Bis zum bitteren Tod (German Edition)
geschlossen und zerlegte das Gewehr. Er hatte sein Ziel verfehlt. Er wusste es. Er hatte es verfehlt, weil – die Chancen dafür standen bei eins zu einer Million – einer der Leibwächter sich plötzlich links vom Admiral und damit in die Flugbahn des Geschosses gestellt hatte. Die Sekunden verrannen. Ravi schloss den Koffer und legte letzte Hand an seine neue Verkleidung – eine schwarze Perücke.
Er trug seine Bärtchen nicht mehr. Er war glatt rasiert, von dunklem Teint und sah in seinem grauen Anzug mit Krawatte wie ein eleganter Geschäftsmann aus, eine Verkleidung, in der er sich nie zuvor hatte blicken lassen. Beide Türsteher hatten ihn nie mit etwas anderem als Jeans, T-Shirt, Turnschuhen oder Trainingsanzug gesehen. 24 Sekunden waren vergangen, seitdem er den Abzug betätigt hatte. Er nahm die Sporttasche und den Aktenkoffer zur Hand, spähte in den Gang, trat hinaus und sperrte die Tür hinter sich ab.
Niemand befand sich auf dem Flur oder auf dem darüberliegenden Treppenabsatz. Er überquerte den Gang und schob die Sporttasche in den Müllschacht. Dann eilte er die Treppe hinab, schritt durch das Foyer, ohne einen Blick zu Reggie zu werfen, und drückte die Drehtür auf.
Nichts an ihm erinnerte noch an den blonden Finnen Haakon Fretheim. Keiner hätte die beiden als ein und dieselbe Person erkannt. Reggie blickte auf und bemerkte den davoneilenden Geschäftsmann. Er sah dessen Gesicht nicht, nur das dunkle Haar, den Anzug und den Leder-Aktenkoffer. Ein Besucher wohl. Reggie hatte den Mann noch nie zuvor gesehen. Er wandte sich wieder dem Sportteil der Sun zu.
Ravi bog nach rechts und ging mit gleichmäßigem, nicht allzu schnellem Tempo durch die Dover Street. Hinter ihm, auf der anderen Seite der Piccadilly, war die Hölle los. Mindestens drei Streifenwagen rasten mit heulender Sirene in Richtung Tatort, einer von ihnen stellte sich vor dem nördlichen Säulenvorbau des Ritz quer und blockierte den Weg, ein anderer sperrte die Bennett Street.
Ein Detective Superintendent war bereits am Tatort, sprach mit den Leibwächtern des Admirals und versuchte herauszubekommen, aus welcher Richtung die Kugel abgefeuert worden war. Alle drei Amerikaner hatten gesehen, wie Big George zusammengesackt war. Alle drei bestätigten, dass der Schuss, der ihn an der linken Schläfe getroffen hatte, aus einem der Gebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite stammen musste.
Die Arlington Street wurde von den Sicherheitsleuten und der Polizei überwacht. Von der Straße aus konnte niemand gefeuert haben, er wäre sofort entdeckt worden. Der Schuss musste also aus einem der beiden Gebäude an der Südecke der Dover Street abgegeben worden sein, wahrscheinlich aus jenem an der südöstlichen Ecke.
Der Superintendent sah die Scharfschützen auf dem Dach. Er wandte sich an den Sergeant, der am Morgen die Aufstellung der Männer überwacht hatte. »Haben wir dieses Gebäude heute Morgen durchsucht?«
»Natürlich, Sir. Kurz vor fünf Uhr. Ich war selbst drin. Wir haben jedes Büro abgeklappert, von ganz unten bis ganz oben. Alles leer. Das Gebäude macht erst um sieben Uhr auf.«
»Waren Sie auch in den Büros?«
»Nein, Sir. Sie waren über Nacht alle abgesperrt. Aber wir haben an jede Tür geklopft und überprüft, ob Licht brennt.«
»Wer ist der Türsteher?«
»Reggie Milton, Sir. Wir haben ihn heute kurz nach vier in seiner Wohnung in Putney abgeholt. Er hat uns durchs Gebäude geführt und bei Gott geschworen, dass letzte Nacht keiner im Gebäude geblieben ist und auch keiner im Gebäude war, als wir heute Morgen eingetroffen sind.«
Der Wagen mit Arnold und Kathy hatte mittlerweile die Hyde-Park-Unterführung passiert und bog in die Belgravia ab. Zwei Motorradfahrer der Polizei führten den Konvoi an, auf dem Lowndes Square kamen sie zum Stehen. Einer von ihnen stieg von der Maschine und ging zum Chauffeur der US-Botschaft.
»Wir evakuieren den Admiral und Mrs. Morgan«, sagte er. »Er wird London sofort verlassen. Per Hubschrauber. Irgendwo nach Westen. Wir werden es vermeiden, über die City zu fliegen. Fragen Sie den Admiral, ob er einen besonderen Wunsch hat, wohin er möchte. Ansonsten denken wir so an Henley-on-Thames, irgendwo, wo es ruhig und er in Sicherheit ist. Ich denke, Sie wissen, dass diese Kugel für ihn bestimmt war, nicht für Big George.«
»Ich denke, das wissen wir alle«, erwiderte der Chauffeur. »Ich folge Ihnen einfach.«
»Okay«, sagte der Motorradfahrer. Er stieg wieder
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