Bis in den Tod
nur noch mühsam auf den Beinen. Sie hatte das gemeinsame Abendessen mit ihrem Mann verpasst, was, wie sie dachte, jedoch nicht weiter schlimm war, da sie direkt von einer Begutachtung der Überreste von Cerise Devane im Leichenschauhaus kam.
Ein Anblick, von dem selbst der Magen einer erfahrenen Polizistin überfordert gewesen war.
Dabei hatte ihr der Besuch nicht die geringsten Erkenntnisse gebracht. Sicher könnte noch nicht mal Roarkes Computer genug von der Toten rekonstruieren, um ihr eine Hilfe zu sein.
Sie trat müde durch die Tür, wäre beinahe über den Kater gestolpert, der direkt auf der Schwelle lag, brachte gerade noch genügend Energie auf, um sich nach dem Tier zu bücken, und hievte es sich auf den Arm.
»Ich hätte wirklich nichts dagegen, wenn du deinen fetten Hintern von selbst woanders hin bewegen würdest.«
»Lieutenant.«
Sie drehte den Kopf und erblickte Summerset, der wie üblich aus dem Nichts im Flur erschienen war. »Ja, ich weiß, ich bin zu spät«, raunzte sie ihn an. »Also halten Sie mir ruhig eine Standpauke.«
Woraufhin er sich doch tatsächlich der normalen spitzen Erwiderung enthielt. Er hatte Cerise und Eve in den Nachrichten gesehen. »Sicher möchten Sie noch etwas essen.«
»Nein, das möchte ich nicht.« Sie wollte nur ins Bett und wandte sich aus diesem Grund bereits der Treppe zu.
»Lieutenant.« Er wartete auf ihren schlecht gelaunten Fluch, wartete, bis sie sich zu ihm umdrehte, um ihn zornig anzusehen. »Eine Frau, die sich freiwillig auf einen Sims einige hundert Meter über dem Abgrund setzt, ist entweder sehr mutig oder aber sehr dumm.«
Sie schnaubte leise auf. »Ich brauche sicher nicht zu fragen, welcher Kategorie ich Ihrer Meinung nach zuzurechnen bin.«
»Nein, brauchen Sie nicht.« Er verfolgte mit den Augen, wie sie die Stufen in Richtung Schlafzimmer erklomm, und dachte, dass sie geradezu erschreckend tapfer war.
Das Schlafzimmer war leer. Sie sagte sich, sie würde sich sofort auf die Suche nach ihrem Gatten begeben, als sie bereits mit dem Gesicht nach unten auf das Kopfkissen sank. Galahad wand sich aus ihrem Arm, kletterte hinab in Richtung ihres Hintern und machte es sich dort mit einigen Drehungen und wohligem Kratzen mit seinen scharfen Krallen für die Nacht bequem.
Roarke fand sie wenige Minuten später, flankiert von einer wurstförmigen Katze, im erschöpften Tiefschlaf.
Eine Zeit lang sah er sie nur an. Auch er hatte die Nachrichten gesehen. Der Anblick der Bilder hatte ihn gelähmt. Sein Mund war völlig ausgetrocknet gewesen und seine Knie hatten tatsächlich ihren Dienst versagt. Er wusste, wie oft sie ihrem eigenen Tod und dem Tod anderer ins Gesicht sah, und hatte diese Bedrohung bisher klaglos akzeptiert.
Doch an diesem Morgen hatte er hilflos mitansehen müssen, wie sie um ihr Leben kämpfte, hatte die Angst und die Entschlossenheit in ihrem Blick gesehen. Und gelitten.
Jetzt war sie hier, zu Hause, eine Frau, die weniger aus Rundungen als vielmehr Knochen und Muskulatur bestand, deren Haare unbedingt wieder ordentlich geschnitten werden müssten und die in uralten, abgewetzten Stiefeln durch die Gegend lief.
Er nahm auf dem Rand des Bettes Platz und legte eine Hand über ihre locker auf der Decke ausgespreizten Finger.
»Gleich bin ich wieder munter«, murmelte sie schläfrig.
»Das sehe ich. Es würde mich nicht wundern, wenn du gleich noch mit mir Rumba tanzt.«
Sie brachte es tatsächlich fertig und lachte leise auf. »Könntest du vorher vielleicht noch das Bleigewicht von meinem Hintern nehmen?«
Roarke schob Galahad eine Hand unter den Bauch und strich ihm mit der anderen über das vor Zorn gesträubte Fell. »Du hast einen ziemlich anstrengenden Tag gehabt, Lieutenant. Du warst auf sämtlichen Kanälen in den Nachrichten.«
Sie rollte sich auf den Rücken, schlug jedoch nicht sofort die Augen auf. »Ich bin froh, dass ich es nicht gesehen habe. Dann weißt du also von der Sache mit Cerise.«
»Ja, während ich meine erste Besprechung vorbereitet habe, lief gerade Channel 75. Ich habe demnach alles direkt miterlebt.«
Sie hörte die Anspannung in seiner Stimme, öffnete die Augen und blickte ihn an. »Tut mir Leid.«
»Sicher wirst du mir erklären, du hättest nur deinen Job gemacht.« Er setzte den Kater auf die Seite und strich ihr ein paar Haare aus der Wange. »Aber das, was du getan hast, war wesentlich mehr. Sie hätte dich mit sich in die Tiefe reißen können.«
»Dazu war ich nicht bereit.« Sie
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