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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Daschkowa
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Sommerhaus seiner Schwiegereltern. Die Genossen hätten eines Nachts dort vorbeigeschaut und alles durchsucht. Ob sie das Geld gefunden haben, ist nicht bekannt. Der Brand sei gelegt worden, um die Ermordung der Zeugen, Ossjas ganzer Familie, zu vertuschen. Vermutlich war das Verhör allzu leidenschaftlich ausgefallen.
    Rosenblatt und Ada haben sich mit Hilfe von Odessaer Schmugglern illegal in die Türkei abgesetzt, von wo sie überallhin gegangen sein können. Sie werden von den Behörden gesucht und von ihren Genossen gejagt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Genossen schneller waren und das Ehepaar Rosenblatt nicht mehr lebt.«
    Ossja fielen die Haare, Augenbrauen und Wimpern aus, seine Haut schuppte sich. Zeitweise hatte er starkes Herzrasen. Sweschnikow untersuchte ihn morgens und abends, manchmal begleitete ihn Agapkin und stand die ganze Zeit schweigend daneben.
    Agapkin hatte noch immer keine passende Wohnung gefunden, lebte nach wie vor in Wolodjas Zimmer und verbrachte viel Zeit im Labor.
    Nach jener Nacht im Lazarett hatten der Professor und sein Assistent eine lange Unterredung. Nun gab es zwischen ihnen keine Unklarheiten mehr.
    »Du hast ihm alles erzählt?«, fragte Tanja.
    »Ja und nein. Verstehst du, ich brauche einen Assistenten, Fjodor arbeitet seit fünf Jahren mit mir zusammen. Bis zu der Geschichte mit Grigori III. war sein Verhalten vollkommen normal. Aber die hätte wohl kaum jemanden kaltgelassen. Inzwischen hat er sich beruhigt, ich habe ihm erklärt, dass es bis zu ernsthaften, zuverlässigen Ergebnissen noch ein weiter Weg ist. Es ist ein Experiment, und wir stehen erst am Anfang.«
    »Papa, das sind Gemeinplätze«, empörte sich Tanja, »hast du ihm von Ossja erzählt oder nicht?«
    »Das mit Ossja hat er selbst begriffen. Leugnen wäre dumm gewesen.«
    »Du bist verrückt geworden. Er wird das Präparat stehlen.«
    »Schämst du dich nicht? Fjodor ist kein Dieb. Außerdem gibt es nichts zu stehlen. Warum kannst du ihn nicht leiden? Aber sag jetzt nicht zum zehnten Mal: Er ist mir unangenehm, jag ihn fort. Was ist das Problem, Tanja? Dass Fjodor aus dem einfachen Volk stammt? Dass seine Mutter Wäscherin war?«
    »Wie kannst du so etwas sagen, Papa! Wofür hältst du mich?«, rief Tanja.
    »Entschuldige. Hast du andere Argumente? Wenn nicht, dann untersteh dich, in meiner Gegenwart schlecht über ihn zu reden, und lass mich tun, was ich für richtig halte.«
    Jeden Tag hüllte Tanja Ossja in eine Decke und Wolltücher und setzte ihn ans offene Fenster. Als sie eines Tages wieder ins Zimmer kam, war er vom Sessel gerutscht und saß auf dem Boden, den Kopf zwischen den Schultern.
    »Leise, geh nicht ans Fenster«, flüsterte er.
    »Was ist los?« Tanja ließ sich neben ihm auf den Boden nieder.
    Sie glaubte, er spiele, und wollte mitspielen.
    Ossja konnte sich nicht viel bewegen, das Laufen fiel ihm schwer, er ermüdete rasch. Wenn er spielte, saß er im Sessel,schwenkte die Arme, zog Grimassen und kommentierte die ausgedachten Ereignisse mit hastigem, pfeifendem Flüstern.
    »Was ist los?«, fragte Tanja noch einmal und legte den Arm um ihn.
    »Jemand beobachtet mich.«
    »Wer ist er, und was will er?«, fragte Tanja in leisem, drohendem Bass.
    »Ich spiele nicht. Ich habe wirklich Angst.«
    Sie fühlte, dass er zitterte, stand auf und sah aus dem Fenster. Auf dem Hof ging das Dienstmädchen des Spiritisten Bublikow mit der Bulldogge spazieren und unterhielt sich mit der Köchin der Hausbesitzerin Madame Cottie.
    »Dort ist niemand, nur Dienstpersonal und eine Bulldogge«, sagte Tanja.
    »Aus dem Haus da drüben schaut jemand vom Dachbodenfenster aus durch ein Fernglas. Gestern war er auch da.«
    Das alte zweistöckige Gebäude stand mit der Rückfront zum Hof und mit der Fassade zur Parallelstraße. Im Erdgeschoss befand sich eine Hutmacherwerkstatt. Oben war die Wohnung der Besitzerin, einer Französin. Der Dachboden war unbewohnt. Das Fenster unterm Dach lag genau gegenüber von Tanjas Arbeitszimmer.
    »Das ist weit, mindestens vierzig Meter«, sagte Tanja, »da kann man kaum etwas erkennen.«
    »Er hat ein Fernglas«, wiederholte Ossja, »das Fenster wurde geöffnet, jetzt ist es bestimmt zu.«
    Tanja sah das halbrunde Fenster jeden Tag und hatte es nie besonders beachtet. Doch als sie genauer hinschaute, bemerkte sie: Etwas hatte sich verändert. Die Scheibe glänzte, früher war sie trübe und staubig gewesen.
    Am Abend fragte Tanja das allwissende Dienstmädchen, ob auf dem

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