Bis zum letzten Atemzug
Kontaktinformationen und schickte ihn seines Weges.
Er beschloss, zu seiner Farm zurückzufahren und nachzuschauen, wie es mit dem Kalben vorwärtsging. Selbst bei bestem Wetter gab es manchmal Komplikationen, aber bei der derzeit herrschenden eisigen Kälte könnten sie tödliche Folgen haben. Er wusste, er sollte zum Lonnie’s zurückfahren, aber der Gedanke daran, einfach nur dazusitzen und zu warten, machte ihn ganz nervös. Die Farm der Craggs lag nur wenige Minuten von Wills Farm entfernt, aber die wild über die Straße jagenden Schneewehen raubten ihm beinahe vollständig die Sicht. Gerade als er sich seiner Farm näherte, blitzten schwach die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Fahrzeugs auf. Daniel. Und er hatte den Viehanhänger angekoppelt. Sie hielten beide an, und Will fuhr sein Fenster herunter. Die Kälte war erbarmungslos, und ihm war sofort bis auf die Knochen kalt.
»Ich bin auf dem Weg zu Dr. Nevara. Nummer vierhunderteinundzwanzig hat Probleme, und ich glaube, sie braucht einen Kaiserschnitt«, erklärte Daniel. »Herb Clemens passt auf die anderen auf, also musst du dir keine Sorgen machen.«
Will verspürte eine tiefe Dankbarkeit für seine Freunde und Nachbarn. Man konnte sich immer auf sie verlassen. Ob man nun Hilfe brauchte beim Mais aussähen oder bei der Geburt der Kälber, sie waren sofort zur Stelle. »Ich folge dir zu Dr. Nevara und fahre von da aus wieder ins Lonnie’s. « Will hielt inne und überlegte, ob er Daniel von Ray Craggs Selbstmord erzählen sollte oder nicht. Das konnte warten, beschloss er. Es war besser, wenn Verna und Darlene es zuerst erfuhren und dann erst der Rest der Stadt.
Will gab beim Wenden seines Wagens acht, nicht in den Graben zu rutschen, und folgte Daniel dann die County Road B entlang zu Dr. Nevaras Tierklinik, die am äußeren westlichen Rand von Broken Branch lag.
Wenn Daniel nicht gewesen wäre, hätte Will die schwarzen Reifen und Chromfelgen des Autos übersehen, das kopfüber im Graben lag und komplett von Schnee bedeckt war.
Die beiden Männer kletterten aus ihren Fahrzeugen. Der Schnee lag an einigen Stellen kniehoch, an anderen bedeckte er kaum den Boden. Gemeinsam schoben sie mit den Händen den Schnee vom Fahrerfenster des verunfallten Autos, um einen Blick hineinwerfen zu können. Als sie endlich eine ausreichend große Stelle freigelegt hatten, drückte Daniel sein Gesicht gegen das Fenster und schirmte mit den Händen seine Augen gegen den hellen Schnee ab. »Da ist ein Mann drin«, bestätigte er und griff nach seinem Handy. »Er rührt sich nicht.«
Während Daniel versuchte, Hilfe zu rufen, warf Will einen Blick in den Wagen. Der Mann hing kopfüber in seinem Sitz, nur gehalten von seinem Anschnallgurt. Blut tropfte aus seiner Nase, und eines seiner Beine baumelte in einem seltsamen Winkel herunter. Will versuchte, seinen angestrengten Atem zu beruhigen, um sich auf die Brust des Mannes konzentrieren zu können. Er hoffte, so erkennen zu können, ob der Mann noch atmete. Nach einer Weile konnte er schwach das leichte Heben und Senken des Brustkorbs erkennen. Der Mann lebte.
»Sie wollen wissen, ob er noch atmet«, rief Daniel ihm über das Tosen des Windes zu.
»Ja, er atmet«, bestätigte Will. »Er ist bewusstlos, und es sieht aus, als hätte er sich ein Bein gebrochen.«
»Sie werden so schnell herkommen, wie sie können«, sagte Daniel, nachdem er aufgelegt hatte. »Sie schicken einen Abschleppwagen aus der Stadt und einen Krankenwagen aus Conway. Kennst du den Mann?«
»Nein«, sagte Will. »Aber es ist schwer zu sagen. Er ist in ziemlich schlechter Verfassung. Ich hoffe, sie kommen noch rechtzeitig.«
AUGIE
Ich sehe, dass Beth in dem Klassenzimmer verschwindet, und versuche mir vorzustellen, wie es sich anfühlt, zu glauben, dein Vater könnte dich so sehr lieben, dass er eine ganze Klasse voller Kinder als Geiseln nehmen würde, nur um dich zu sehen. Dann kommt mir ein anderer Gedanke, einer, der mir leichte Übelkeit verursacht. Vielleicht tut ihr Dad das nur, weil er Beths Mom so sehr hasst. Vielleicht ist das seine Art, Rache an ihr zu nehmen. Würde er aus Hass auf seine Frau seine eigenen Töchter erschießen? Man hört davon ab und zu im Fernsehen, von Frauen, die ihre Sechsjährigen erwürgen, weil sie frech waren, von Müttern, die ihre acht Monate alten Babys in der Badewanne ertränken, oder von Vätern, die ihre gesamte Familie erschießen und dann das Haus in Brand setzen.
Bei diesen Gedanken werden
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