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Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudenkauf
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versuchte, mich beim Gedanken daran nicht zu übergeben.
    »Meinst du, sie kann heute Abend wieder nach Hause kommen?«, fragte P. J. »Meinst du, wir können alle wieder nach Hause gehen?«
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte ich und rieb meine Nase, um den ekligen Geruch loszuwerden.
    »Was sollen wir anziehen? Wo werden wir heute Nacht schlafen? Oh mein Gott.« P. J. stöhnte. »Meine Hausaufgaben. Meinst du, die sind auch verbrannt? Man muss die Bücher bezahlen, wenn man sie kaputtmacht.«
    »Halt die Klappe, P. J.«, sagte ich wütend. »Ich weiß auch nicht mehr als du.« Ich rutschte ganz nah an die Tür auf meiner Seite, lehnte meinen Kopf aus dem Fenster und sog die frische Luft in tiefen Atemzügen ein.
    »Bei so was kannst du geköpft werden«, ereiferte sich P. J. »Wobei, du brauchst deinen Kopf ja sowieso nicht.« Er wartete darauf, dass ich fragte, wieso um alles in der Welt ich meinen Kopf nicht brauchen würde, aber die Befriedigung gab ich ihm nicht, sondern streckte mein Gesicht nur noch mehr in den Wind. »Weil du gar kein Gehirn hast«, beendete er seinen Satz stolz.
    »Ha, ha«, machte ich.
    »Na, na, ihr zwei«, sagte Mrs Florio mit ihrem spanischen Akzent. »Ihr müsst aufeinander achtgeben, nicht miteinander streiten.« Ich mochte den Klang ihrer Stimme. Manchmal schloss ich mich im Badezimmer ein, stellte mich vor den Spiegel und versuchte, ihre raue Stimme nachzuahmen, die ganz tief aus ihrer Kehle zu kommen schien, wie das Schnurren einer Katze. Ich stellte mir vor, ihr schwarzes, glattes, glänzendes Haar zu haben anstatt meiner mausbraunen Haare, die einfach nur an mir herunterhingen. Ich bin mir nicht sicher, warum wir sie Mrs nannten. Sie schien keinen Ehemann zu haben, aber es gab verschiedene, gefährlich aussehende Freunde, die abends mit dröhnenden Motoren vor ihrem Haus vorfuhren und morgens vor Sonnenaufgang wieder verschwanden.
    »Augie.« Mein Vater kam auf mich zu und zog mich in seine Arme. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust und atmete tief ein. Er roch wie immer, nach dem dicken Ledergürtel, den er um die Hüfte trug, und seinem Rasierschaum. »Geht es dir gut?« Er trat einen Schritt zurück und schaute mich von oben bis unten an. »Was ist passiert?«
    »Es gab ein Feuer und Mom hat sich verbrannt und das Haus roch nach Rauch und Augie musste mich in meiner Decke nach draußen ziehen und dann kam die Feuerwehr und der Krankenwagen«, sagte P. J. in einem Atemzug.
    Ich beobachtete die Miene meines Vaters. Er gab sich wirklich Mühe, wenn es um P. J. ging, aber er konnte seine Gefühle ihm gegenüber nicht immer verbergen – Irritation, Eifersucht, Hass. Ich weiß es nicht. »Geht es dir gut, P. J.?«, fragte mein Vater sehr nett, und ich entspannte mich.
    »Ja, ich bin okay.« P. J. sah unseren Dad an, als wäre er Gott oder so. »Und wie geht es dir?« Ich verdrehte die Augen. Typisch Dad. Bevor mein Vater etwas erwidern konnte, kam eine uralt aussehende Frau mit kurzen, dauergewellten grauen Haaren und in einem weißen Kittel auf uns zu.
    »Ich bin Dr. Ahern«, stellte sie sich vor und schüttelte uns allen die Hand. »Sind Sie die Familie von Holly Baker?«
    »Ja«, sagte mein Vater. »Ich bin Hollys Exmann, und das sind unsere Kinder Augie und P. J.«
    Dr. Ahern nickte verständnisvoll. »Die Verbrennungen an Hollys Händen und Armen sind sehr schwerwiegend. Über einen Tropf bekommt sie ein Antibiotikum, um eine Entzündung zu verhindern. Außerdem haben wir sie unter starke Beruhigungsmittel gesetzt, um die Schmerzen zu lindern. Die Verbrennungen an Gesicht und Ohr scheinen weniger schlimm zu sein, aber wir werden sie trotzdem sorgfältig unter Beobachtung halten.«
    »Kommt sie heute Abend nach Hause?« P. J.s Unterlippe zitterte, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
    Die Ärztin schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, deine Mutter wird noch einige Tage im Krankenhaus bleiben müssen. Unsere Spezialisten für Brandwunden werden ihre Verletzungen genau untersuchen, aber ich schätze, sie wird uns so schnell nicht wieder verlassen.«
    Eine dicke Träne rollte über P. J.s Gesicht und hinterließ eine schmutzige Spur auf seiner Wange. Er schaute mich an. »Wo sollen wir denn jetzt hin?« Ich fragte mich das Gleiche und sah zu meinem Dad, der sich große Mühe gab, meinem Blick auszuweichen.
    »Können wir zu ihr?«, fragte ich schniefend. Ich versuchte, meine Tränen zurückzuhalten. Wenn ich nicht so dumm gewesen wäre, würde meine Mom jetzt

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