Bis zum bitteren Ende
die Deckerin.
Ein paar Augenblicke verstrichen, und Ryan zog bereits an den Steuerseilen seines Fallschirms, um das Stadion nicht zu verfehlen, als er den Blitz sah. Einen Sekundenbruchteil vor dem Knall schoß am Kopfende des Sees eine rotweiße Stichflamme in die Höhe. Dann rollte der Donnerschlag über ihn hinweg, ohrenbetäubend und tief. Eine gewaltige Explosion zerriß das dunkle Gefüge der Nacht.
Genau zum richtigen Zeitpunkt.
Ryan hatte früher schon Menschenmengen auf eine Explosion reagieren sehen. Diejenigen in der Nähe des Sees flohen und versuchten nur, sich so weit wie möglich vom Schauplatz der Zerstörung zu entfernen. Doch einige hundert Meter weiter weg gerieten die Leute lediglich in Panik und versuchten wegzukommen, wußten aber nicht, wohin sie sich wenden sollten. Massenhysterie.
Ryan beobachtete, wie die Leute durcheinanderliefen und die Langsamen und Schwachen niedertrampelten, jene, die nicht rechtzeitig Platz machten. Soldaten versuchten sie zu beruhigen, so daß sie durch die Menge und zum Damm gelangen konnten, der jetzt Wasser spie.
»Seht euch die Menge im Zentrum an«, rief Talon. »Dort reagiert niemand.«
Als Ryan seine Aufmerksamkeit dorthin verlagerte, sah er, daß Talon recht hatte. Die Leute im Zentrum der Menge hatten sich nicht gerührt. Es war so, als hätten sie die Explosion nicht gehört. Nur jene außerhalb des Flußbetts und jene, die am weitesten vom Tempel entfernt waren, hatten reagiert.
»Sie stehen unter irgendeinem Bann«, vermutete Talon.
»Das ist unwichtig«, sagte Ryan. »Die Ablenkung hat ihren Zweck erfüllt. Konzentriere dich jetzt auf die Landung. Ein verstauchter Knöchel hätte uns gerade noch gefehlt. Wir brauchen deine Fähigkeiten, aber ich will dich nicht von hier wegtragen müssen.«
Unter ihm landete Grind. Der Zwerg rollte sich ab und benutzte den dritten Arm in seiner Brust, um sich abzustützen und rasch aufzuspringen. Er ließ den Vorgang leicht aussehen. Axler landete als nächste, indem sie im letzten Augenblick noch einmal hochzog, um so sanft wie möglich aufzusetzen. Talon hätte beinahe Grind getroffen, aber seine Landung verlief ebenfalls ziemlich glatt.
Ryan war der letzte. Er federte den Aufprall in den Knien ab und blieb stehen. »Schneidet die Schirme ab und versteckt sie«, ordnete er an. »Wir werden sie nicht mehr brauchen.«
Jane meldete sich. »Geht durch den Südtunnel und schneidet den Zaun durch. Ich habe die Überwachungskameras dort ausgeschaltet, und im Augenblick achtet ohnehin niemand auf das Stadion. Die Ablenkung hat perfekt funktioniert.«
»Verstanden«, sagte Ryan. »Ich übernehme die Führung.« Er erklomm die niedrige Steinmauer und ging in den Tunnel gefolgt von Grind, Talon und Axler, welche die Nachhut bildete.
Ryan durchschnitt den Zaun, dann waren sie hindurch und überquerten raschen Schrittes einen Parkplatz, der mit Anhängern und alten Kirmesfahrzeugen zugestellt war. Überall liefen verwirrte und verängstigte Leute durcheinander.
Niemand achtete auf Ryan und die anderen.
Sie überquerten eine Straße und eine kleine Wiese, während sie sich der Teocalli näherten, die sich aus dem dunklen Gras erhob wie ein Berg aus behauenem Fels. Der Tempel und der Locus strömten einen Geruch nach Mana aus, der für Ryan fast greifbar war. Er lag wie ein schwerer Umhang in der Luft.
Die Teocalli war nicht durch einen Zaun geschützt. Die erste Stufe der Pyramide ragte sieben oder acht Meter hoch aus dem Boden. Ryan sah ein paar Wachen und Beobachtungskameras oben auf der ersten Stufe. Die Wachen machten einen aufmerksamen Eindruck und beobachteten die Menge. Außerdem fielen ihm versteckte Waffen in getarnten Geschütztürmen auf - Minikanonen und Sturmgeschütze.
»Okay, Jane«, hauchte Ryan in sein Kehlkopfmikrofon. »Wir nähern uns dem Tempel. Wie kommen wir zu dem Hintereingang, den du erwähnt hast?«
»Er befindet sich auf der entgegengesetzten Seite vom Haupteingang. Er bildet das Ende eines langen Korridors, aber ich weiß nicht genau, wo er herauskommt.«
Ryan führte das Team auf die Rückseite der Pyramide, indem er unauffällig den Leuten auswich. Diese Seite war von dem Seebett abgewandt, in dem sich der Locus befand. Ryan betrachtete eingehend das Gestein der Tempelmauer, aber es war gleichmäßig glatt. Keine Spur von einem Hintereingang.
»Er könnte maskiert sein«, sagte Talon. »Durch intensivierte Magie.«
Ryan nickte kurz. Und er könnte überhaupt nicht in der Tempelmauer
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