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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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Spiegel.
    Die Kerzenflamme flackerte, und so von unten angeleuchtet sah sein Gesicht tatsächlich unheimlich aus.
    »Na, als hätte er Sie sehr gekränkt«, erklärte Andrej flüsternd.
    »Unsinn. Das liegt am Licht. Niemand hat mich gekränkt. Wir sind nur alle schrecklich müde. Du solltest schlafen gehen, Andrej.«
    »Nein. Wozu? Es ist schon Morgen. Ich muss auf den Anruf von Pawel Nikolajewitsch warten. Er weiß doch noch nichts, ich will ihm als Erster sagen, dass er einen Sohn hat.«
    Agapkin ging ins Labor. Zündete eine Petroleumlampe an. Die Ratten rannten herum und quiekten. Wasser und Futter waren alle. Sämtliche Tiere lebten noch, und kaum hatte Agapkin Körner und Wasser nachgefüllt, stießen sie einander laut quiekend beiseite. Nur Grigori III. saß reglos da. Er hatte seine eigenen Tröge, die ebenfalls leer waren.
    »Grüß dich, mein Freund. Für dich habe ich was Besonderes«, sagte Agapkin gespielt munter, »hier, für dich, von unseren älteren Brüdern.«
    Er zog den Trog heraus, schüttete Korn hinein und legte ein Stück Schweizer Käse und einen kleinen Mürbekeks dazu. Der Ratz sprang so ungestüm herbei, dass Agapkin zurückwich.
    »Oho, was für eine Energie, was für eine ausgezeichneteReaktion, ganz zu schweigen von deinem Appetit. Bist du etwa noch jünger geworden? Wenn es hell ist, werde ich dich mal untersuchen. Mir scheint, du fühlst dich in dieser Hölle wohler als wir alle.«
    Als er ins Wohnzimmer zurückkam, schlief der Professor nicht mehr. Awdotja hatte ihm ein Kissen in den Rücken gelegt und die Petroleumlampe herangerückt. Er saß und las die Zeitung »Nowaja shisn «, die Agapkin am Vortag aus der Bolschaja Nikitskaja mitgebracht hatte. Erregt las er die Liste der Mitglieder der Provisorischen Arbeiter-und-Bauernregierung vor.
    »Vorsitzender Wladimir Uljanow (Lenin). So ein kleiner Glatzkopf, der kein richtiges R sprechen kann? Und mit den Deutschen befreundet ist? Ist das nicht der, der erklärt hat, jede Köchin könne den Staat regieren? Moment mal, ich sehe hier keine einzige Köchin. Rykow, Miljutin, Schljapnikow, Skworzow. Die kenne ich alle nicht. Aber hier, L. D. Bronstein (Trotzki). Ein Mann mit einer bemerkenswerten Kehle. Wenn er auf einer Kundgebung sprach, klirrten in den umliegenden Häusern die Fensterscheiben. Mein Gott, und wer ist das? Für Nationalitätenfragen J. W. Dshugaschwili (Stalin). Vielleicht ist er ja die bewusste Köchin?«
Hamburg 2006
    Iwan Subow erwachte vom Piepsen seines Mobiltelefons.
    »Worüber hast du mit Lukjanow beim letzten Mal im Restaurant gesprochen?«, brüllte der kleine Apparat so laut, dass der verschlafene Subow abrupt auffuhr und sich den Kopf an der Ecke des Nachtschränkchens stieß.
    Das Leuchtzifferblatt zeigte halb fünf. Subow hatte seine Uhr auf Ortszeit umgestellt – in Moskau war es also schon halb sieben. Er stand auf, verzog das Gesicht, ging mit dem Telefonins Bad, benetzte ein Handtuch mit kaltem Wasser und hielt es sich an die Schläfe.
    Das Telefon brüllte weiter: »Du hast mich verarscht, von wegen, du hättest dein blödes Diktiergerät aus Versehen nicht aufgeladen. Dir passiert nie etwas aus Versehen! Du hast mich angelogen, von wegen, Lukjanow sei auf deinen Vorschlag eingegangen! Das ist er nicht, verdammt! Dass du es weißt, ich werde eine Exhumierung verlangen!«
    Da Colt fluchte und kreischte wie ein Marktweib, war also nichts Schlimmes passiert. Subow kannte seinen Chef wie eine Mutter ihr Kind.
    Würde ihn Colt auch nur einen Augenblick lang der Dinge verdächtigen, die er ihm jetzt an den Kopf warf, würde er nicht brüllen. Dann wäre er ganz ruhig, so freundlich wie nie, würde gutmütig scherzen und vermutlich nicht eine einzige Frage zu dem stellen, was ihn interessierte. Erst wenn kompetente Leute gegen ein solides Entgelt unabhängige, absolut lautlose Nachforschungen angestellt und ihm das Ergebnis mitgeteilt hätten, würde Colt den Beschuldigten vielleicht direkt ansprechen. Aber auch das ganz ruhig, ohne die Stimme zu heben.
    »Sein Herz war gesund! Er ist gestorben, nachdem er mit dir im Restaurant war! Was hast du ihm gegeben, du Tschekist?«
    »Cäsar-Salat mit Hühnerbruststreifen. Eine Fischplatte für zwei, ohne Beilagen. Kräutertee mit Vanille«, zählte Subow gelassen auf und setzte sich auf die kleine Bank in der Duschkabine.
    »Wieso hast du dann gelogen, er sei einverstanden gewesen?«
    »Ich habe nicht gelogen. Er war wirklich einverstanden, aber nicht für Geld,

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