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Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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ich.
    »Dann klär mich auf«, entgegnete sie wütend. »Warum bin ich zurückgekommen?«
    »Du bist zum Sterben nach Hause gekommen.«
    Sie starrte mich einen Augenblick an, dann sprang sie auf. »Hör auf damit.«
    »Engel …«
    »Lass mich allein.«
    »Nein«, sagte ich.
    »Es war ein Fehler, dich hierher einzuladen«, brüllte sie.
    »Du hast genau das gefunden, was du gesucht hast.«
    »Und das wäre?«
    »Hoffnung«, sagte ich.
    Sie schwieg einen Augenblick, dann sagte sie: »Was ich mit meinem Leben anfange, geht nur mich etwas an, nur mich allein.« Sie stürmte hinaus. Auf der Schwelle zu ihrem Zimmer drehte sie sich noch einmal um. »Und erzähl mir nichts von Hoffnung. Es gibt keine Hoffnung. Die einzige Hoffnung ist Vergessen.« Sie knallte die Tür hinter sich zu.
    Von der Couch aus konnte ich ihr Weinen hören. Ich ging zu ihrer Tür und lehnte meine Stirn dagegen.
    »Du bedeutest mir wirklich sehr viel, Engel.«
    »Ich bedeute niemandem etwas. Geh weg.«
    »Du irrst dich.«
    »Geh weg, bitte.«
    Ich ging in mein Zimmer und legte mich aufs Bett. Es dauerte über eine Stunde, bis ich einschlief.
    In den nächsten drei Tagen wechselte Engel kein Wort mit mir. Sie kam jeden Abend spät nach Hause und ging sofort in ihr Zimmer. Ich versuchte, sie dazu zu bringen, mit mir zu reden, aber sie reagierte auf alle meine Versuche mit Feindseligkeit. Ich hatte Angst um sie. Vor allem hatte ich Angst, dass sie sich etwas antun könnte. Ich war mit meiner Mission, ihr zu helfen, gescheitert. Ich war mehr als gescheitert – ich hatte das Gefühl, sie noch näher an den Abgrund geschubst zu haben.
    Am Dienstag hielt ich die Stille und die Anspannung nicht mehr länger aus. Da ich mir inzwischen auch sicher war, dass sich daran nichts mehr ändern würde, fällte ich gegen drei Uhr nachmittags meine Entscheidung: Ob zum Guten oder zum Schlechten, ich würde gehen.
    Aber ich würde es nicht tun, ohne mich zu verabschieden. Das war ich ihr schuldig. Ich packte meine Sachen und wartete darauf, dass Engel nach Hause kam.

Siebzehntes Kapitel
    Mein Vater sagte immer, Menschen seien wie Bücher: Man kennt sie nicht, bevor man sie nicht öffnet. Bei Engel fühlte ich mich wie ein Analphabet.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    Ich saß auf der Couch, als Engels Malibu vor dem Haus hielt. Mein Rucksack war gepackt und lehnte am Sofa. Ich stand auf, als sie in die Wohnung kam. Sie blieb wie angewurzelt stehen, als sie mich sah. Sie blickte zwischen mir und dem Rucksack hin und her. »Was ist los?«, fragte sie.
    Ich schulterte den Rucksack. »Ich gehe«, sagte ich. »Ich habe nur noch gewartet, bis du nach Hause kommst, um mich zu verabschieden.«
    »Warum?«
    Ich trat auf sie zu. »Danke für alles, was du für mich getan hast. Es tut mir leid, dass es so gekommen ist. Ich würde alles tun, um es zu ändern – außer so zu tun, als sei alles in bester Ordnung.«
    Sie sah mich sprachlos an.
    »Ich hoffe, du weißt, dass ich dich nicht verletzen wollte. Ich würde dich niemals verletzen. Du bist so ein guter Mensch.«
    Sie schluckte. »Wohin wirst du jetzt gehen?«
    »Darüber musst du dir nicht den Kopf zerbrechen. Du hast genug getan. Ich habe dir etwas Geld auf den Tisch gelegt.« Ich beugte mich vor und küsste sie auf die Wange. »Viel Glück, Engel. Ich hoffe, du findest Frieden. Ich kenne niemanden, der ihn mehr verdient hat als du.«
    Als ich zur Tür ging, füllten sich ihre Augen mit Tränen. »Wer wird sich jetzt um dich kümmern?«
    »Ich kann mich selbst um mich kümmern.«
    Ich ging in die Diele, und sie folgte mir hinaus. »Und wer wird sich jetzt um mich kümmern?«
    Ich sah sie an. »Niemand, wenn du es nicht zulässt. Ich werde nicht hierbleiben und zusehen, wie du dich zu Grunde richtest. Das kann ich nicht. Dafür bedeutest du mir zu viel.« Ich senkte den Blick und schloss den Hüftgurt meines Rucksacks. Als ich wieder aufsah, weinte sie.
    »Viel Glück«, sagte ich.
    Ich ging zur Eingangstür des Gebäudes und die Stufen hinunter. Ein paar Schneeflocken fielen und reflektierten die letzten Strahlen der untergehenden Sonne. Als ich den Gehsteig erreicht hatte, hörte ich die Tür hinter mir aufgehen.
    »Alan.«
    Ich drehte mich nicht um.
    Mit zitternder Stimme rief sie: »Ich bin Nicole.«
    Ich blieb stehen und wandte mich um. Tränen strömten über ihr Gesicht. »Ich bin Nicole«, rief sie noch einmal. Sie ließ sich auf die Knie fallen. »Bitte verlass mich nicht. Du bist meine einzige Hoffnung.« Sie sank

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