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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vincent Kliesch
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Die sind schon vergessen, bevor wir ihn gefasst haben. Oder wissen Sie noch, wie die Opfer von Ted Bundy hießen?«
    Castella stutzte. Dass Boesherz im LKA nicht gerade für seine Sentimentalität bekannt war, wusste sie durchaus. Dennoch erschien ihr diese Bemerkung selbst für einen sachlichen Analytiker wie ihn als etwas zu gleichgültig.
    » Was haben Sie vor?«, wollte sie daher wissen.
    » Ich werde mich mit Jacks Erfolgserlebnissen befassen. Mit dem, wofür er das hier alles macht. Und wenn ich Glück habe, erfahre ich dabei etwas über ihn, das ich noch nicht weiß.« Castella sah ihren neuen Hauptkommissar erwartungsvoll an. » Er statuiert Exempel, und alle sollen es wissen«, fuhr Boesherz daher fort, und ohne dass er dazu aufgefordert worden wäre, erhob er sich dabei und ging zu dem Fenster, an dem noch am Morgen Staatsanwalt Carl vom Stein gestanden hatte. » Es geht ihm um die Presse, um das Feedback. Darum, dass so viele Menschen wie möglich ihm dabei zusehen, wie er Tierquäler bestraft oder etwas Grausames mit Menschen anstellt, die in seinen Augen asozial sind. Sie können sicher sein, dass Jack jeden einzelnen Bericht über seine Mordserie liest. Und wer sind die Menschen, die diese Berichte schreiben?«
    » Sie werden es mir verraten.«
    » Dieselben Journalisten, die auch schon über die Opfer geschrieben haben. Lange bevor sie zu Opfern geworden sind.«
    Castellas sorgenvolle Miene entspannte sich etwas, als sie zu verstehen begann, worauf Boesherz hinauswollte.
    » Jeder, den Jack bisher ermordet hat, war mit seinen Vergehen irgendwann mal in den Medien präsent. Oft nur in kleinen Artikeln, aber jedes der Opfer stand irgendwann mal in der Zeitung oder war im Fernsehen.«
    » Ganz genau«, bestätigte Boesherz seine Vorgesetzte. » Wenn diejenigen, die Jack überhaupt erst auf seine Opfer gebracht haben, jetzt über ihn selbst schreiben, dann könnte es doch sein, dass der eine oder andere unseren Serienkiller dabei auf Ideen bringt.«
    » Wie sollte das denn aussehen?«
    » Der Staatsanwalt ist ziemlich groß«, wechselte Boesherz plötzlich das Thema. Während seiner erst kurzen Zeit beim LKA Berlin war ihm Carl vom Stein noch nicht persönlich begegnet.
    » Wie bitte?«, stutzte Castella.
    » Seit die Putzfrauen gestern Nacht da waren, hatten Sie nur von ihm Besuch. Und jetzt ist da ein Fettfleck von einer Stirn auf der Scheibe. Der liegt ziemlich weit oben, von Ihnen kann er nicht sein«, gab Boesherz zur Antwort und fügte unvermittelt an: » Vielleicht erwähnt einer der Reporter ja Menschen, die noch in Jacks Plan von der Rache an der Gesellschaft passen könnten.«
    » Sie meinen, er könnte sich indirekt Vorschläge machen lassen, wer es noch verdient hätte, auf seine Liste zu kommen?«, hakte Castella nach.
    » Seine Liste steht schon längst fest. Aber vielleicht sucht er noch nach Repräsentanten für die einzelnen Verfehlungen.«
    Boesherz bemerkte, dass kurz hinter dem Foto von Castellas Ehemann, das seit Jahren auf ihrem Schreibtisch stand, eine schmale Linie verlief, auf der sich kein Staub gebildet hatte. Sie hatte es offenbar von seinem Platz entfernt, es bald darauf aber wieder zurückgestellt, wenn auch nicht ganz exakt an dieselbe Stelle. Er schloss daraus, dass die beiden kurz zuvor miteinander gestritten, sich bald darauf aber wieder versöhnt haben mussten.
    » Vielleicht kann Frau Dr. Bartholy uns ja mehr dazu verraten«, spekulierte Boesherz dann spöttisch. » Ab wann steht uns ihre fachliche Kompetenz denn zur Verfügung?«
    Castella, die sich tatsächlich erst vor wenigen Stunden mit ihrem Mann gestritten hatte, zeigte sich unbeeindruckt. Sie erhob sich jetzt ebenfalls, stellte sich zu Boesherz ans Fenster, prüfte unwillkürlich den Fleck an der Scheibe und sah dann auf den stillgelegten Flughafen Tempelhof hinaus.
    » Sie arbeitet sich heute noch in die Akten ein. Morgen früh schicke ich sie Ihnen dann zur ersten Besprechung vorbei. Was gedenken Sie bis dahin zu tun?«
    » Ich werde mich in die Kantine zurückziehen«, antwortete Boesherz, » und ein wenig in der Zeitung lesen.«
    » Gut«, erwiderte Castella. » Wenigstens muss ich ja nicht befürchten, dass Ihnen dabei irgendwas entgeht.«

8
    » Der Duden bewahrt die deutsche Sprache nicht, er dokumentiert nur ihren Verfall!«, hielt Anselm seinem Vorgesetzten mit brüchiger Stimme entgegen, während dieser kräftig am Kaffeeautomaten rüttelte.
    Drexler hatte seinen Mut zusammengenommen und den

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