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Bis unter die Haut

Bis unter die Haut

Titel: Bis unter die Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Hoban
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jetzt nur noch mit einer Hand festhalten kann. »Was hast du?«
    »Alles in Ordnung, ich …« Sie richtet sich wieder auf. Der Schmerz ist weg. Sie hat keine Ahnung, warum, ist aber einfach nur froh, dass es so ist. »Ich bin bloß ein bisschen …« Sie sucht nach einer plausiblen Erklärung. Kopfschmerzen würde er ihr nicht abkaufen. »Ich bin nur total müde, das ist alles. Ich glaub, wir … ich leg mich oben in meinem Zimmer ein bisschen hin.« Das »Wir« lässt sie kurz zusammenzucken, und sie fragt sich, ob David oder Guy es mitbekommen haben, aber David hat sich schon wieder Isabelle zugewendet.
    »Komm, wir gehen in mein Zimmer«, sagt sie zu Guy, der sich bis jetzt dezent im Hintergrund gehalten hat.
    Völlig ausgelaugt geht sie vor ihm die Treppe hinauf. Der kleine Vorfall von eben hat ihr den Rest gegeben, und sie hat das Gefühl, eine ganze Woche lang schlafen zu können. Sie wirft ihrem Bett einen sehnsüchtigen Blick zu, als sie ins Zimmer treten, und fragt sich, wie Guy reagieren würde, wenn sie sich einfach unter der Decke zusammenrollen und die Augen schließen würde.
    Stattdessen setzt sie sich an ihren Schreibtisch und Guy aufs Bett. Er legt sich zwar nicht unter die Decke, macht es sich aber gemütlich und lehnt sich in die Kissen zurück. Sie wendet den Blick ab, weil es ihr irgendwie unangenehm ist, ihn halb liegend auf ihrem Bett zu sehen.
    Doch obwohl sie alles andere als entspannt ist und ihr von dem, was gerade passiert ist, immer noch der Kopf schwirrt, ist sie sich ihrer Gefühle plötzlich ganz sicher. Sie kann sich nicht aus reinen Vernunftgründen gegen ihn entscheiden und sich weiterhin einreden, dass die einzige Beziehung, zu der sie fähig ist, die mit der Rasierklinge ist. Abgesehen davon ist sie gar nicht in der Lage, eine solche Kopfentscheidung zu treffen. Sie kann nicht anders, als sich zu wünschen, mit ihm zusammen zu sein.
    »Also vorhin im Park …«, sagt Guy. »Ich hab mich gefragt, ob du die Kopfschmerzen vielleicht deswegen vorgeschützt hast, weil –«
    »Ach so, ja«, unterbricht Willow ihn. »Ich war nur …« Sie würde ihm so gern erklären, dass sie sich deswegen so überstürzt verabschiedet hat, weil sie die Erinnerung an ihren Kuss und an das, was sonst im Magazin passiert ist, überwältigt hatte. Aber ihm das zu gestehen, würde sie fast so aufwühlen wie das Geschehen selbst. »Ich war nur … Also ich hatte nicht vor, irgendwelchen Blödsinn anzustellen.« Sie geht davon aus, dass er sich Sorgen gemacht hat, sie könnte deswegen so abrupt aufgebrochen sein, weil sie sich schneiden wollte.
    »Das meinte ich nicht. Ich meinte, ob du wirklich Kopfschmerzen hattest oder mir nur aus dem Weg gehen wolltest. So oder so warst du, keine Ahnung … irgendwie ganz schön unhöflich.« Seine sonst so sanfte Stimme klingt ziemlich hart, und sie glaubt, auch noch einen anderen Unterton herauszuhören.
    »Ich war … was?« Sie blinzelt erstaunt. Sie weißt selbst, dass ihr Verhalten auf ihn seltsam gewirkt haben muss, aber es gleich als unhöflich zu bezeichnen?
    »Wolltest du mir denn aus dem Weg gehen?«
    Er klingt wütend und verletzt. Sie würde ihn gern beschwichtigen, ihm beteuern, dass ihr der gemeinsam verbrachte Tag nicht mehr aus dem Kopf geht und dass sie jetzt nichts lieber tun würde, als sich mit ihm unter die Decke zu kuscheln. Aber die Worte bleiben ihr im Hals stecken und stattdessen sagt sie bloß: »Es ist einfach alles so kompliziert … Ich meine, du bist kompliziert und … und schwierig …«
    » Ich soll kompliziert sein? Ich soll schwierig sein?«, fragt er ungläubig. »Bist du jetzt völlig übergeschnappt?«
    »Anscheinend«, antwortet Willow unglücklich.
    »Glaubst du etwa, du wärst nicht kompliziert und schwierig?« Guy spricht weiter, als hätte er sie nicht gehört. »Glaubst du, es wäre einfach, mit dir klarzukommen? Glaubst du wirklich, dass das, was passiert ist, nachdem wir uns geküsst haben, völlig normal ist?«
    »Nein! Und das hab ich auch nie behauptet.« Sie schüttelt heftig den Kopf. Natürlich weiß sie, dass er recht hat, trotzdem ist sie verletzt. Hat er wirklich nicht mehr von ihrem gemeinsamen Tag in Erinnerung behalten, als dass alles kompliziert und schwierig ist? Hat er gar nichts von dem gefühlt, was sie gefühlt hat? »Aber ich dachte, dass … dass es dir vielleicht ein bisschen Spaß gemacht hat …«
    Spaß? Spaß! Wie es aussieht, bist du rhetorisch wieder an dem Punkt angekommen, an dem du genauso gut

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