Bis in den Tod
verantwortlich.«
»Möglich, aber ich bin mir da noch nicht sicher. Doch ich weiß, dass er weder ihr noch dir ohne mich jemals so nahe gekommen wäre. Wird die Diskette helfen, dass er möglichst lange im Gefängnis bleibt?«
»Ich denke, dass er für diese Sache lange Jahre sitzt. Lässt du mir die Diskette hier?«
»Ja. Und jetzt will ich nicht länger stören.«
»Du bist mir stets willkommen.«
Sie verzog den Mund zu einem Lächeln. »Ohne Dallas wärest du, als ich dir zum ersten Mal begegnet bin, bestimmt wie von Furien gehetzt vor mir davongerannt.«
Er trat auf sie zu und küsste sie mitten auf den Mund. »Was ein großer Fehler und ein noch größerer Verlust für mich gewesen wäre. Ich rufe dir einen Wagen.«
»Das ist wirklich nicht – «
»Der Fahrer wird vor dem Haupteingang auf dich warten.«
Sie fuhr sich mit der Hand über die Nase. »Mit einer von deinen tollen Limousinen?«
»Womit denn wohl sonst?«
Er brachte sie hinaus und schloss, als er wieder allein war, nachdenklich die Tür. Die Diskette wäre, wie er hoffte, ein weiterer Nagel zu Jess Barrows Sarg. Trotzdem bot auch sie noch keinen Hinweis darauf, dass er der Mörder vierer vorgeblicher Selbstmordopfer war. Er kehrte zurück hinter seinen Schreibtisch, schaltete die Monitore der Computer wieder an, nahm die von Reeanna zurückgelassene Brille in die Hand und fuhr mit der Suche nach Beweisen gegen den schmierigen Musikologen fort.
Eve blickte reglos auf den Stunner. Von ihrem Platz aus war nicht zu erkennen, auf welcher Einstellung er stand. Eine plötzliche Bewegung könnte demnach alles von einem leichten Unbehagen über eine teilweise Lähmung bis hin zu ihrem Tod zur Folge haben.
»Zivilpersonen sind der Besitz und die Verwendung dieser Waffe nicht gestattet«, erklärte sie mit kühler Stimme.
»Ich glaube nicht, dass das unter den gegebenen Umständen von großer Bedeutung ist. Ziehen Sie Ihren eigenen Stunner schön langsam mit den Fingerspitzen aus dem Halfter und legen ihn vor sich auf den Tisch. Ich will Ihnen nicht weh tun«, fügte sie, als sich Eve nicht rührte, tatsächlich noch hinzu. »Das wollte ich nie. Nicht wirklich. Aber falls erforderlich, werde ich es tun.«
Ohne ihren Blick auch nur für den Bruchteil einer Sekunde von ihrer Gegnerin zu lösen, streckte Eve langsam die Hand nach ihrer eigenen Waffe aus.
»Und denken Sie am besten gar nicht erst daran, ihn zu benutzen. Zwar steht das Ding hier nicht auf voller Kraft, aber trotzdem wird es ganz schön weh tun. Sie würden Ihre Arme und Beine tagelang nicht mehr bewegen können, und auch wenn der Hirnschaden, den Sie bekämen, nicht unbedingt von Dauer wäre, wäre er doch sicher ziemlich unangenehm.«
Eve wusste genau, was ein Stunner bewirken konnte, weshalb sie ihre Waffe vorsichtig hervorzog und neben sich auf die Kante des Tisches fallen ließ. »Am Ende werden Sie mich töten müssen, Reeanna. Aber von Angesicht zu Angesicht, mit eigenen Händen. So leicht wie bei den anderen wird es ganz sicher nicht sein.«
»Ich werde versuchen das zu vermeiden. Stattdessen machen Sie gleich eine kurze, schmerzlose, ja sogar angenehme Virtual-Reality-Sitzung, und schon wird Ihre Erinnerung an meine Wünsche angepasst und Ihr Augenmerk auf ein neues Ziel gelenkt. Jess als Mörder ist doch durchaus praktisch. Warum belassen wir es nicht einfach dabei?«
»Warum haben Sie diese vier Menschen umgebracht, Reeanna?«
»Sie haben sich selbst getötet, Eve. Sie waren dabei, als Cerise Devane vom Dach des Hochhauses gesprungen ist. Die meisten Menschen glauben, was sie mit eigenen Augen sehen.« Sie seufzte leise. »Aber Sie sind anders als die meisten, nicht wahr?«
»Warum haben Sie sie getötet?«
»Ich habe Sie lediglich ermutigt, ihre Leben zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine bestimmte Weise zu beenden. Warum?« Reeanna zuckte mit ihren wohlgeformten Schultern. »Weil ich es konnte, warum sonst?«
Sie verzog den Mund zu einem wunderschönen Lächeln und lachte perlend auf.
20
E s würde nicht mehr lange dauern, überlegte Eve, bis Peabody oder Feeney als Reaktion auf ihren Hilferuf herbeigelaufen kämen. Sie brauchte nur etwas Zeit. Und sie hatte das Gefühl, dass Reeanna sie ihr gäbe. Einige Menschen brauchten Bewunderung wie die Luft zum Atmen. Und Reeanna war ein solcher Mensch.
»Haben Sie mit Jess zusammengearbeitet?«
»Dieser Amateur.« Reeanna warf sich ihre Haare schwungvoll über den Rücken. »Er ist doch nichts weiter als ein kleiner
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