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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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fügt sie unnötigerweise hinzu.
    »Okay.« Chloe nickt ihr aufmunternd zu. »Und hey, falls dir danach ist, kannst du, wenn du hier fertig bist, ja noch zu uns stoßen. Wir sind da unten in der kleinen Einkaufsmeile zwei Straßen weiter.« Sie zeigt in die beschriebene Richtung.
    »In Ordnung.« Willow zwingt sich zu einem Lächeln. »Und ich drück dir die Daumen, dass du die roten Schuhe kriegst, Laurie. Die passen bestimmt super zu deinen Haaren – also, wenn du dazu gekommen bist, sie dir zu färben.«
    »Danke.« Laurie erwidert das Lächeln. »Wenn ich welche finde, zieh ich sie morgen auf jeden Fall in die Schule an.«
    Willow schaut ihnen noch einen Moment lang nach, bevor sie sich umdreht, um in das Antiquariat zu gehen.
    Aber es ist, als würde eine Glasscheibe zwischen ihr und dem Eingang aufragen.
    Es fällt ihr unglaublich schwer, diese paar kleinen Schritte zu tun, die sie von der Tür trennen. Natürlich hatte sie gewusst, dass es nicht einfach werden würde, aber sie war überzeugt, irgendwie klarzukommen. Plötzlich wird ihr bewusst, dass sie bisher immer nur in Begleitung ihrer Eltern hier gewesen ist.
    Eine Weile steht sie wie gelähmt da und beobachtet die Kunden, die den Laden betreten oder verlassen. Angenommen, sie würde auf einen von ihnen zugehen – zum Beispiel den süßen Typen, der gerade reingeht – und ihn fragen, ob sie sich wie eine ältere Dame bei ihm unterhaken dürfe und er sie die wenigen Schritte bis zum Eingang begleiten könne? Würde er sie anschauen, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank? Wahrscheinlich. Aber selbst wenn er es tun würde – würde es überhaupt reichen?
    Sie denkt kurz daran, die ganze Sache einfach abzublasen, hinter Chloe und Laurie herzurennen und ihnen bei der Suche nach den roten Schuhen mit den Pfennigabsätzen zu helfen. Aber sie sind schon längst außer Sicht und außerdem will sie jetzt so kurz vor dem Ziel nicht kneifen …
    Viel Zeit hat sie auch nicht mehr.
    Okay, komm schon, tief durchatmen …
    Sie ist sich sicher, tatsächlich wie eine gebrechliche alte Frau auszusehen, als sie die wenigen Meter in Angriff nimmt. Noch nie hat sie so lange gebraucht, um eine so kurze Strecke zurückzulegen. Jemand hält ihr die Tür auf, aber es geschieht nicht mit der ganz alltäglichen Beiläufigkeit, mit der man anderen sonst die Tür aufhält, sondern so, als würde derjenige spüren, wie schlecht es ihr geht.
    »Danke«, sagt Willow. Sie bewegt sich nicht nur wie eine alte Frau, sie klingt auch wie eine!
    Sie schaut sich um. Nichts hat sich verändert, seit sie das letzte Mal hier gewesen ist. Wahrscheinlich hat sich hier schon seit fünfzig Jahren nichts mehr verändert, aber irgendetwas an dieser Beständigkeit stört sie. Dass der Tod ihrer Eltern diesen Ort völlig unberührt gelassen hat, wo er doch ein so fester Bestandteil ihres Lebens gewesen ist, erscheint ihr nicht richtig.
    Als sie ein paar Schritte weitergeht, ist sie einen Moment lang überwältigt von den Gerüchen, dem dichten Gedränge und ihren Erinnerungen. Aber dann geht es wieder und sie spürt, dass sie damit klarkommen wird. Hauptsache, sie findet Davids Buch.
    Willow steuert die anthropologische Abteilung an – sie hätte sie mit verbundenen Augen gefunden – und holt den Zettel heraus, auf dem sie den Namen des Autors notiert hat.
    Harrison, J. E.
    Sie atmet auf. Wenigstens steht es nicht in der Nähe der Bücher, die ihre Eltern geschrieben haben.
    Nachdem sie es eine Weile erfolglos in den entsprechenden Regalen gesucht hat, muss sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass es womöglich nirgends steht.
    Na, toll. Jetzt muss ich auch noch mit einem Verkäufer sprechen.
    Willow geht zur Information und reicht den Zettel dem Typen, der dahinter sitzt. Er ist höchstens fünf oder sechs Jahre älter als sie. Aber er sieht irgendwie nicht so aus, als würde er Bücher lieben. Jedenfalls liest er kein Buch, sondern eine Musikzeitschrift.
    »Was gibt ’ s?« Er scheint sich nur ungern bei seiner Lektüre stören zu lassen. Sie lächelt, als sie sich daran erinnert, wie Guy die Mitarbeiter beschrieben hat.
    »Ich hab dieses Buch hier leider nirgends finden können«, sagt Willow so freundlich wie möglich. »Könnte es sein, dass ihr es trotzdem irgendwo habt? Vielleicht oben bei den Raritäten?«
    »Moment«, sagt der Typ und beißt schnell von einem Sandwich ab, das neben ihm liegt. »Welcher Fachbereich? Was steht da? Anthropologie? Archäologie? Theologie?« Mit

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