten aus den höheren
Semestern eingestellt wurden – hauptsächlich solche, die Theaterwissenschaften
studierten –, konnten begabte jüngere Studenten manchmal eine
Praktikantenstelle ergattern. Einige von ihnen, darunter auch Jack und Claudia,
bekamen sogar Geld.
    Claudia gefiel das Theater besser als Jack. Sie wußte, daß Jack
Filmschauspieler werden wollte, aber Filme machten auf sie überhaupt keinen
Eindruck. Einmal sagte sie zu Jack, aus den meisten Filmen, die sie mit ihm
gesehen habe, wäre sie hinausgegangen, wenn sie nicht seinen Penis gehalten
hätte.
    Claudia hatte schwere Brüste und machte sich Sorgen über ihre
Hüften, doch mit der sahnig glatten Haut, dem ausgeprägten Kinn und den hohen
Wangenknochen war ihr Gesicht wie geschaffen für Großaufnahmen. Eigentlich
hätten Filme ihr gefallen sollen, denn die Kamera hätte sie geliebt – nicht
zuletzt ihre Augen, die hellbraun waren wie poliertes Holz. Aber Claudia war
überzeugt, daß sie noch vor ihrem dreißigsten Geburtstag »hoffnungslos fett«
sein würde. »Dann werde ich nur noch [434]  im Theater auftreten können, und das
auch nur, weil ich mein Handwerk beherrsche.«
    Im März ihres zweiten Studienjahrs fuhren Jack und Claudia in ihrem
Volvo durch das halbe Land, um die Frühjahrsferien bei Emma zu verbringen. Jack
hatte beschlossen, im Herbst mit Claudia nach Toronto zu fahren, und Emma fand,
sie und Jack müßten »die arme Claudia« auf die Begegnung mit Alice und Mrs.
Oastler vorbereiten. Jack wollte mit Claudia nicht nur deshalb nach Toronto
fahren, damit sie seine Mutter kennenlernte, obwohl diese Begegnung sicher
stattfinden würde; seine Mutter wußte, daß sie zusammenlebten, und natürlich
brannten sowohl Alice als auch Mrs. Oastler darauf, Claudia kennenzulernen.
    Jacks Hauptgrund für die Reise nach Toronto war sein Plan, mit
Claudia zum Filmfestival zu gehen und sie als russische Schauspielerin
auszugeben, die kein Wort Englisch sprach. Das Ganze würde für sie beide das
sein, was Mr. Ramsey als »Gelegenheit zum Schauspielern« bezeichnet hätte.
Außerdem sehnten sich die beiden nach ein wenig urbaner Geschäftigkeit – damit
mußte man rechnen, wenn man in New Hampshire lebte.
    Zu Jacks Überraschung mochte Emma Claudia, vielleicht weil Claudia
ebenfalls mit ihrem Gewicht kämpfte. Obwohl Claudia schön war, gewann sie
aufgrund der Tatsache, daß sie von ihrem Aussehen keine hohe Meinung hatte,
Emmas Herz. (Möglicherweise wußte Emma auch, daß die Beziehung zwischen Jack
und Claudia nicht ewig halten würde.)
    Jack war nicht so überzeugt wie Emma, daß Claudia keine hohe Meinung
von ihrem Äußeren hatte. Daß sie an ihrem Körper etwas auszusetzen fand, mochte
ebenfalls reine Schauspielerei sein, denn sie zweifelte keineswegs an ihrer
Wirkung auf Männer, und daß Jack ihre weiblichen Rundungen durchaus attraktiv
fand, konnte ihr nicht entgangen sein. Sie hatte Jack am Telefon zu Emma sagen
hören, die Autofahrt nach Iowa sei in erster Linie eine »Gelegenheit zu
Motelübernachtungen«.
    [435]  »Wie hast du das gemeint?« fragte sie ihn, als er den Hörer
aufgelegt hatte.
    »Du bist die Art von Frau, die mich an Motels denken läßt«, sagte
er, und das war nicht gespielt.
    Aber Claudia spielte vielleicht, als sie antwortete – das war es,
was sie ein wenig gefährlich oder undurchsichtig machte. »Mit dir bräuchte ich
kein Motel, Jack. Mit dir könnte ich es im Stehen machen.«
    Das hatten sie bereits ausprobiert. Beide waren anfangs ein bißchen
befangen gewesen – wie würde ein Publikum sie sehen? –, doch schließlich
überließen sie sich ganz und gar dem Augenblick. Jedenfalls Jack tat das; was
Claudia betraf, so konnte er sich nie sicher sein.
    Die Fahrt in den Mittleren Westen und zurück bot tatsächlich
zahlreiche Gelegenheiten zu Motelübernachtungen, und Jack war angenehm
überrascht, daß es in Iowa, im Gegensatz zu Neuengland, einen echten Frühling
gab; auf den Feldern und Äckern grünte es. Emma und drei andere Teilnehmer des
Writer’s Workshop hatten ein Farmhaus ein paar Kilometer außerhalb von Iowa
City gemietet; die anderen waren für die Ferien nach Hause gefahren, so daß
Jack, Claudia und Emma das Haus für sich allein hatten. Beinahe jeden Abend
fuhren sie zum Essen in die Stadt – Emma kochte nicht gern.
    Emma

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