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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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nervös, dass es für uns beide reicht.« Willow fragt sich, ob es wehtun wird, und muss fast lachen, weil es so ironisch ist, dass ausgerechnet sie sich über so etwas Gedanken macht.
    Es tut weh. Sie zuckt unwillkürlich zusammen, aber Guy ist derjenige, der erschrocken die Luft einzieht. »Tut mir leid! Hab ich dir wehgetan? Das wollte ich nicht …«
    Sie legt ihm die Hand auf den Mund. »Es hat nur ganz kurz wehgetan«, beruhigt sie ihn. »Nur ganz kurz.« Und dann spürt sie, wie unfassbar gut es sich anfühlt, was nach dem kurzen Schmerz kommt, und in dem Moment weiß sie, dass kein Schmerz der Welt jemals besser sein kann als das.

KAPITEL FÜNFZEHN
    Persephone weilt in den Schatten des Hades, ist unter ihnen, aber keine von ihnen …
    Eventuell Bezug darauf nehmen, dass ihre Mutter als Erntegöttin für die Fruchtbarkeit der Erde zuständig ist und es als eine Art Solidaritätsbekundung verstanden werden kann, wenn sie (Persephone) die Kerne eines Granatapfels isst – der ja symbolisch für Fruchtbarkeit steht –, obwohl es bedeutet, dass sie deswegen in der Unterwelt bleiben muss …
    Oh Mann, wen soll das interessieren?
    Willow schaut seufzend auf die Notizen, die sie sich vor ein paar Tagen in der Bibliothek gemacht hat. Sie sind völlig nutzlos. Trotzdem ist es immer noch besser zu versuchen, irgendeinen Sinn aus ihnen zu ziehen, als auf einen schwarzen Bildschirm zu starren. Sie kann sich noch nicht einmal dazu durchringen, den Computer einzuschalten. Aber wenn sie nicht bald etwas zustande bringt, hat sie ein ernstes Problem. Sie muss den Bulfinch -Essay gleich in der ersten Stunde abgeben und hat noch keine einzige Zeile geschrieben.
    Sie schiebt das Notebook von sich, greift nach ihrer Tasche, holt den Zettel heraus, den ihre Mutter der Haushälterin geschrieben hat, und streicht ihn auf der Schreibtischplatte glatt. Es kommt ihr immer noch seltsam vor, dass so etwas Kleines und eigentlich Bedeutungsloses die Macht besitzt, sie in ihrem Innersten so zu erschüttern.
    Ist sie jetzt so weit, dass sie ohne ihre Krücke weitergehen kann?
    Sie zieht die Schreibtischschublade auf, holt eine der Rasierklingen heraus und legt sie neben den Zettel ihrer Mutter auf den Tisch.
    Wie wird es dann sein?
    Sie betrachtet die matt schimmernde Metallklinge, lässt den Blick anschließend zu der schon etwas verblassten Handschrift ihrer Mutter wandern und fragt sich, ob wieder diese Flut von Tränen kommen wird, wenn sie sie liest, und wenn ja, ob sie den Schmerz noch einmal aushält.
    Oh Gott, ich hoffe es so sehr!
    Aber eigentlich weiß sie bereits, dass es nicht so sehr die Nachricht selbst ist, sondern der kleine Nachsatz. Er hat sie wieder spüren lassen, dass im Leben eines anderen Menschen ihr Wohlergehen einst an erster Stelle stand. Einst – und jetzt nicht mehr. Trotzdem hat sie es irgendwie geschafft, diesem Gefühl standzuhalten, ohne auf ihr altbewährtes Hilfsmittel zurückzugreifen.
    Vielleicht gibt es ja auch noch einen anderen Grund, warum sie sich dieses Mal nicht gegen diesen Schmerz gewehrt hat. Vielleicht hat sie ihn zugelassen, weil sie sich erlaubt hat, etwas für jemand anderen zu empfinden, jemanden zu lieben . Und vielleicht hat seine Liebe es ihr ermöglicht, die Trauer schließlich doch auszuhalten.
    Willow steht vom Schreibtisch auf, stellt sich vor die Kommode und betrachtet sich in dem darüber hängenden Spiegel.
    Sie findet nicht, dass sie verändert aussieht. Sollte etwas so Tiefgreifendes, etwas so Lebensveränderndes nicht sichtbare Spuren hinterlassen? So deutlich wie die der Rasierklingen?
    Sie zieht ihr T-Shirt ein Stück nach oben und untersucht die Narben auf ihrem Bauch. Sie verblassen allmählich, und im gedämpften Licht der Schreibtischlampe sind ihre Konturen kaum auszumachen, nur die Erinnerung, wie er sie mit Küssen bedeckt hat, ist allgegenwärtig.
    Oh. Es hört tatsächlich nicht am Schlüsselbein auf, wenn ich rot werde …
    Sie zieht das Shirt wieder runter und betrachtet noch einmal ihr Gesicht. Ihre Haare sind immer noch offen, sie hat sie seit dem Besuch im Haus ihrer Eltern nicht mehr zum Zopf geflochten. Jetzt fragt sie sich, ob sie sie wirklich nur deswegen die ganzen Monate so getragen hatte, weil es praktischer war. Vielleicht war es der unbewusste Versuch, in eine frühere Zeit zurückzukehren. Sie streicht sich die Haare hinter die Ohren und konzentriert sich auf ihre Augen. Möglicherweise hat sich ja doch etwas an ihr verändert, etwas, das sie selbst

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