Bis zum bitteren Tod (German Edition)
901. Die dazu angegebene St. Petersburger Adresse samt Telefon- und Faxnummer sowie E-Mail gehörte zu RUBIN, dem zentralen Konstruktionsbüro für Marinetechnik in Russland.
RUBIN-Wissenschaftler hatten jahrelang daran gearbeitet, die Kilo -Boote so leise wie möglich zu machen; jede Motoraufhängung, jedes bewegliche Teil, jede Vibration wurde genauestens unter die Lupe genommen, verbessert und schließlich zum Verstummen gebracht. Auf Tauchfahrt erzeugte dieses Boot nicht mehr Geräusche als ein eingeschalteter Computer.
Mit seinen 3000 Tonnen Verdrängung im getauchten Zustand konnte das Boot, stromlinienförmig optimiert, mit sechs Knoten durch die Tiefe gleiten und dabei so gut wie keine Geräusche von sich geben. Verringerte es die Geschwindigkeit auf unter fünf Knoten, war es völlig lautlos. Da solche Boote, anders als die großen Atom-U-Boote, keinen Reaktor an Bord hatten, der wiederum weiß Gott wie viele Geräusche erzeugende Hilfssysteme benötigte, gehörte die Kilo -Klasse mit zu den leisesten Unterwassereinheiten der Welt.
Dieses Meisterwerk russischer Marinetechnik hatte nur einen Schönheitsfehler. Er trat dann zutage, wenn die gewaltigen Akkumulatoren, die den Elektromotor antrieben, aufgeladen werden mussten.
Das Boot musste in diesem Fall auf Periskoptiefe, da die zwei Dieselaggregate wie jeder Verbrennungsmotor Sauerstoff benötigten. Die Dieselmaschinen waren nicht mehr zu überhören, der Schnorchel konnte vom Radar erfasst, die Dieselabgase »erschnüffelt« werden. Wenn es nicht aufpasste, war es sogar zu sehen. Und es gab keine Möglichkeit, das zu vermeiden.
U-Boote der Kilo -Klasse mussten bei hoher Geschwindigkeit alle 200 Seemeilen schnorcheln und ihre Akkumulatoren aufladen. Von einem zum anderen Ende des Mittelmeers mussten sie daher insgesamt zwölf Mal dieses Prozedere durchlaufen, bis der Atlantik erreicht war.
Natürlich waren die Erfassungssysteme der US-Navy auf modernstem Stand, die mächtigen Atom-U-Boote der Los-Angeles -Klasse konnten es allemal mit dem Boot russischer Bauart aufnehmen. Die Chancen, dass sich eine Kilo so weit einem amerikanischen Schiff näherte, um es versenken zu können, waren gering, solange höchste Wachsamkeit herrschte.
Trotzdem war der pensionierte, in Chevy Chase residierende amerikanische Admiral der Meinung, dass Irans U-Boot im Mittelmeer auf der Stelle zu versenken sei. Präsident Bedford neigte dazu, dem zuzustimmen, vor allem, weil es einem großen US-Atom-U-Boot möglich war, seinen Gegner verschwinden zu lassen, ohne selbst je geortet zu werden.
Entgegen landläufiger Meinung können U-Boote auf Tauchfahrt nicht mit der Heimatbasis Kontakt aufnehmen. Die einzige Kommunikationsform ist über Satellit, wozu das Boot allerdings kurz seinen Mast über die Wasseroberfläche schieben muss.
Alle U-Boote haben daher einen festgelegten täglichen Zeitpunkt, an dem sie auf Periskoptiefe kommen, meist mitten in der Nacht, und per Funkstrahl einem 35 000 Kilometer über der Erdoberfläche schwebenden Satelliten ihren Kurs, Geschwindigkeit und Position übermitteln. Dann empfangen sie auch neue Meldungen und verschwinden augenblicklich wieder in der Tiefe. Wenn diese Prozedur länger als 15 Sekunden dauert, hat jemand fürchterlich gepfuscht.
Daraus aber lässt sich auch eine schlichte Tatsache ableiten: Wird ein U-Boot von einem Torpedo getroffen, erfährt niemand, dass dies überhaupt geschehen ist. Das getroffene Boot sinkt auf den Meeresgrund, und einen ersten Hinweis auf sein Verschwinden bekäme man erst, wenn es sich nicht mehr per Funk meldet. Und das kann bis zu 24 Stunden nach dem Treffer sein.
Außerdem ist ein verpasster Funkspruch noch kein Grund für einen Großalarm. Es könnte technische Probleme geben, es könnte einfach nur aus Unachtsamkeit geschehen sein. Ein verpasster Funkspruch sorgt noch nicht für allzu große Besorgnis, niemand befürchtet, das U-Boot könnte mit Mann und Maus verloren sein. Aber was, wenn in der Nacht darauf ebenfalls keine Meldung eintrifft? Was bedeutet dies? Und was soll man daraufhin unternehmen?
So können nach der Versenkung des U-Boots gut und gern 48 Stunden vergehen. Der Feind kann sich in dieser Zeit mit 20 Knoten vom Ort des Geschehens davonmachen. Das entspricht einer Strecke von 880 Seemeilen. In jeder Richtung!
Damit ist die unglückliche Heimatbasis mit einem Suchgebiet konfrontiert, das Abertausende Quadratkilometer umfasst, möglicherweise in Gewässern, die zwei bis drei
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