Bis in den Tod
demonstrieren gegen die Konsumgeseilschaft. Hunderte von ihnen, sie winden sich über die Fünfte wie ein hübsches, buntes Band. Singen sogar noch dabei. Wollen Sie vielleicht auch noch einen frischen Weizenmuff in?«
»Nein.«
»Sie werden noch eine ganze Zeit hier stehen«, warnte er, trat auf seinen Karren und glitt behände weiter durch den ruhenden Verkehr.
»Arschloch.« Eve blickte sich um. Sie war von allen Seiten von wütenden Pendlern eingekeilt. Ihre Ohren sausten und Hitze quoll aus ihrem Wagen wie aus einem Ofen.
Trotzdem stieg sie wieder ein, schlug mit der Faust auf die Kontrollpanele und brachte die Temperatur dadurch auf kühle fünfzehn Grad. Über ihrem Kopf trudelte ein Touristenflieger und die Leute glotzten kuhäugig auf sie herab.
Obwohl sie nicht das geringste Vertrauen in ihre Kiste hatte, ging sie in die Vertikale und schaltete entschlossen die Sirene ein. Natürlich kam das schrille Kreischen gegen den allgemeinen Lärm nicht an, und während sich ihr Wagen hustend und röchelnd in die Höhe hievte, hätte sie um ein Haar mit ihren Reifen das Dach des vor ihr stehenden Fahrzeuges gerammt.
»Nächster Stopp wird die Recycling-Deponie, das schwöre ich«, murmelte sie und hieb verdrossen auf ihr Handy ein. »Peabody, was zum Teufel ist hier los?«
»Madam.« Peabodys ernste Miene erschien auf dem Bildschirm. »Ich glaube, Sie sind in den Stau geraten, der durch die Demonstration in der Fünften verursacht worden ist.«
»Die Demo ist bestimmt nicht genehmigt. Sie war nirgendwo vermerkt.«
»Hippies halten nicht viel von offiziellen Genehmigungen, Madam.« Als Eve wütend schnaubte, räusperte sie sich. »Ich glaube, wenn Sie sich Richtung Westen halten, haben Sie in der Siebten mehr Glück. Dort herrscht ein ziemliches Gedränge, aber zumindest sind die Wagen in Bewegung. Am besten, Sie gucken auf Ihrem Monitor – «
»Als ob das Ding jemals funktioniert hätte. Sagen Sie den Typen in der Instandhaltung, dass ich, wenn ich ihnen das nächste Mal begegne, Hackfleisch aus ihnen machen werde. Und dann rufen Sie den Commander an und erklären ihm, dass ich möglicherweise ein paar Minuten später bei ihm erscheinen werde als geplant.« Während sie sprach, rang sie mit dem Wagen, der immer wieder absackte und Fußgänger und andere Fahrer entgeistert in die Höhe blicken ließ. »Wenn ich nicht irgendjemandem auf den Kopf falle, müsste ich in zwanzig Minuten da sein.«
Knapp wich sie einem Werbehologramm aus, das die Vorzüge privater Flieger pries. Sie und der Jet Star setzten ihre Flüge unterschiedlich erfolgreich in entgegengesetzten Richtungen fort, und schließlich landete sie unsanft auf der Siebten.
Sie konnte es dem Schlipsträger auf seinen Flug-Skates nicht verdenken, dass er ihr einen Vogel zeigte, aber wenigstens hatte sie ihn nicht erwischt.
Noch während sie erleichtert seufzte, schrillte aufgebracht ihr Handy.
»An alle Einheiten, an alle Einheiten. Zwölf siebzehn, Dach des Tattler-Gebäudes, Ecke Siebzigste und Zweiundvierzigste. Sofortiger Einsatz erforderlich. Unbekannte Frau, wahrscheinlich bewaffnet.«
Zwölf siebzehn, dachte Eve. Drohender Selbstmord. Was zum Teufel sollte das bedeuten? »Zentrale, hier Lieutenant Eve Dallas. Geschätzte Ankunftszeit fünf Minuten.«
Wieder schaltete sie die Sirene ein und zwang ihr Fahrzeug erneut in die Luft.
Das Tattler-Gebäude, Hauptsitz eines der beliebtesten Revolverblätter des Landes, war ein schimmernder, nagelneuer Prachtbau. Die Häuser, die früher dort gestanden hatten, waren in den Dreißigern im Rahmen des Programms zur Verschönerung der Stadt – ein Euphemismus für den Niedergang der alten Infrastruktur und die damals in New „ibrk herrschende Bauwut – abgerissen worden.
Umgeben von Hochwegen und Gleitbändern sowie einem Freiluftrestaurant, ragte es wie eine Silberkugel in die Luft.
Eve parkte in der zweiten Reihe, schnappte sich ihre Ausrüstung, schob sich durch die Menge der Schaulustigen, die bereits auf dem Gehweg versammelt war, und zeigte dem Dienst habenden Wachmann ihren Ausweis.
»Gott sei Dank. Sie ist dort oben und hält alle mit Tränengas in Schach. Sie hat dem armen Bill mitten ins Gesicht gesprüht, als er versucht hat, sie zu packen.«
»Wer ist sie?«, fragte Eve, als er eilig vor ihr in Richtung Fahrstuhl lief.
»Cerise Devane. Ihr gehört das Haus.«
»Devane?« Eve kannte die Frau vom Sehen. Cerise Devane, Vorstandsvorsitzende von Tattier Enterprises, war einer der
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