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Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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’nen Job für mich?«
    Kolyas Augen wurden schmal, und ein ebenso schmales Grinsen zog ihm die Mundwinkel halb um den kantigen Schädel.
    »Schweißen kann er, unser Freund«, meinte er in die breite Runde, »löten kann er, und Eisen flechten kann er. Jetzt bleibt nur noch eine Frage.« Er schob sein Gesicht ganz nah an meines. »Kann er auch trinken?«
    Ringsum sah mich plötzlich alles an, als ob es sich dabei tatsächlich um das entscheidende Kriterium handelte.
    »Trinken?« Ich grinste. »Ha!«
    Im Grunde hätte ich jetzt diese Farce beenden, mich als Detektiv outen und mit dem wahren Grund für mein Kommen rausrücken müssen.
    »Das …«, begann ich vielsagend und blickte freundlich von einem zum andern.
    Doch stand zu befürchten, dass Ermittler in diesen Kreisen hier nicht wohlgelitten waren, und dann war da immer noch Hufschmidt, dem ich unter allen Umständen ein Ergebnis präsentieren wollte …
    »Das …«, wiederholte ich und sah meinen Argwohn bestätigt, dieses Modell von Fanta-Flasche schon länger nicht mehr im Vertrieb gesehen zu haben, als Kolya eine öffnete und begann, mir etwas einzugießen: Was da aus dem grünen Flaschenhals gurgelte und mein Zahnputzglas bis zum Rand füllte, war gar keine Fanta. Dafür war das Getränk eindeutig zu klar.
    »Das …«, ich nahm das Glas mit vorsichtigen Fingern, hob es mir unter den Zinken, und der aufsteigende Hauch bleichte mir Wimpern und Brauen, »… das kann ich von allem am besten!« Dann lachte ich wie ein Blödmann in die Runde, und die Runde lachte mit.
     
    *
    Der Schweiß sickerte mir in die Ohren, die Luft war zum Ersticken, das Sonnenlicht schmorte mir die Glocke wie durch ein Brennglas.
    Ich schlug die Augen auf, sah erst das Lenkrad, dann in den Himmel, dann kam es mir hoch. Nur mit erheblichem Kraftaufwand bekam ich die Fahrertür weit genug aufgedrückt, um mich rauszulehnen. Hocharomatisches, seltsam dunkel gefärbtes Halbverdautes sprühte an der Wagenflanke entlang nach hinten und pladderte auf ein Asphaltband, das senkrecht in die Höhe und, damit nicht genug, auch senkrecht in die Tiefe ging, und an dem der Smart mit dem Arsch klebte wie ein Popel an der Fensterscheibe.
    Die Tür fiel von alleine wieder zu, mein Kopf sackte von allein gegen die Nackenlehne und wilder Schwindel nahm mich mit auf seine ungesund oszillierende Reise.
    Ruhig, Kristof, ruhig, ruhig, ruhig, ruhig, ruhig.
    Schwarzgebrannter Fusel. Und sauer eingelegtes Gemüse. Alle meine Bedenken, was die gemeinsame Einnahme dieser beiden Erfrischungen anging, ich fühlte sie bestätigt.
    Mein Kopf rollte auf die Seite, und ein neuer Schwall bahnte sich seinen Weg nach oben. Und nach draußen. Was ging die Tür so schwer auf, aber so leicht wieder zu? Wieso sah ich durch die Frontscheibe nichts als Himmel? Wieso waren meine Hose und der Sitz so … klamm?
    Schritt für Schritt setzte das Begreifen ein: Der Wagen stand auf seinem Heck. Das war’s. Das war das eine. Irgendwelche Witzbolde hatten mich ins Auto verfrachtet und dann die Kiste vorne hochgewuchtet und senkrecht gestellt. Und der Becher Kaffee, den ich hinters Lenkrad geklemmt gehabt hatte, der war bei diesem Manöver ausgelaufen, und zwar quer über meinen Balg. Das war das andere. Kaffee auf blauem, verwaschenem Stoff gibt eine der scheußlichsten Farben, die man sich denken kann. Ein widerwärtiges, changierendes Gelb, äußerst unvorteilhaft, vor allem, sobald es sich erst mal, immer noch feucht und auch noch leicht dampfend in der Hitzestrahlung eines weiteren, gottverdammt sonnigen Tages, im Schritt deiner Jeans ausgebreitet hat.
    Damit aus dem Wagen zu klettern war undenkbar. In diesem Brutkasten sitzen bleiben zu wollen, bis die Nacht hereinbrach oder ein Wunder geschah, mindestens genauso abwegig. Drüben entstieg gerade die halbe Frühschicht von Western Assembly einem Bus, und obwohl es sich angeboten hätte, ein paar von diesen Leuten um Hilfe zu bitten, mal eben den Wagen wieder auf seine vier Räder zu stellen, war das der unvorstellbarste Gedanke von allen. Fast alles Frauen, obendrein. Ich schloss die Augen und stellte mich tot, bis sie sich alle lang genug an meiner prekären Lage ergötzt hatten und dem Ruf der Stechuhr folgen mussten.
    Zu allem Überfluss hatte ich nichts, aber auch überhaupt nichts in Erfahrung gebracht, gestern Abend. Es war nicht zu fassen. Drei Tage und Nächte intensiver Recherche, und alles, was ich erreicht hatte, waren Vergiftungserscheinungen ersten Grades und ein

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