Bis Mittwoch unter der Haube
ein, dass sie auf diese Art sicher jemandem zu einem unvorteilhaften Foto verhalf. Blake würde morgen darüber den Kopf schütteln.
Aber die Person auf der Schwelle war kein Reporter oder Fotograf auf der Jagd nach einem Foto und ein paar Dollar.
Es war viel schlimmer: Vor der Tür stand Vanessa.
Die Frau, die Sam fixierte, war das genaue Gegenteil von ihr. Ein derart intensives Blond konnte man nicht in Tuben kaufen. Das helle Haar umrahmte ein Gesicht mit hohen Wangenknochen und umwerfenden blauen Augen. Ein exquisiter Seidenrock, der sicher nie auf einer Stange in einem Kaufhaus gehangen hatte, umspielte Vanessas lange Beine.
Blake hatte einen guten Geschmack, das musste man ihm lassen.
»Sie wissen, wer ich bin.« Vanessa van Buren war nicht die Art sitzengelassene Geliebte, der Samantha zugetraut hätte, bei ihr aufzukreuzen. Von jemandem wie ihr hätte sie eher giftige Blicke aus der Distanz erwartet. Aber einfach an ihre Haustür zu klopfen – dazu gehörte schon etwas. Ein Besuch der aufbrausenden, temperamentvollen Jacqueline hätte Sam weniger überrascht.
»Und Sie wissen, wer ich bin.«
Vanessa musterte Sam von oben bis unten, dann kräuselte sie hämisch die Lippen. Vanessa trug Gucci, Samantha Klamotten vom Wühltisch. Lange vor dem Skandal um Sams Vater hatte eine Freundin ihr den guten Rat gegeben: »Wenn du in die Schlacht ziehst, dann nur mit einem Waffenarsenal.« Samantha und eine Rivalin aus der Highschool hatten sich damals für denselben Jungen interessiert. Von diesem Tag an war Samantha nie wieder ohne komplettes Make-up und mindestens ein Designerstück am Leib aus dem Haus gegangen.
Sie betrachtete ihre Baumwollshorts und das T-Shirt mit dem Aufdruck LÄUFER L ( I ) EBEN LÄNGER und hätte sich am liebsten die Haare gerauft.
»Wollen Sie mich nicht hereinbitten?«
Träum weiter, Baby. »Ich wüsste nicht warum.«
Vanessa machte unbeirrt einen Schritt nach vorn und schob sich an Samantha vorbei. Um sie daran zu hindern, hätte Sam sie festhalten müssen. Aber das Bild, das die Zeitungen dann drucken würden, würde weder ihr noch Blake gefallen.
Samantha schloss die Tür und baute sich vor Vanessa auf. »Bis hierher und nicht weiter.«
»Keine Angst, es dauert nicht lange.« In Vanessas Stimme schwang unterdrückte Wut, ihr Blick schweifte durch den Raum.
»Was findet Blake bloß an Ihnen?«
Sam verschränkte die Arme vor der Brust. »Sind Ihre Krallen immer ausgefahren oder ziehen Sie sie nachts manchmal ein?«
»Nett. Wissen Sie, dass wir erst vor zwei Wochen zum letzten Mal miteinander geschlafen haben?«
Samantha lagen mehrere Antworten auf der Zunge. Aber sie schluckte sie ungesagt hinunter. »Blake und ich wollten niemandem wehtun.« Sam gab sich die allergrößte Mühe, sich Blake und Vanessa nicht zwischen den Laken vorzustellen.
»Blake tut allen Menschen weh … früher oder später. Das werden Sie sicher bald herausfinden.«
»Ich glaube, Sie gehen jetzt besser.« Samantha wusste nicht, wie lange sie noch höflich bleiben konnte. Vor ihr stand keine liebeskranke Frau, sondern eine Schlange, die gleich vorschnellen und zubeißen würde.
»Weiß er von Ihrem Vater? Von Ihrer unrühmlichen Familiengeschichte, Ihrer geheimen Vergangenheit?«
Samanthas Kiefer spannte sich. Sie grub die Nägel in die Arme. »Blake weiß alles.«
Vanessa musterte sie kühl. »Wirklich alles? Sind Sie sich da ganz sicher?«
Sam hatte nichts zu verbergen. Zumindest fast nichts. Ihre Schuldgefühle, was den Niedergang ihrer Familie betraf, gingen niemanden etwas an. »Sie hören sich an wie eine sehr verzweifelte Frau, Vanessa. Diese Rolle steht Ihnen nicht.«
Vanessas Feixen fiel in sich zusammen. »Verzweifelt? Ich? Iwo. Das gilt doch wohl eher für Sie: Sie sind geradezu ein Paradebeispiel der Verzweiflung.«
»Ding, ding. Diese Runde ist offiziell beendet.« Samantha hielt die Haustür weit auf. Im Moment war es ihr völlig egal, wer sie knipste. »Und jetzt raus hier. Oder Ihre Pradas machen Bekanntschaft mit meinen Nikes.«
Samantha schlug das Herz bis zum Hals. Sie hatte tatsächlich gute Lust, kräftig zuzutreten.
»Vorsicht. Sie wissen nicht, mit wem Sie sich da anlegen.«
Samantha rückte so nahe an Vanessa heran, dass sie sich beinahe berührten. »Und Sie haben keine Ahnung, wozu ich fähig bin, Teuerste. Als Blake mir von Ihnen erzählt hat, taten Sie mir ein kleines bisschen leid. Aber das war offenbar Zeitverschwendung. Ich frage mich, wie er überhaupt mit Ihnen
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