Bis zum bitteren Tod (German Edition)
Festnetzanschluss anzurufen. Dann hätte man sie in weniger als zehn Minuten aufgespürt.
Er würde sie irgendwo im Freien anrufen und versuchen, die alte Lady irgendwie zu übertölpeln. Shakira gefiel die Idee nicht besonders, sie wollte nicht, dass Emily erneut gezwungen wurde, das Glück ihrer eigenen Tochter zu zerstören.
Ravi jedoch war ganz besessen vom Gedanken an Arnold Morgan. Es war, als gäbe es nichts anderes mehr als den amerikanischen Admiral. Shakira kam es wie eine Obsession vor, die, fürchtete sie, zu seinem Tod führen könnte.
Sie bemerkte, wie in sich verschlossen er war, wie ungern er mit ihr redete. Und jetzt wollte er unter größter Gefahr Emily anrufen. Shakiras Meinung nach hatten sie beide ihr Bestes getan und sollten sich nun nach Gaza zurückziehen, wo sie in relativer Sicherheit waren. Es war an der Zeit, dass jemand anderes sein Glück versuchte. Die ganze Sache ging mittlerweile weit über das hinaus, was von ihnen erwartet werden durfte.
Ravi schritt im Zimmer auf und ab. Er sah auf seine Uhr, fast 17 Uhr, Mittag in Virginia. Sie befanden sich im obersten Stock des Sheraton, draußen hatte er ein Schild bemerkt, das zu einer Dachterrasse wies. Schroff sagte er Shakira, sie solle hier warten, dann verließ er das Zimmer, ging durch den Gang und trat hinaus auf die verlassene Terrasse.
Er wählte die Ländervorwahl – 001. Dann die Ortsvorwahl 703, dann die Nummer. Es klingelte drei Mal, bevor sich eine Stimme meldete. »Hallo, hier Emily Gallagher.«
»Ah, guten Morgen, Mrs. Gallagher. Hier ist Commander Toby Trenham von der Royal Navy in London. Ich bin ein alter Freund von Admiral Morgan, noch aus der Zeit von Holy Loch. Er hat mir Ihre Nummer gegeben, falls ich ihn während seines Aufenthalts im Ritz verpassen sollte.«
»Nun ja, Commander, es tut mir sehr leid, ich weiß nur vom Ritz, ich dachte, da wären sie heute. Falls nicht, dann weiß ich wirklich nicht, wo sie sind.«
»Ach, wie schade. Ich wollte ihnen zu Ehren ein Essen im Admiralty House geben. Sie haben keine Ahnung, wo ich sie erreichen könnte?«
»Commander, ich weiß es wirklich nicht. Außer dass Arnold gesagt hat, er wolle ein paar Tage nach Schottland.«
»Aber Sie wissen nicht, wo genau?«
»Nein. Das ist doch so groß, all die Highlands und Lowlands und die Western Isles und Loch Lomond und Loch Ness, wo dieses schreckliche Ungeheuer lebt.«
»Das klingt nicht sehr vielversprechend, Mrs. Gallagher, da stimme ich Ihnen zu. Nun, dann werde ich es wohl aufgeben. Falls Sie vom Admiral hören sollten, dann sagen Sie ihm doch, dass ich angerufen hätte. Trenham, Commander Toby Trenham.«
»Das werde ich tun. Auf Wiedersehen, Commander.«
KAPITEL ZWÖLF
Ravi kehrte ins Hotelzimmer zurück und wies Shakira an, alles zusammenzupacken.
»Aber wir sind doch eben erst angekommen«, protestierte sie. »Bist du denn gar nicht müde? Du warst seit zwei Tagen nicht im Bett.«
»Ich bin müde. Aber wir sind auf einer Mission für unser Volk.«
»Das weiß ich. Wohin fahren wir?«
»Nach Schottland«, erwiderte er.
»Warum?«
»Weil Emily Gallagher mir soeben gesagt hat, dass Admiral Morgan dorthin fährt und wir sonst keinerlei Anhaltspunkte über seinen Aufenthaltsort haben.«
»Aber Schottland ist doch so groß, dort gibt es zig Ortschaften und Städte.«
»Ja, klar. Und wir haben nicht die leiseste Ahnung, welche er besuchen wird.«
»Und wo fangen wir an?«
»Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass wir entweder dorthin fahren und versuchen, ihn zu finden, oder nach Hause zurückkehren – wo immer das sein mag.«
»Wie kommen wir nach Schottland?«
»Mit dem Auto. Flüge kommen für uns nicht infrage.«
»Wie wär’s mit dem Zug?«
»Da gilt das Gleiche. Außerdem brauchen wir sowieso einen Wagen. Ich will nicht das Risiko eingehen, noch einen zu mieten. Falls du es vergessen haben solltest, Shakira, ich werde in Großbritannien als zweifacher Mörder gesucht.«
19.30 Uhr, Dienstag, 31. Juli
Goring-on-Thames
Arnold und Kathy saßen am Ufer der Themse, herzlichst umsorgt vom Personal des Leatherne Bottel. Der Admiral hatte für 20.30 Uhr das Abendessen bestellt. Kathy nippte an einem ausgezeichneten Weißburgunder, einem 2004er Corton-Charlemagne, der vom Kellermeister Franck Grux für Olivier Leflaive Frères hergestellt wurde. Er gilt als einer der besten Weine der Welt.
In Arnolds Augen war es genau das Richtige für ihren ersten Urlaubsabend, das beste Elixier, um die Nerven
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