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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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verwilderten Vorgärten erheben sich eine Mietskaserne aus gelbem Backstein, ein dreistöckiges Stadthaus mit verrottenden Dachschindeln, ein graues, mit Aluminium verkleidetes Reihenhaus mit einem Wetterhahn über der Terrasse sowie eine weitere Scheißpfingstgemeinden-Kirche.
    Auf dem grünen Schild davor steht Juan 3:16:
    Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.
    Komische Sache. Ich denke an die schrecklichen Dinge, die wir tun müssen, um zu überleben. Wenn wir diese Dinge nur oft genug tun, dann können wir so gut wie ewig leben. Das lässt einen schon auf merkwürdige Gedanken kommen.
    Wie zum Beispiel die Sache mit Sein Blut trinken und Sein Fleisch essen.
    Wenn einer wie ich so was hört, hat er sofort eine ganz eigene Vorstellung davon, was beim letzten Abendmahl so abgelaufen sein könnte. Ich will jetzt keine Vermutungen äußern. Aber die Vorstellung lässt mich gelegentlich laut lachen.
    Hinter der Kirche verläuft ein Maschendrahtzaun, an den sich ein kleiner, mit Unkraut überwucherter Garten anschließt. Tief hängende Äste schirmen die Rückseite eines armseligen weißen Reihenhauses vor neugierigen Blicken ab. Ich klettere über den Zaun, kämpfe mich durchs Gestrüpp und kratze an der roten Hintertür.
    Nichts. Ich kratze noch mal. Wieder nichts. Ich klopfe. Immer noch nichts. Gerade, als ich ausholen will, um ordentlich gegen die Tür zu hämmern, rieche ich das Waffenöl aus dem Lauf einer Schrotflinte, der gleich darauf meinen Nacken kitzelt.
    – Wenn du meine Nachbarn aufweckst, werd ich richtig ungemütlich.
    Ich hebe die Hände.
    – Wenn du das Ding abfeuerst, weckst du sie mit Sicherheit.
    – Stimmt schon. Aber dann haben sie zu viel Angst, um aus dem Fenster zu sehen.
    – Das ist ein Argument.
    Sie nimmt die Waffe runter.
    – Joe, was zum Teufel machst du hier?
    Ich drehe mich um und zeige Esperanza meine neueste Wunde.
    – Kannst du mir eine Sonnenbrille leihen?
    – Ich dachte, du wolltest es heute Nacht ruhig angehen lassen.
    Ich hocke mich auf einen Stuhl in der Ecke ihres Kellerraums.
    – Wollte ich auch. Leider hatte ein Typ namens Jammer andere Pläne.
    Sie legt die Schrotflinte vom Kaliber 20 neben ihrem alten Armeefeldbett auf den Boden.
    – Mr. Jammer.
    – Hab mich mit ein paar seiner Kids angelegt.
    Sie öffnet die Schublade eines alten Sekretärs.
    – Hast du ihnen was getan?
    Ich deute auf mein Gesicht.
    – Seh ich so aus? Der alte Scheißer hat mir den Zeh abgebissen. Willst du mal sehen?
    Sie wühlt in der Schulbade.
    – Nein, will ich nicht.
    – Dachte ich mir. Dazu kommt, dass ich ein Auge verloren und mein Knie ruiniert habe. Bald bin ich reif für den Sondermüll.
    Sie sieht von der Schublade auf.
    – Das bezweifle ich.
    Ich zünde mir eine Zigarette an und werfe das abgebrannte Streichholz in einen Blechaschenbecher.
    – Das kannst du bezweifeln, solange du willst, aber in dem Tempo, in dem ich Körperteile verliere, könnte ich genauso gut an Lepra leiden.
    Sie nimmt ein grüngoldenes Schweißband aus der Schublade und zieht es mit den Fingern breit.
    – Wie bist du entkommen?
    – Bin auf einen Handel eingegangen.
    Sie legt das Schweißband zurück und dreht sich um.
    – Handeln ist aber gar nicht Jammers Stil.
    – Was soll ich sagen? Wir haben gehandelt.
    Sie kratzt sich den Oberschenkel knapp unter dem Saum ihrer Flanellboxershorts, die sie schon anhatte, als sie mich mit der Waffe bedrohte. Wahrscheinlich trägt sie das Ding bereits die ganze Zeit und wollte sich einfach nur nicht die Mühe machen, sich umzuziehen.
    – Na ja, so unmöglich ist das nicht.
    Ihr ansonsten gegeltes Haar ist frisch gewaschen, so dass es in feuchten schwarzen Strähnen bis zum Kinn hängt.
    – Schließlich bin ich auch mal einen Handel mit ihm eingegangen.
    Über dem Feldbett hängt ein altes Poster des Basketballstars Patrick-Ewing. Die Ränder sind von Reißnägeln zerfranst.
    Ich strecke die Beine aus. Die Knochentrümmer in meinem Knie reiben knirschend aneinander.
    – Was du nicht sagst. Ich wusste gar nicht, dass du den Kerl kennst. Um die Wahrheit zu sagen, vor heute Abend wusste ich nicht mal, dass es ihn überhaupt gibt.
    Sie wickelt sich eine Haarsträhne um den Finger.
    – Ich hab’s dir schon mal gesagt: Da du dich so standhaft weigerst, dich in die Belange dieses Viertels einzumischen, kannst du auch nicht erwarten, dass du über alles

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