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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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macht, sollte er erst einmal um die Frau werben, na ja, sie oft sehen, mit ihr ins Theater gehen, auf die Eisbahn, Arm in Arm mit ihr über den Twerskoi-Boulevard spazieren.«
    »Für die Eisbahn bin ich zu alt. Für Theater und Spaziergänge ist augenblicklich nicht die Zeit. Warten Sie ab, bis der Krieg zu Ende ist.«
    »Er wird nie enden!«
    »Nicht doch, Tanja.« Er stand auf und trat zu ihr. »Alles geht einmal zu Ende. Es gibt keine endlosen Kriege.«
    Sie lehnte die Stirn gegen seine Brust.
    »Blut, abgerissene Arme und Beine, ausgebrannte Augen, wozu das alles? Wofür? Man bringt uns verkrüppelte, mit Gas vergiftete, sterbende Menschen. Ich weiß, dass Sie dort sind, von wo sie kommen, ich kann nicht ohne Sie sein, Pawel Nikolajewitsch, und Sie sind dort. Verzeihen Sie mir, ich habe große Angst. Niemandem würde ich je sagen, was ich Ihnen jetzt sage, nicht einmal meinem Vater. Ich spüre, dass dieser Krieg kein Ende nehmen wird. Es wird noch schlimmer werden, noch schrecklicher. Es liegt etwas in der Luft, etwas Gefährliches, Gewalttätiges, etwas ganz und gar Fremdes.«
    »Was haben Sie nur, Tanja?« Er streichelte ihren Kopf. »Sie sind einfach erschöpft, Sie schlafen nächtelang nicht, Sie sollten nicht hier arbeiten, es ist für Sie noch zu früh, all das zu sehen, und Sie haben nicht die Kraft dafür.«
    »Wer hat denn die Kraft?« Sie schüttelte seine Hand ab und hob das Gesicht. »Sie sind wie Papa, Sie reden den gleichen Unsinn. Küssen Sie mich lieber. Ich kann Sie nicht wieder als Erste küssen, ich bin schließlich eine Frau.«
    »Ich traue mich nicht, Tanja.«
    Dann hörten sie auf zu reden, sie küssten sich und kamen erst zu sich und lösten sich voneinander, als hartnäckig an die Tür geklopft wurde.
    »Ich bitte vielmals um Entschuldigung, Tatjana Michailowna«, sagte der Feldscher Wassiljew, wobei er sich verlegen räusperte und beiseite blickte. »Sie sollten herunterkommen, dort sieht es wieder schlecht aus, Michail Wladimirowitsch hat gesagt, ich soll Sie nicht behelligen, aber ich habe mir gedacht, dass Sie sich sonst sehr grämen würden.«

Sechstes Kapitel
    Colts kleines Charterflugzeug landete auf einem Steppenflugplatz. Leibgardisten in weißgoldener Uniform und weichen Stiefeln mit aufwärts gebogener Spitze empfingen ihn. Ein Militärorchester spielte Oginskis Polonaise. Colt mochte diese Musik, und es freute ihn, dass der Gouverneur German Tamerlanow, die leibhaftige Verkörperung des Gottes Yoruba, sich an solche Kleinigkeiten erinnerte.
    »Guten Tag, lieber Pfa! Ich freue mich, dich zu sehen!« Yoruba ließ seine weißen Zähne blitzen, öffnete die Arme weit, drückte seine linke Hand gegen die rechte Colts und stieß dann leicht mit der Stirn gegen die von Colt. Das war eine uralte Krieger-Begrüßung, die hier in der Steppe noch immer üblich war.
    Tamerlanow sah großartig aus. In dem weiten weißen Anzug, mit den schmalen Augen und dem Hauch von Grau im pechschwarzen Haar wirkte der kleine Mann wie ein japanischer Diplomat und keineswegs wie der Nachkomme eines uralten Fürstengeschlechts von Eroberern.
    Sieben halbwüchsige Mädchen in Nationaltracht erfreutenden lieben Gast noch auf dem Flugplatz mit einem alten Volkstanz.
    Der Frühling ging zu Ende. Im Sommer herrschte in der Steppe unglaubliche Hitze, jetzt aber war es angenehm warm und nicht staubig, der Wind wehte den Duft blühender Gräser heran. Ein blutjunges Mädchen reichte Colt eine lokale Köstlichkeit, einen knusprigen dünnen Fladen mit gedörrtem Pferdefleisch.
    »Gefällt sie dir?«, flüsterte der Gouverneur und wies mit einem Kopfnicken auf das Mädchen.
    In dem dunklen kleinen Gesicht leuchteten die blauen Augen einer Siamkatze. Das schwere lange Haar schimmerte bläulich wie der Nachthimmel.
    In den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts waren Deutsche und Esten in diese Steppe verbannt worden. Mischehen brachten mitunter Kinder von märchenhafter Schönheit hervor. Manchmal brachen die nordischen Gene unversehens in der dritten oder vierten Generation durch. Hier gab es Blondinen mit mongoliden Gesichtszügen, Rothaarige mit schrägen schwarzen Augen und helläugige Brünette.
    »Wie alt ist sie?«, fragte Colt.
    »Fünfzehn. Keine Angst, bei uns gilt eine Frau mit vierzehn als volljährig. Na, was ist, nimmst du mein Geschenk an?«
    Der Gouverneur setzte sich selbst ans Steuer eines riesigen weißen Cabrios. Der Wagen machte einen Satz und raste los. Der Wind schlug Colt so heftig ins

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