Bis zum bitteren Tod (German Edition)
Bank im Aufenthaltsbereich, wo er auf den 19-Uhr-Zug nach Dublin wartete.
Nachdem er sein Picknick beendet hatte, ging er an den Schalter, um sich eine Einzelfahrkarte nach Dublin zu kaufen. Zwei Leute standen vor ihm in der Schlange, der Fahrkartenverkäufer schien sich ewig Zeit zu lassen. Die junge Frau vor ihm drehte sich zu ihm um. »Man könnte meinen, wir wollten hier alle nach China, was?«
Ravi lächelte. Sie war hübsch. Aber er versuchte ihren Blick zu meiden. Morgen in der Früh würde er der meistgesuchte Mann in Irland sein; er wollte nicht, dass sie der Polizei erzählte, sie wäre mit einem Mörder im Zug nach Dublin gefahren.
Er gab vor, ihre Sprache nicht zu sprechen, und antwortete ihr auf Arabisch, was wahrscheinlich ein noch größerer Fehler war. Ihre Unterhaltung war damit allerdings beendet, sie wandte sich ab, kaufte ihre Fahrkarte und ging davon. Am Schalter erstand er seine Fahrkarte. Doch dann klingelte das Telefon, der Angestellte ging ran, bevor er Ravi das Wechselgeld gegeben hatte.
Der Hamas-General hatte ihm einen 50-Euro-Schein gereicht und sich keine Gedanken über den Betrag – 28 Euro – gemacht. Wenn er sein Wechselgeld haben wollte, müsste er also jetzt vor dem Schalter warten, hinter dem eine Sekretärin noch immer bei ihrer Arbeit saß. Er nahm daher einfach seine Fahrkarte und kehrte zu seiner Bank zurück.
Drei Minuten darauf kam der Fahrkartenverkäufer ihn suchen und gab ihm seine 22 Euro Wechselgeld. Ravi dankte und vermied es, ihn dabei anzusehen, aber wahrscheinlich hatte er sich jetzt fest ins Gedächtnis des Fahrkartenverkäufers eingeprägt.
Die Fahrt nach Dublin führte durch die pittoresken Gegenden von Kilkenny und des County Carlow. Die Gleise folgten mehrere Kilometer dem Fluss Barrow, bevor sie sich durch Kildare wanden und dann entlang des Grand Canal nach Dublin führten. Ravi traf um 22.15 Uhr in der Heuston Station südlich des Liffey ein. Er verließ den Bahnhof, stellte sich in einen dunklen Ladeneingang und wählte Shakiras Nummer. Sie hielt sich in ihrem Zimmer im Merrion auf, sah fern und ging sofort ran.
»Schnell, Shakira«, sagte er, »ich bin in Dublin. Wir treffen uns morgen um elf bei der Moschee. Wo bist du?«
»Im Merrion, gleich um die Ecke zum St. Stephen’s Green.«
»Braves Mädchen. Komm nicht zu spät.«
Shakira war sprachlos. So viele Wochen hatte sie auf ihn gewartet, und jetzt sagte er einfach nur »braves Mädchen« und verschwand wieder in der Nacht. Was sollte das alles? Sie war kurz davor, vor Wut mit dem Fuß aufzustampfen, da klingelte ihr Handy erneut.
Sie ging sofort ran. »Ich liebe dich«, sagte eine Stimme, bevor die Leitung wieder tot war.
Sie wusste nicht recht, ob sie weinen oder lachen sollte, entschied sich aber für das Letztere. Vor Freude. Er war in Sicherheit, und er liebte sie, und morgen würden sie zusammen sein.
Auch Ravi war mit dem 15-sekündigen Gespräch alles andere als zufrieden. Aber er musste sich an die Regel halten, denn die Regel besagte, dass der Anruf nicht abgehört, zurückverfolgt oder aufgezeichnet werden konnte, wenn er nicht länger als 15 Sekunden dauerte. Ihm war nur allzu bewusst, dass die National Security Agency in Maryland Osama bin Ladens Anrufe bei seiner Mutter in Saudi-Arabien abgehört hatte. Wenn sie den großen Osama belauschen konnten, dann konnte sie auch ihn lokalisieren. 15 Sekunden, nicht länger.
Er hatte den Namen eines Hotels. Er hielt ein Taxi an und schickte den Fahrer zum Paramount Hotel, Ecke Parliament Street und Essex Gate. Die Einrichtung des Hotels hinter seiner viktorianischen Fassade entsprach ganz den Dreißigerjahren, alles war sehr komfortabel. Dankbar checkte Ravi ein. Zum letzten Mal hatte er im U-Boot geschlafen. So gern er auch zu Shakira ins Merrion gewollt hätte, hier würde er wahrscheinlich mehr Schlaf bekommen, außerdem wollte er nicht öffentlich mit ihr an einem Ort gesehen werden, wo sich das Personal an sie erinnern könnte.
Morgen in der Früh würde er es riskieren, sich die Fernsehnachrichten anzusehen.
9.00 Uhr, Dienstag, 17. Juli
Skibbereen, Polizeidienststelle
Detective Superintendent Ray McDwyer hatte das starke Gefühl, dass er Hilfe brauchte. Eine Verletzung wie die an Jerry O’Connells Stirn war ihm noch nie untergekommen. Die Schädelplatte zwischen den Augen war gesplittert, die Nase mit großer Wucht nach oben ins Gehirn getrieben. Der Schlag gegen die Stirn konnte mit einem stumpfen Gegenstand
Weitere Kostenlose Bücher