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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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nicht auf Diplomatentöchter und andere ausländische
Schülerinnen, ebensowenig wie sich ihre Düsternis auf eine bestimmte
Heimatregion zurückführen ließ: Die beiden Cousinen, die man die
»Nova-Scotia-Schlampen« nannte, waren ebenso deprimiert wie das Mädchen aus
British Columbia, das Emma als »dieses B. C.-Flittchen«
bezeichnete. Die Internatsschülerinnen umgab eine Aura, die sie wie Verbannte
erscheinen ließ, und ihr Chor sang die traurigsten Lieder der ganzen Schule.
    Es kam nur selten vor, daß Internatsschülerinnen in der Junior
School auftauchten, doch einmal, in der dritten Klasse, verließ Jack gerade die
Jungentoilette (er war noch dabei, den Reißverschluß hochzuziehen), als er zwei
Mädchen aus der dreizehnten [186]  Klasse auf sich zukommen sah: leuchtender
Nagellack, bis zu den Knöcheln hinuntergerollte Kniestrümpfe, wohlgeformte
Beine, breite Hüften, volle Brüste. Jack geriet in Panik. In seiner Hast
klemmte er seinen Penis im Reißverschluß ein. Natürlich schrie er vor Schmerz.
    »Herrje, ein Junge !« sagte eines der großen
Mädchen.
    »Allerdings«, antwortete ein anderes, »und er hat sich sein
jämmerliches kleines Ding eingeklemmt.«
    »Wann fangen sie eigentlich an, damit herumzuspielen?« fragte die
erste. »Hör endlich auf zu schreien!« fuhr sie Jack an. »Du hast ihn doch nicht
abgequetscht, oder?«
    »Laß mich mal«, sagte die andere und kniete sich neben Jack. »Ich
hab einen kleinen Bruder – ich weiß, was man da machen muß.«
    »Man muß da was machen?« fragte die erste. Auch sie kniete neben
Jack.
    »Laß mal sehen. Nimm die Hände da weg!« sagte das Mädchen mit dem
kleinen Bruder zu Jack.
    »Es tut so weh!« schrie Jack.
    »Du hast dir nur ein bißchen Haut eingeklemmt – es blutet ja nicht
mal.« Das Mädchen war mindestens siebzehn oder achtzehn, vielleicht sogar
neunzehn.
    »Und wann wird er dick?« fragte das erste Mädchen.
    »Er hat keine Lust, dick zu werden, wenn er in einem Reißverschluß
eingeklemmt ist, Meredith.«
    »Er wird dick, wenn er Lust dazu hat?« fragte Meredith.
    Das Mädchen aus der dreizehnten Klasse hielt Jacks Penis in der
Hand; mit Daumen und Zeigefinger der anderen zog sie sacht am Reißverschluß.
    »Au!«
    »Also, was soll ich deiner Meinung nach tun?« fragte das Mädchen,
das ihm zu Hilfe gekommen war. »Warten, bis du groß bist?«
    [187]  »Du hast Killerwimpern«, sagte Meredith zu Jack. »Wenn du mal
groß bist, wirst du dir den Pimmel an allen möglichen Stellen einklemmen.«
    »Au!«
    »Jetzt blutet es«, sagte das zweite Mädchen. Jacks Penis war
befreit, doch sie behielt ihn weiter in der Hand.
    »Was machst du denn da, Amanda?« fragte Meredith.
    »Sieh einfach zu«, sagte Amanda. Sie sprach nicht mit Jack – er
merkte, auch ohne hinzusehen, daß sein Penis größer wurde – jedenfalls ein
bißchen.
    »Wie heißt du?« fragte Meredith.
    »Jack.«
    »Jetzt geht’s dir besser, oder?« sagte Amanda.
    »Du liebe Zeit, sieh dir das an!« sagte Meredith.
    »Das ist noch gar nichts«, sagte Amanda. »Er kann noch größer
werden, stimmt’s, Jack?« Sein Penis war größer denn je zuvor. Wenn er noch
größer wurde, fürchtete Jack, würde er platzen.
    »Es fängt wieder an, weh zu tun«, sagte er.
    »Aber das ist eine andere Art von Schmerz, Jack.« Amanda drückte
noch einmal freundschaftlich zu, bevor sie seinen Penis losließ.
    »Jetzt klemm dir das süße Ding nicht gleich wieder ein«, ermahnte
ihn Meredith. Sie stand auf und fuhr ihm durchs Haar.
    »Vielleicht träumst du mal von uns, Jack«, sagte Amanda.
    Die kleine Wunde an Jacks Penis war nach wenigen Tagen verheilt,
doch die Träume ließen ihn nie mehr in Ruhe.
    Miss Sinclair, Jacks Lehrerin, teilte Alice’ Überzeugung, daß
Jack bei den Mädchen in Sicherheit war. Diese Illusion wurde durch die Tatsache
gefördert, daß für die Mittagsruhe der Vorschüler ein paar Sechstkläßlerinnen
abgestellt wurden. Emma Oastler und zwei ihrer Klassenkameradinnen – ihre [188]  Freundinnen Charlotte Barford und Wendy Holton – meldeten sich freiwillig.
Sie waren Miss Sinclairs Mittagsruhe-Helferinnen. Diese älteren Mädchen sollten
den Fünfjährigen helfen einzuschlafen, doch in Wirklichkeit hinderten sie die
Kinder daran.
    Weil sie ihn regelmäßig dazu verurteilte, in Gegenwart von drei Sechstkläßlerinnen
Mittagsruhe zu halten, hatte Miss Sinclair einen festen Platz in Jacks
Erinnerung. Am besten erinnerte er sich an ihre Abwesenheit.
    Die Mittagsruhe

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