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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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Mannesmann, und dann entlassen sie ihre Leute. Im Hosen-Kosmos sitzen aber jetzt Leute an den Hebeln, die meist sehr früh zu uns gestoßen sind. Männer und Frauen der ersten Stunde, die als Fans und Freunde hospitierten, wie Faust und Elmar und Patrick und Kiki. Kiki war am Anfang einer dieser Fans, die uns hinterhergereist sind. Irgendwann wurde er eingespannt, uns unterwegs zu helfen, und heute ist er unser Tour-Veranstalter, Chef einer eigenen Firma namens »KKT« (Kikis kleiner Tournee-Service).
    Drei Dinge muß der Mensch haben, der bei uns einsteigt. Er/sie sollte erstens nicht nur mit uns trinken können, son-

    Weihnachten im Kreis der Lieben:
    Wir mit Bollock, Kiki, Jon, Faust, Elmar und Frank
    dem auch das Kotzen mit Gelassenheit ertragen. Er sollte zweitens im Notfall dazwischengehen, wenn einem aus der Hosen-Crew Übles widerfährt. Und drittens sollte er über sich selber lachen können, sonst wäre er bei uns schnell beleidigt - weil wir ihn nämlich genauso selten ernst nehmen werden wie alles andere.
    Wie haben wir zum Beispiel damals über Jochen gegrinst! Manager einer Punkband - der Mann mußte doch einen an der Waffel haben! Das hieß aber auch: er paßte zu uns. Einige harte Jahre lang hat Jochen sein eigenes Blut für uns gespendet, bevor er als gleichberechtigter Vampir von unseren Erfolgen saugen konnte. Wir haben bis heute keine einzige schriftliche Abmachung mit ihm, alles wird mündlich geregelt. Das geht nur, wenn einer im Kern genauso bescheuert ist wie wir selbst. Ja, auf seine Art war Jochen am Anfang sogar schlimmer. Vor ein Uhr mittags lag er einsatzunfähig zuhause, wahrscheinlich in einem Sarg, und ab nachmittags kochte er auf fünfzehn Feuern gleichzeitig. Dann mußten wir ihn suchen.
    Wer der größere Punk von uns war, Manager oder Band, blieb unentschieden. Es lief fast alles genau anders als im klassischen Rock’n’Roll-Film: die Musiker ernsthaft, pünktlich und akkurat und der Manager unzuverlässig und verspätet. Eines Tages gab es einen historischen Krach zwischen ihm und Campi, und beide gingen mit roten Köpfen aufeinander los. Ein paar Tage später trafen sie sich auf ein Bier und sind seitdem dicke miteinander. Campi machte damals deutlich, daß Jochen uns als die Numero Uno in seinen Arbeitsalltag einzubauen hätte, und diese Botschaft hatjochen verstanden. Er und Campi sind heute eine Fraktion, so wie Kuddel und Wölli eine sind (interner Slang: »Das Säuferzimmer«) oder wie Breiti und ich. Fraktionen, wohlgemerkt, die je nach Lage auch mal wechseln können, nicht »Flügel« oder »Parteien«.
    Es gibt nach wie vor Tage, wo wir uns völlig in die Wolle geraten; vielleicht wird es heute mittag schon wieder so, wenn wir uns bei Patrick im Büro über die Fotos zur CD beugen. Kein Problem ist zu gering, um uns nicht vorübergehend in fünf, sechs verfeindete Lager zu spalten. Wenn es darauf ankommt, sind wir aber immer noch eine feste Koalition. Keine Ahnung, was uns immer wieder zusammenbringt. Man sollte vielleicht mal Kiki fragen, der uns seit den Anfängen auf Tour begleitet hat.
    Weißt du es, Kiki?
    »Vielleicht. Erstmal ist es ja nie so schlimm, wie es sich hier anhören mag. Ich bin sechs Jahre lang mit anderen Bands unterwegs gewesen, von den Ramones bis zu den Circlejerks und Adicts und wasweißich. Aber ich habe keine Combo erlebt, wo es intern noch so gut gestimmt hätte wie bei den Hosen. Oft genug reduziert es sich leider auch bei Punkbands darauf, daß eine Haltung als Business durchgezogen wird. Das ist hier nicht so, auch wenn vieles durch die größeren Dimensionen heute schwieriger zu leben ist. Das liegt eben auch an dieser gut strukturierten Anarchie.
    Campi dominiert deutlich bei allen Debatten in der Band, das macht aber eigentlich nichts. Wenn es darauf ankommt, zu entscheiden, zählt jede Stimme gleichviel. Wo es um zentrale Dinge geht, schalten sich auch die Stilleren, Kuddel und Wölli, in das Palaver ein. Das funktioniert ganz gut, und wenn wir irgendwo auf Tour sind, landen die acht bis zehn Leute vom innersten Kreis sowieso und jeden Abend wieder am gleichen Tisch.
    Ich bin aber nicht objektiv, und ich lege großen Wert darauf. Ich bin den Jungs anfangs als Fan hinterhergereist und hab mal im SO 36 in Berlin die Kasse gemacht. Dann hat mich

    Auf Tour in der Schweiz: Kiki und das Matterhorn
    Jochen in die Sache reingezogen. Das ist wörtlich gemeint: Er zog mich in Jöllenbek durch das Fenster dieses Jugendzentrums, damit ich nicht

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