Bis zum Hals (T-FLAC) (German Edition)
«
»Interessant?«
»Gelegentlich. Bei meinem Talent für Sprachen passt es perfekt. Während des Erwachsenwerdens bin ich mit meiner Mutter viel gereist. Es war praktisch, meine Kenntnisse in den Beruf einzubringen. «
»Wer wurde erwachsen? Du oder deine Mutter?«
Himmel, ihre Augen waren wunderschön, wenn etwas sie belustigte. Unglaublich blau und funkelnd vor Freude. »Beide, würde ich sagen. Trevor, mein Vater, verließ uns nach meinem fünften Geburtstag. Meine Mutter war knapp achtzehn, als sie mich bekam - ohne Trauschein; aber sie liebte Trevor leidenschaftlich und war völlig vernichtet, als er ging. Mein Großvater schuf einen Ausgleich, indem er ihr ermöglichte, mit seinem Geld überallhin zu reisen, wo sie wollte. Die nächsten dreizehn Jahre sind wir von einem Ort zum nächsten gedüst. Als Neunjährige konnte ich Aspirin in sieben Sprachen in einer Apotheke kaufen. « Sie lächelte. »Sprachen wurden mein Hobby. Ich kapierte schnell, und es wurde für mich zu einem Spiel, meinen jeweiligen Wortschatz zu testen, ehe wir weiterzogen. «
»Ist das die Stelle, wo es mit den Internaten begann? «
»Klar, als ich Bev endlich dazu überredet hatte, mich anzumelden. Sie ist nicht gerne allein gereist … Erst als ich ungefähr vierzehn oder fünfzehn war, habe ich erkannt, dass sie die ganze Welt auf der Suche nach meinem Vater abgraste. Ich fand das unglaublich traurig. Denn natürlich wollte er nicht gefunden werden, sodass sich ihre Suche als völlig fruchtlos erwies. Irgendwann hat sie dann aufgegeben. «
»Und hast du es auch getan? «
»Was getan?«
»Aufgegeben, nach deinem Vater zu suchen?«
Umwölkten Auges zuckte sie die Achseln. »Meine Mutter hat schließlich geheiratet, und ich mag meinen Stiefvater. «
»Dennoch hast du diese lange Reise auf dich genommen, um ihn zu sehen. «
»Er hat mich eingeladen. Ich war neugierig. «
»Wie lange ist eure letzte Begegnung her? «
»Sechs Jahre. Können wir das Thema wechseln? Ich bin wegen dieses Treffens ein wenig nervös, und das Ganze wird durch seine Abwesenheit noch verschlimmert. Deshalb muss ich auf ihn warten, ehe ich wieder nach Hause kann - so ähnlich, als ob man darauf wartet, dass einem die Fäden gezogen werden. «
Sie war zu offen. Zu leicht zu durchschauen. Das Verhalten ihres Vaters hatte sie verletzt, und sie streckte die Arme nach ihm aus. Michael hätte sie aufklären können. Für Trevor Church zählte niemand anders als er selbst. Hätte sie eine Ahnung gehabt, wie der Mann war, mit dem sie so verzweifelt Kontakt aufnehmen wollte, wäre sie noch heute Nacht von der Insel geflohen, um nie wieder zurückzuschauen.
»Stört es dich, wenn wir über etwas anderes reden? «, wiederholte sie ihre Frage.
»Überhaupt nicht. Worüber würdest du dich gern unterhalten? «
»Über dich. Womit verdienst du deinen Lebensunterhalt, Michael Wright? «
»Ich bin ein Herumtreiber zur See. «
»Und weiter nichts?«
»Weiter nichts.«
Tally zuckte zusammen, als sie die Geräusche einer Schlägerei vernahm, die in der Bar ausgebrochen war. Wenn es ihn wirklich kribbelte, würde er später mal nachsehen gehen, was da los war, dachte Michael.
»Und du hast nicht das Ziel, die Welt schneller zu umsegeln als der letzte Rekordhalter? «
»Hab’s nicht eilig«, brummte er und sah zu, wie sich Schatten über diese ausdrucksvollen Augen senkten.
Sie hatte schöne Hände mit langen, schmalen Fingern und hellrotem Nagellack. Das machte ihn richtig an. Ihre Fußnägel wiesen denselben Farbton auf. Sie war perfekt zurechtgemacht und hatte offensichtlich auch ihre perfekte Selbstbeherrschung wieder gefunden. Und er fing an, die Schnauze perfekt voll zu haben.
Er mochte es lieber, wenn sie nicht so geschniegelt, etwas unordentlich und leidenschaftlich war, wie unlängst an Bord. Welche mochte die echte Tally Cruise sein?
»Wie sieht es mit Hobbys aus? «, blieb sie beharrlich am Ball.
»Ich segele. Ich esse. Ich schlafe. « Dein Vater ist das ganze letzte Jahr mein Hobby gewesen. Frag mich, was immer du wissen willst. Du hast große Chancen, dass ich die Antworten weiß. Nicht dass du sie gerne hören würdest.
»Kein Fernsehen.«
»Nein. Seit Jahren nicht.«
»Filme?«
»Nein.«
»Freunde?«
Er griff nach seiner Gabel und balancierte sie auf einem Finger. »Nein.«
»Fühlst du dich nicht manchmal einsam? «, fragte sie mit großen Augen, die ihn ernst und voller Mitgefühl, auf das er wirklich verzichten konnte,
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