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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Bescheid weißt, was hier abläuft.
    – Ja, ja, hast ja Recht. Hast du auch mal zu seinen Kids gehört?
    Sie schiebt sich die Haarsträhne hinters Ohr.
    – Ja, dort hat alles angefangen.
    Sie stemmt eine Hand in die Hüfte und lehnt sich in herausfordernder Haltung gegen den Sekretär.
    – Aber seine Methoden haben mir nicht gefallen.
    – Also hast du dich auf einen Handel eingelassen.
    Sie fischt sich eine Zigarette aus dem Päckchen auf dem Sekretär und schiebt sie zwischen ihre Lippen.
    – Ja, wir haben einen Handel geschlossen.
    Mir fällt auf, dass sie nach einem Streichholz sucht, und hole meine aus der Tasche.
    – Das war ziemlich schlau von dir, wenn ich von dem ausgehe, was ich dort gesehen habe.
    Ich werfe ihr das Streichholzbriefchen zu.
    – Und was war das für ein Handel?
    Sie zündet ein Streichholz an und hält es gegen ihre Zigarette.
    – Die Art von Handel, bei dem ich ihn aus der Sonne hätte zerren müssen, als ihn die Mungiki grillen wollten.
    Sie schlendert zu mir rüber und wirft das Streichholz in den Aschenbecher.
    – Zu diesem Zeitpunkt war er schon zu weit hinüber, um sich zu wehren, als ich ihm in die Fresse getreten hab und abgehauen bin.
    Sie stampft ein paarmal mit ihrer nackten Ferse auf den Boden.
    – Wäre schlauer gewesen, ich hätte ihn endgültig in der Sonne liegen gelassen.
    – Was hat dich abgehalten?
    Für einen Augenblick erscheint ihre Zungenspitze zwischen ihren Lippen, zieht sich jedoch sofort wieder zurück.
    – Ich hatte Angst. Wie bescheuert. Angst, dass er mir was Schlimmes antut, wenn ich ihn umbringe.
    Sie schnippt Asche von ihrer Zigarette.
    – Er hat das drauf.
    Sie nimmt einen Zug und stößt beim Sprechen Rauch aus.
    – Er hat eine echte Gabe, wenn es darum geht, Kindern Angst einzujagen.
    Die Spitzen unserer Zigaretten leuchten ein paarmal auf.
    Dann drücke ich meine aus.
    – Du kannst immer noch nachholen, was du versäumt hast.
    Sie nickt.
    – Ja, daran hab ich auch schon gedacht. Jedes Mal, wenn wieder ein Kind aus der Gegend vermisst wird, überlege ich mir, ob ich nicht rübergehe und die ganze Sache beende.
    – Und was hält dich davon ab?
    Sie wandert wieder zum Sekretär.
    – Na ja.
    Nachdem sie ihre Zigarette am Rand der Schreibfläche abgelegt hat, wühlt sie erneut in der Schublade.
    – Ich hab immer noch Angst vor ihm. Lächerlich, oder?
    Ich muss an meine Eltern denken. Wie mir die Pisse die Beine runterlief, immer wenn sie auf mich losgingen.
    Ich beobachte Esperanza und versuche, die dunklen Tätowierungen auf ihrer dunklen Haut in diesem dunklen Zimmer zu erkennen.
    – Nein, das ist überhaupt nicht lächerlich.
    Sie zieht eine uralte, riesige Sonnenbrille und eine Puderdose aus dem Schub, geht zu mir rüber und setzt mir die Brille auf.
    Dann legt sie den Kopf schief und betrachtet mich.
    – Als ob du gerade beim Augenarzt gewesen wärst.
    Sie öffnet die Puderdose und hält sie mir vors Gesicht. Ich betrachte mich samt Sonnenbrille im Schminkspiegel.
    – Na toll. Sehr unauffällig.
    Sie lässt die Puderdose wieder zuschnappen.
    – Besser, als jedem das Hackfleisch in deinem Auge zu zeigen.
    Sie nimmt mir die Brille wieder ab.
    – Wächst das wieder nach?
    – Nein. Höchstens das Augenlid. Aber die Wunde wird verheilen. Und über das Loch wächst wahrscheinlich Haut.
    Sie legt Brille und Puderdose auf den Ghettoblaster neben dem Aschenbecher.
    – In ein paar Stunden wird’s hell.
    – Ja.
    – Ich mein ja nur. Du kannst gern hierbleiben.
    Ich rücke auf meinem Stuhl herum.
    – Nein, ich muss...
    Sie hebt die Hand.
    – Erzähl mir nicht, was du alles musst, Pitt. Das will ich gar nicht wissen, und ich will auch keine Entschuldigung hören. Und nur fürs Protokoll: Das war eine Geste der Gastfreundschaft. Ich wollte damit nicht das Geringste andeuten.
    Sie holt sich ihre brennende Zigarette drüben auf dem Sekretär.
    – Du hast mir bereits unmissverständlich klargemacht, dass du nicht interessiert bist. Und ich hab dir klargemacht, dass ich es schon bin, und dass du keine Verpflichtungen eingehen musst. Ich werd mir doch nicht in einer Nacht zweimal einen Korb geben lassen. Wenn ich also sage, du kannst gerne hierbleiben, dann meine ich damit, dass ich auf dem Feldbett schlafe und du auf dem Boden. Nicht, dass ich dich von der Bettkante schubsen würde, aber du hast ja deutlich gemacht, dass da nichts läuft.
    Sie verschränkt die Arme über dem Tanktop mit dem Logo der Basketballnationalmannschaft der

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