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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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Taschentuch schmolz, auf dem Kopfkissen bildete sich ein nasser Fleck. Subow kroch aus dem Bett, warf die Kompresse im Bad auf den Fußboden und betrachtete im Spiegel noch einmal seine Schläfe. Sie war noch rot, aber die Schwellung war fast weg. Keine Beule, nur ein blauer Fleck. Nicht weiter schlimm. Er ging zurück ins Zimmer und schloss das Ladegerät an.
    »Wer?«, fragte Colt noch einmal.
    »Ich denk drüber nach.«
    »Ja, denk drüber nach, Iwan, und zwar gut. Denn einen anderen Kandidaten als dich sehe ich im Moment nicht.«
Moskau 1917
    Der Strom war wieder da, aber das Telefon blieb stumm. Das Dienstmädchen Marina war zurückgekommen und erzählte, dass es nun ruhig sei und nicht mehr geschossen werde. Aber überall liefen Banditen herum, angeblich revolutionäre Patrouillen, und plünderten unter dem Deckmantel von Haussuchungen am helllichten Tag, nähmen sich, was ihnen gefiel, und man könne sich nirgends beschweren. Niemand wisse, was das für eine neue Macht sei und wo sie sich befinde. Die einen sagten, jetzt werde es überhaupt keine Macht mehr geben, die anderen, Lenin sei ebenso provisorisch wie Kerenski, er werde höchstens einen Monat lang regieren, dann werde sich ein Kongress versammeln und den Zaren zurückholen. Die Fahnenjunker würden angeblich nicht angerührt, nur entwaffnet, in Listen erfasst und nach Hause geschickt.
    »Pawel Nikolajewitsch wird bald kommen, schon heute Abend, ganz bestimmt«, sagte Andrej.
    »Wenn ihm, Gott behüte, etwas passiert wäre, hätte man es uns sofort mitgeteilt.« Sweschnikow strich Tanja über den Kopf. »Nicht doch, du darfst dich auf keinen Fall aufregen. Mischa braucht deine Milch, er hat doch sonst nichts zu essen.«
    »Ich rege mich überhaupt nicht auf. Ich weiß es ganz genau. Pawel lebt. Aber ich möchte hingehen.«
    »Wohin?«, fragten Agapkin und Sweschnikow im Chor.
    »Zum Kreml, auf den Skobelew-Platz oder in die Snamenka zur Alexander-Schule. Wo geben sie die Waffen ab? Es mussdoch eine Art Sammelpunkt geben, einen Stab. Vielleicht ist er ja verletzt? Vielleicht liegt er im Lazarett? Das Telefon funktioniert nicht, ich kann mich nicht erkundigen, ich muss hingehen.«
    »Bist du verrückt?« Der Professor schrie so laut, dass Mischa aufwachte und anfing zu weinen. »Du hast zwei Nächte nicht geschlafen, du bist noch geschwächt von der Entbindung. Du gehst nirgendwohin! Untersteh dich! Siehst du, wie wütend Mischa weint, er ist ganz meiner Meinung.«
    »Er weint, weil du so schreist, Papa«, sagte Tanja.
    »Das ist nicht wahr, Papa schreit nicht, er spricht ganz ruhig«, sagte Andrej, »du darfst nirgendwohin gehen, du bist totenblass und deine Augen sind ganz rot. Lieber gehe ich.«
    »Wunderbar, Andrej.« Sweschnikow nickte. »Eine großartige Idee. Soll ich dir vielleicht noch meine Pistole mitgeben?«
    »Papa, ich kann nicht mehr zu Hause rumsitzen. Es ist nicht auszuhalten in dieser Kälte. Mischa muss gebadet werden, er pinkelt und kackt doch die ganze Zeit, wir haben nicht genug Stoff für Windeln und auch kein Brennholz mehr für den Herd. Wie sollen wir Wasser warm machen? Drüben bei Madame Cottie ragen Rohre aus dem Fenster, da kommt Rauch raus. Vielleicht laufe ich wenigstens mal rüber und frage, woher sie den Ofen haben? Nur schnell über den Hof, dann komme ich gleich zurück!«
    »Nein. Du bleibst hier!«, schrie Sweschnikow heiser.
    Noch nie war der Professor so nervös und gereizt gewesen. Sein Bein tat unerträglich weh. Der ständige dumpfe Schmerz laugte ihn aus. Er schlief kaum, aß nichts, vor Schwäche hatte er Schüttelfrost und fror unter zwei Decken.
    Das Verbandszeug war alle. Agapkin und Tanja rissen Bettwäsche in Streifen, aber auch davon war nur noch wenig da. Sie brauchten Windeln, die Kinderfrau wusch mehr schlecht alsrecht mit kaltem Wasser, aber nichts wurde richtig sauber und trocken.
    »Ich gehe«, sagte Agapkin, »ich versuche zu erkunden, was da draußen vorgeht.«
    »Ja, Fjodor«, seufzte Sweschnikow, »aber seien Sie bitte vorsichtig.«
    Tanja schaute ihn mit besorgten, schlaflosen Augen an. Er trat zu ihr und küsste ihr die Hand.
    »Ich werde versuchen, Verbandszeug und Windeln zu besorgen. Vielleicht habe ich ja Glück?«
    »Und versuchen Sie, etwas über Pawel Nikolajewitsch rauszukriegen, wenn es geht«, sagte Andrej.
    Es war ein dunkler, schmuddeliger Tag. Niedrige Wolken hingen regungslos über der Stadt wie Sackleinenfetzen. Es fiel nasser Schnee, der so schmutzig war, als fiele er nicht

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