Bis unter die Haut
hält.
Noch schlimmer sind die verwirrten Blicke, die sich die anderen Mädchen zuwerfen.
»Also …«, Laurie setzt ihre Baseballkappe ab, rollt sich auf die Seite und stützt den Kopf in die Hand, »… meine Schwester arbeitet ehrenamtlich in einem Tierheim, falls du wirklich an einer Katze interessiert sein solltest.«
Willow nickt. Sie spürt genau, dass die Mädchen sie komisch finden. Sie versuchen, sich nichts anmerken zu lassen, bieten ihr sogar ihre Hilfe an, aber hinter ihrem Rücken verdrehen sie die Augen und sind heilfroh, dass sie nicht so durchgeknallt sind wie sie.
»Sorry …« Willow rappelt sich umständlich auf. Sie kann keine Minute länger bei ihnen sitzen bleiben. »Ich muss …« Was muss sie? Ihr fällt nichts ein, was sie sagen könnte. Aber eigentlich ist es auch egal.
»Wir sehen uns ja dann in Geschichte«, murmelt Willow, bevor sie sich umdreht und schnell davongeht.
»Ja klar«, ruft Claudia ihr verwundert hinterher.
Als Willow im Schulgebäude ist, überlegt sie, was sie jetzt machen soll. Sie hat noch ein bisschen Zeit, bevor ihre nächste Unterrichtsstunde anfängt, aber keine Ahnung, wohin sie bis dahin gehen soll. Weder die Bibliothek noch die Cafeteria kommen infrage.
Okay, sie weiß zwar nicht, wohin sie gehen soll, dafür weiß sie aber, was sie tun möchte.
Allerdings hat sie ein bisschen Sorge, ob es überhaupt klappen wird. Die Wunden an ihren Armen sind so zahlreich, dass man praktisch Malen nach Zahlen mit ihnen spielen kann. Sie wird warten müssen, bis ein paar von ihnen verheilt sind, bevor sie dort weitermachen kann. Und ihre Beine? Sie hat eine Jeans an – ziemlich umständlich, die erst mühsam ausziehen zu müssen. Und wenn sie es am Bauch macht, bleibt ihre Bluse daran kleben. Willow schüttelt den Kopf. Sie muss für solche Eventualitäten besser vorsorgen. Morgen zieht sie ein Sweatshirt an.
Aber so verzweifelt sie auch ist, allein schon daran zu denken, es zu tun, beruhigt sie ein bisschen und lässt sie vergessen, wie peinlich der Vorfall von eben gewesen ist.
Zielstrebig steuert Willow die Toilette an, aber zu ihrer Enttäuschung ist sie dort nicht allein. Zwei Mädchen stehen bei den Waschbecken und rauchen. Noch etwas, das eigentlich verboten ist, aber weit akzeptabler.
Willow bleibt unsicher stehen. Und jetzt? Sie könnte warten, bis die beiden gehen, aber wer weiß, wie lange das noch dauern wird. Während sie noch nachdenkt, drückt eines der Mädchen ihre Zigarette im Ausguss aus und zündet sich direkt die nächste an.
»Auch eine?« Sie hält Willow das Päckchen hin.
Willow schüttelt den Kopf. Dabei könnte sie genauso gut rauchen. Warum tut sie es eigentlich nicht? Weil Zigaretten zwar schädlich sind, aber auch eine Art Lustgewinn schaffen und außerdem …
dauert es Jahre, bis der Nikotinkonsum einem wirklich Schmerzen zufügt …
Als sie wieder auf dem Gang steht, der zum Glück voll kommen menschenleer ist, blickt sie sich ratlos um. Dann fängt sie an zu laufen. Sie weiß weder, wohin sie will, noch, wohin dieser Gang führt, sie weiß nur, dass sie sich bewegen muss, wenn sie nicht auf der Stelle explodieren will.
Sie läuft immer schneller, ihre Beine tun weh, und plötzlich merkt sie, dass sie rennt, dass sie den Gang hinunterrast. Scheiß auf die Schulordnung. Sie bekommt Seitenstechen und mit jedem Schritt schneiden die Schulterriemen ihres Rucksacks ein bisschen schmerzhafter in ihre Schultern.
Aber das ist gut so. Nicht so gut wie eine Rasierklinge, aber unangenehm genug, um sie von ihrer inneren Not abzulenken.
Leider ist der Gang viel zu schnell zu Ende. Wütend starrt Willow die Backsteinwand an, vor der sie steht. Wenn es nicht so ein Klischee wäre, würde sie mit ihren Fäusten dagegen trommeln.
Wenn es nicht so ein Klischee wäre und wenn zer schrammte Hände nicht so schwierig zu verstecken wären.
Stattdessen lehnt sie sich keuchend an die Wand, konzentriert sich auf den brennenden Schmerz in ihren Lungen und versucht herauszufinden, ob durch den Spurt ein paar Krusten an ihren Beinen aufgeplatzt sind.
Prüfend reibt sie mit der Schuhspitze über ihre Wade.
Treffer! Willow schaut hinunter und sieht, wie ein kleiner Blutfleck durch den Jeansstoff sickert. Er ist klein und wird niemandem auffallen, aber …
Plötzlich legt sich eine Hand auf ihre Schulter. Wie aus weiter Ferne dringt eine besorgte Stimme an ihr Ohr. Sie hebt den Blick und schaut direkt in das Gesicht von Mr Moston, ihrem Physiklehrer.
Er
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