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Bis ich dich finde

Bis ich dich finde

Titel: Bis ich dich finde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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gerade ohnmächtig geworden, weil
er zuviel Sex hatte.« (Jack haßte diese Geschichte.)
    Maureen Yap, ein nervöses Mädchen, dessen Vater Chinese [193]  war,
unterbrach Emma einmal mit der Frage: »Was ist zuviel Sex?«
    »Nichts, was du je erleben wirst«, antwortete Emma geringschätzig.
    Ein anderes Mal, als Jack ihr dieselbe Frage stellte, sagte sie:
»Das wirst du noch schnell genug herausfinden.«
    Jack erschauerte unter seiner Decke und griff auf das lückenhafte
Verständnis dessen zurück, was er in Amsterdam von Unterhaltungen zwischen
seiner Mutter, Els und Saskia mitbekommen hatte. Wenn man sexy aussah, hatte
Els gesagt, dann dachten die Männer, daß man ihnen gute Ratschläge geben
konnte. Sex hatte also etwas mit dem Erteilen von Ratschlägen zu tun, und wie
Ratschläge konnte Sex vermutlich qualitativ gut oder schlecht sein. Wenn der
geschiedene Vater in Emmas Geschichte infolge von zuviel Sex ohnmächtig
geworden war, dann mußte es sich um Sex von der schlimmsten Sorte gehandelt
haben.
    »Es ist nicht die erste fiese Freundin, die dein Vater hat«, sagte
Emma, »aber die jüngste. Sie ist eigentlich noch ein Kind. Ein dünnes Mädchen,
ein richtig harter Brocken«, fügte Emma hinzu. »Sie ist so hart wie ein Stock,
ihre Fäuste sind wie Steine, und sie haßt dich. Du bist ihr im Weg. Wenn du
nicht wärst, könnte sie noch mehr Sex mit deinem Vater haben. Nachdem dein
Vater ohnmächtig geworden ist, preßt sie die Fäuste so fest an deine Schläfen,
daß du denkst, dir platzt der Schädel.«
    Die French-Zwillinge trommelten gleichzeitig los; weiteres Nuckeln,
Summen und Stöhnen. – »Inzwischen«, sagte Emma dann, »hat ein anderer von euch
eine alleinerziehende Mutter, die ebenfalls ohnmächtig geworden ist.« (Diese
Geschichte haßte Jack noch mehr.)
    »Wieder zuviel Sex!« rief Maureen Yap gewöhnlich.
    » Schlechter Sex?« fragte Jack manchmal.
    »Sie hat einen fiesen Freund«, klärte Emma die Vorschüler auf.
»Einen der größten fiesen Freunde der Welt. Nachdem deine [194]  Mutter ohnmächtig
geworden ist, legt er sich auf dich und drückt seinen nackten Bauch auf dein
Gesicht.«
    »Wie soll man da noch Luft kriegen?« fragte Grant Porter, der Idiot,
jedesmal.
    »Das ist das Problem«, antwortete Emma gewöhnlich. »Vielleicht
kriegt man keine.« Noch nie dagewesenes asynchrones Trommeln von den
French-Zwillingen, Deckennuckelgeräusche von den Booth-Zwillingen, an einen
Erstickungsanfall gemahnendes Stöhnen von Jimmy Bacon.
    »Aber was ist mit deiner Mutter, die eine Freundin hat?« fragte
Emma. (Diese Geschichte haßte Jack am meisten.) »Sie hat größere Brüste als
alle Mütter. Sie hat härtere Brüste als die jüngsten Freundinnen eurer Väter.
Sie hat bionische Brüste«, sagte Emma. »Sie sind so
groß und hart, daß es ist, als wären Knochen darin.« Der bloße Gedanke an
Brüste mit Knochen ließ Jack noch Jahre später aus dem Tiefschlaf hochfahren.
Von den Vorschülern tat bei der Geschichte vom gequetschten Kind ohnehin keiner
ein Auge zu. »Welches dieser bedauernswerten Kinder bist du?« fragte Emma dann.
    »Ich will keins davon sein!« schrie Maureen Yap, wie kaum anders zu
erwarten.
    »Ich will besonders nicht, daß ich keine Luft kriege, weil der dicke
Bauch des bösen Freundes auf meinem Gesicht liegt«, betonte Grant Porter
gewöhnlich.
    »Keine Brüste mit Knochen!« schrie James Turner, ein weiterer Idiot,
jedesmal.
    Manchmal brachte Jack genug Mut auf, um zu sagen: »Ich glaube, ich mag
das harte, dünne Mädchen mit den Händen wie Steine am wenigsten.« Doch Emma
Oastler, Wendy Holton und Charlotte Barford hatten ihre Wahl bereits getroffen.
Jack hielt die Augen fest geschlossen, konnte aber dennoch spüren, daß sie in
Position gingen.
    Die harte, dünne Freundin des geschiedenen Vaters, das [195]  Mädchen
mit den Fäusten wie Steine, war Wendy Holton. Sie drückte einem die Knie an die
Schläfen. Ihre Knie waren so klein und hart wie Baseballbälle. Es dauerte keine
Minute, bis Jack Kopfschmerzen bekam, und was er unter ihrem Rock sah – sofern
er es wagte, hinzusehen –, war enttäuschend dunkel und undeutlich.
    Die Freundin der unsäglichen Mutter, die Frau mit den bionischen,
knochigen Brüsten, war Charlotte Barford mit ihren melonengroßen Knien. Es gab
keine Brust, die sich wie ein Knie anfühlte – jedenfalls nicht vor der
Erfindung von Implantaten. Und was unter Charlottes Rock war, sah Jack nie –
die phantasierten Konsequenzen für den

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