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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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tatsächlich, auch noch, als er sich an den Tisch setzte.
    »Kartoffelpuffer«, verkündete sie feierlich, »Sahnesoße mit Knoblauch. Darf ich fragen, was für ein Lied Sie da singen?«
    »Das von der Unglücksinsel. Du hast es schon zwanzigmal gehört.«
    »Ich kann kein Russisch. Wovon handelt es?«
    »Das habe ich dir schon oft übersetzt. Sogar aufgeschrieben. Sei froh, dass ich nicht reimen kann, sonst hätte ich längst eine Nachdichtung für dich gemacht und dich gezwungen, sie auswendig zu lernen und sie jedesmal zu singen, wenn du mich anknurren willst.«
    »Ich habe ein schlechtes Gedächtnis und bin unmusikalisch. Wollen Sie nun essen oder lieber warten, bis alles kalt ist?«
    Er wickelte einen Puffer auf die Gabel, stippte ihn in die Soße und biss ab.
    »Gerda, du bist wunderbar, du bist ein Genie. Ich glaube, ich habe noch nie etwas Besseres gegessen.«
    »Danke. Freut mich. Was für einen Tee soll ich Ihnen kochen?«
    »Koch mir einen Kaffee, liebe Gerda.«
    »Was haben Sie heute vor?«
    »Ich will ans Meer, ich habe Sehnsucht danach.«
    »Ich hoffe, ich muss Ihnen nicht mit Schal und Mütze hinterherlaufen.«
    Er trank einen Kaffee, zog sich auf Gerdas Geheiß warm an und verließ das Haus. Gerda räumte die Küche auf und ging mit dem Staubsauger ins Gästezimmer.
Moskau 1917
    Der Brief aus Jalta wurde im Esszimmer laut vorgelesen. Dann las Professor Sweschnikow ihn in seinem Arbeitszimmer zusammen mit Agapkin noch einmal.
    Während Fjodors Krankheit hatte die Wohnung einen Kanonenofen bekommen. Er stand in Tanjas Zimmer, das Abzugsrohr ragte aus dem kleinen Lüftungsfenster. Brennholz hatten sie nicht beschaffen können. Danilow hatte sich vom Hauswart eine Axt geliehen und mühsam einen alten Kleiderschrank zerhackt, der in der Kammer gestanden hatte. Potapenko und Maslow hatten dem Professor einen Rollstuhl aus dem Lazarett gebracht.
    Die Pakete mit Lebensmitteln, Verbandszeug und Windeln hatte die Kinderfrau angenommen. Der Chauffeur wollte nichthereinkommen, überreichte nur die Pakete, erklärte, sie seien dem Professor auf Anordnung des Volkskommissars Lunatscharski geschickt worden, und ging wieder.
    »Siehst du, Michail, so lieben dich deine Patienten und denken an dich«, sagte Awdotja, »das schickt dir ein Luka Tscharski. Genau das, was wir brauchen, Weißbrot, Tee, Zucker, Seife, Kerzen. Sogar Verbandszeug und Windeln.«
    Das Wort »Volkskommissar« hatte Awdotja überhört, und der Professor überlegte lange, wer dieser Luka Tscharski war, und konnte sich nicht erinnern. Alle hatten Hunger, es wurde dunkel, sie hatten keine Kerzen mehr, der Strom war noch immer abgeschaltet, Mischa musste gewindelt werden, der Professor brauchte einen neuen Verband – die Gaben des unbekannten Luka kamen also sehr gelegen.
    Als Agapkin aus dem Lazarett heimkehrte, freuten sich alle, auch der Oberst. Danilow dankte ihm herzlich und umarmte ihn. Agapkin verzog das Gesicht und knirschte leise mit den Zähnen, aber das bemerkte niemand.
    Klawdija machte für ihn Wasser heiß, Andrej begoss ihn mit einem Krug aus dem Bad. Dann tranken sie Tee mit groben Zuckerstücken und aßen Kringeln und erzählten Agapkin von dem rätselhaften großzügigen Luka Tscharski.
    »Was war eigentlich los mit Ihnen?«, fragte Sweschnikow, als sie allein im Labor waren.
    »Ich bin rausgegangen und habe lauter zerstörte Häuser und Ziegelsplitter gesehen. Unter meinen Füßen knirschten Glasscherben, der gefrorene Schmutz war mit Blut vermischt. Die Lampen loderten wie Fackeln, bis das Gas alle war. Die Gesichter der Menschen auf der Straße sahen völlig anders aus, grau und fremd. Die Apotheke in der Leontjew-Gasse war vollständig niedergebrannt, die verkohlten Trümmer rauchten, es roch schrecklich, beißend.«
    Während Fjodor redete, untersuchte er die verjüngten Ratten. Sie waren allesamt am Leben. Grigori saß nach wie vor in einem Einzelkäfig. Gerade hatte er ohne Eile seine Portion Körner verspeist und Wasser getrunken, nun schaute er Agapkin an. Seine roten Augen glänzten, die winzigen rosa Nüstern bebten. Er hatte die Ohren gespannt gespitzt, als lauschte er aufmerksam ihrem Gespräch.
    »Eine rote Patrouille hat mich angehalten«, fuhr Fjodor fort, »drei Männer mit Gewehren. Sie haben mich seelenruhig durchsucht und ausgeraubt. Sie haben mir das Portemonnaie und die Papirossy weggenommen. Dann haben sie vor meinen Augen einem alten Mann den Mantel ausgezogen, und ich konnte nichts dagegen tun. Ich hatte

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