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Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudenkauf
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wusste, würde er die Stufen hinaufgehen, käme er nicht mehr auf schnellem Weg aus dem Haus, sollte es nötig sein. Er atmete tief durch und zwang sich, nach oben zu gehen. Gerade als er die oberste Stufe erreicht hatte, ertönte unten ein Schrei.
    »Hallo, ist da jemand?«, rief er. Sein Atem ging schneller. »Alles okay?« Ein Stöhnen. Will ging die Treppe wieder hinunter und folgte dem Geräusch zu einer geschlossenen Tür auf der anderen Seite des Büros. Ein Badezimmer, dachte er und versuchte, sich den Grundriss des Hauses vor Augen zu führen.
    »Wer ist da?«, rief er durch die Tür. »Ist da drinnen alles in Ordnung?« Er merkte, dass er seine Flinte unwillkürlich fester umklammert hatte, und nahm sie in die andere Hand, um sich die verschwitzte Handfläche an der Hose abzuwischen. Mit einer schnellen Bewegung drückte er die Tür auf und wich gleichzeitig aus Angst vor dem, was er zu sehen bekommen könnte, zurück.
    Theodore Cragg saß auf dem Badezimmerboden, ein zusammengeknülltes Handtuch gegen den Kopf gepresst. »Theodore«, keuchte Will und eilte an die Seite des älteren Mannes. Er kniete sich neben ihm hin. »Was ist passiert?«
    Theodore nahm das Handtuch weg und enthüllte einen tiefen Riss, der sicherlich genäht werden musste. »Ray«, war alles, was er noch sagen konnte, bevor seine Lider flatterten und er ohnmächtig wurde.

MRS OLIVER
    Mrs Oliver öffnete ein Auge, hob das Kinn und sah, dass der Schütze und P. J. Thwaite sie anstarrten. Der Mann sah immer noch besorgt aus, P. J. nicht. Mrs Oliver drehte sich auf den Rücken und streckte dem Mann ihre Hand hin, damit er ihr beim Aufstehen half. Er schüttelte jedoch nur den Kopf und öffnete ihre Handtasche. P. J. ergriff ihren Arm und stellte sich breitbeinig hin, um sie hochzuziehen.
    Als sie endlich wieder stand, ordnete sie ihre Frisur und bemerkte mit Bedauern, dass sie noch weitere Strasssteine verloren hatte. »Mir geht es gut, keine Sorge.« Sie lächelte aufmunternd, aber innerlich fluchte sie. Der Mann stand an ihrem Pult und durchwühlte ihre Handtasche. Sie fragte sich, was er tun würde, wenn er ihr Handy fand. Würde er sagen: »Ach, Sie halten also nichts von Handys, wie?« und es wie eine dieser tönernen Scheiben in die Luft werfen, um es mit einem Schuss in tausend Stücke zu zerlegen, wie man es beim Tontaubenschießen machte? Oder vielleicht würde er auch einfach sie erschießen. Sie überlegte ernsthaft, noch einmal auf dem Fußboden zusammenzubrechen, als P. J. Thwaite sich eng an sie drängte und etwas Schweres in die Tasche ihres Kleides fallen ließ. P. J. erlaubte sich ein kleines Grinsen und kehrte dann an ihren Platz zurück. Der Mann war inzwischen mit ihrer Handtasche fertig, warf sie beiseite und schaute Mrs Oliver an.
    »Werden Sie es schaffen?«, fragte er auf eine Weise, die Mrs Oliver verdeutlichte, dass es ihm wirklich vollkommen egal war, ob sie vor den Augen ihrer Schüler ihr Leben aushauchte oder nicht.
    »Ja, das wird schon wieder«, erwiderte sie. Das vertraute Gewicht ihres Handys in der Tasche war irgendwie tröstlich. »Ich setze mich einfach hier herüber und ruhe mich ein wenig aus.«
    »Gute Idee«, sagte er. »Ich muss einen Anruf tätigen.«
    Ich auch, dachte Mrs Oliver, ich auch.

AUGIE
    Auf den Fluren ist es so leise, es ist schwer vorstellbar, dass sich überhaupt irgendwelche Schüler oder Lehrer in dem Gebäude befinden. Eine Sekunde lang frage ich mich, ob ich vielleicht die Einzige bin, die noch hier ist, ob alle anderen schon wieder zu Hause sind und sich gegenseitig bestätigen, wie knapp das heute war. Ob Grandpa gekommen ist, um P. J. abzuholen und auf dem Heimweg noch kurz auf einen Hamburger und Pommes bei Lonnie’s einzukehren, bevor er ihn nach Hause bringt. P. J. fragt vielleicht nach mir, hält mitten im Schlürfen seines Milchshakes inne und sagt: »Ich frage mich, was mit Augie passiert ist?« Und Grandpa zuckt nur mit den Schultern und erwidert: »Nun, es war auf jeden Fall interessant, sie eine Weile bei uns zu haben.« Natürlich weiß ich, dass das nicht wirklich passieren würde, aber wenn es ein fünftes Rad an diesem Wagen gibt, dann definitiv mich. Ich schätze, ich kann langsam verstehen, wie P. J. sich gefühlt hat, wenn mein Dad zu uns gekommen ist, um mich abzuholen, und wir all diese kleinen Insiderwitze geteilt haben, in die P. J. nicht eingeweiht war. Von dem Moment an, in dem sie sich das erste Mal gesehen haben, waren Grandpa und P.J. die

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