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Bis zum Ende der Welt

Bis zum Ende der Welt

Titel: Bis zum Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Zähringer
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farblosen Finsternis versuchte Anna zu erkennen, was die beiden Männer machten. Mehrmals glaubte sie zu sehen, dass sie etwas herumtrugen, aber dann schien das bloß Einbildung zu sein. Sie sah einen rot glühenden Punkt, als einer der beiden rauchte.
    Eine Viertelstunde verging, dann hörten sie den Motor anspringen. Der Wagen stieß zurück, wendete, die Scheinwerfer gingen wieder an, und als das Auto einen Hügel hochkroch, beleuchteten sie jäh das aufgerissene Maul des Tyrannosaurus Rex. Schließlich rollte der Wagen die andere Seite des Hügels wieder hinunter, gelangte auf die Schotterstraße entlang des Vergnügungsparks, beschleunigte und verschwand in der Nacht.

[zur Inhaltsübersicht]
    7
    Die Straße führte den Hügel hinauf. Links und rechts Garagen, Toreinfahrten, manchmal ein Auto, selten ein Mensch. Weit ausladende Pinien, hohe Hecken, die den Blick in die Gärten verwehrten, eiserne Zäune, dahinter die Häuser, weiß, flach und – so kam es ihr vor – riesig, mit Dächern aus roten Ziegeln und verspielten zierlichen, weißen Türmen.
    Früher sei hier nichts gewesen, erzählte Laska, und noch früher, vor Hunderten von Jahren, habe hier einmal Wald gestanden, ein dichter, knorriger Steineichenwald, in dessen Schatten im Sommer Schlangen schliefen und im Winter Wildkatzen schlichen, bis der Wald geschlagen worden sei, um in der Hafenstadt Lagos Schiffe zu bauen.
    An einem Einkaufszentrum waren sie von der Hauptstraße abgebogen, und nun wand sich der Weg in immer engeren Kurven aufwärts. Je höher sie kamen, desto mehr schien es Anna, dass es die Häuser waren, die langsam den Berg hinaufkrochen, wie eine beharrlich wuchernde Schlingpflanze aus Stein. Noch einmal bog Laska ab, auf eine holprige Straße, die kaum mehr als solche zu bezeichnen war. Wo sie endete, an einer Art Wendekreis, standen vier Häuser. Sie waren weiß getüncht und alle im Landhausstil gebaut worden, ohne dass sie sich exakt glichen. Laska hielt vor einem Tor, stieg aus, öffnete es, fuhr hindurch und parkte vor einer verschlossenen Garage.
    Oleander wuchs zu beiden Seiten eines mit unbehauenen, rötlichen Steinen gepflasterten Weges, der zum Eingang des Hauses führte. Laska schloss auf, trat ein. Als Anna ihm folgte, war sie zunächst von Dunkelheit umgeben. Sie blieb stehen, sah ihn nicht mehr, hörte nur seine Schritte. Irgendwo am anderen Ende des großen Raumes, in dessen Tür sie stand, öffnete er einen hölzernen Laden. Abendlicht strömte aus dem Garten in das Haus hinein, und Staub tanzte wie Schnee in den Sonnenstrahlen.
    Das Haus hatte zwei Bäder und mehrere Schlafzimmer, sie zählte drei, als wären früher einmal die Besucher ein und aus gegangen. An den großen Raum im Erdgeschoss schloss sich eine über die Breite des Gebäudes gehende Terrasse an, an der anderen Seite eine Bibliothek und die geräumige Küche. Von den drei Schlafzimmern im Obergeschoss waren nur zwei wirklich zu benutzen, das kleinste, zwischen den beiden größeren gelegene war mit Gerümpel vollgestopft: Akten, Zeitschriftenkisten, Bücherstapel und die leeren Kartonverpackungen von allerlei Elektroartikeln bildeten eine schmale Gasse hin zu einem kleinen Tisch, auf dem ein alter Röhrenmonitor, eine Tastatur und ein Rechner standen. «Die Rumpelkammer», gab Laska zu, als er Anna daran vorbei zu ihrem Schlafzimmer führte.
    Das war ebenfalls groß, mit einem fast quadratischen Bett, einem Wandschrank und einem schmalen Schreibtisch vor dem Fenster, das von einem Klappladen verschlossen war und hinaus auf den Garten gehen musste. Nach kurzer Zeit hatten sich ihre Augen an das gedämpfte Licht gewöhnt. Im gefliesten Zimmer fand sich nichts Persönliches, kein Buch, kein Bild, keine Fotografie an der Wand. Es sah nicht verwahrlost aus. Es war sauber. Wie ein Gästezimmer.
    Sie setzte sich aufs Bett, wippte auf und ab. «Bekommst du viel Besuch?»
    «Nein.»
    «Und früher?»
    «Ja, früher vielleicht. Aber jetzt nicht mehr.»
    «Warum nicht?»
    «Weil mich jetzt niemand mehr besucht.»
    «Hast du’s schon mal probiert mit Einladungen? Das sind kleine Karten, die man verschickt. Na ja, heute man macht es mit E-Mail oder SMS .»
    «Die Bettwäsche ist im Schrank», sagte er und ging.
     
    Nachdem sie ausgepackt hatten, fuhren sie die Straße wieder hinunter und kauften ein. Fleisch, das sie, als sie wieder zurück waren, auf einem Grill auf der Terrasse brieten. Nach dem Essen rauchte Anna eine Zigarette.
    «Das ist ungesund», sagte

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