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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Kirche von Cherubim und Seraphim. Die Hoffnungsversammlung Israels. Das Glaubenszentrum des Heiligen Herzens. Concillio de Inglesia Pentecostal Vision Para Hoy Inc.
    Nicht, dass ich Angst hätte, in Flammen aufzugehen, wenn ich zu nahe rankomme. Die eigentliche Gefahr bei diesen beschissenen Kirchen besteht darin, dass sie einen perfekten Nährboden für jede Art von Aberglauben bilden. Nicht nur der übliche Scheiß von der Jungfrauengeburt; oder dass ihr Sohn sich kreuzigen lässt, damit er wiederauferstehen kann. Diese Leute glauben alles, was man ihnen erzählt.
    Sogar an Vampire.
    Zwar glauben sie fälschlicherweise, dass man Vampire mit Knoblauch und dem Namen Gottes in die Flucht schlagen kann, aber sie glauben an sie. Und das ist gefährlich.
    An der Ecke Rockwood und Concourse, dort wo das große Wohngebäude steht, das aussieht, als hätte sich der Architekt von Charles Addams inspirieren lassen, überquere ich den Boulevard.
    Die Gläubigen sind ein echtes Problem.
    Sie sind schuld daran, dass ich hier ständig von einem Loch zum nächsten kriechen muss. Das liegt vor allem daran, dass ich weiß bin und mich nur nachts blicken lasse. Was ein paar von diesen Kirchenfritzen neugieriger macht, als gut für sie ist.
    Natürlich ist die Bronx nicht das einzige Viertel, in dem die Gläubigen Ärger machen.
    Auch auf der anderen Seite des Flusses herrscht Unruhe. Es würde mich stark wundern, wenn da nicht auch irgendwelche Dogmatiker dahinterstecken, die es kaum erwarten können, aufeinander loszugehen. Plötzlich fühlt sich jeder bedroht, macht einen auf dicke Hose und wartet darauf, dem Erstbesten an die Kehle zu springen, der auch nur das geringste Zeichen von Schwäche zeigt. Dann machen sie sich so lange gegenseitig fertig, bis nur noch zwei übrig sind. Die können sich dann umkreisen, beschnuppern und sich gegenseitig die Zähne ins Fleisch schlagen.
    Es riecht förmlich danach, dass es bald eine Menge Leichen geben wird.
    Ich erinnere mich an das, was mir Predo über die Pläne der kleinen Horde und die allgemeine Reaktion darauf erzählt hat. Zu versuchen, die Wahrheit aus seinen Lügen zu filtern, wäre reine Zeitverschwendung. Das habe ich schon so oft probiert und mir jedes Mal eine blutige Nase dabei geholt.
    Die einzige Möglichkeit, herauszufinden, was Predo wirklich vorhat, besteht darin, mein Messer irgendwo reinzustechen und so lange herumzufuchteln, bis ich auf die Schlagader stoße.
    Warum sich überhaupt die ganze Mühe machen?, könnte man sich fragen.
    Der kleine Pisser ruft dich an, und schon stehst du Gewehr bei Fuß. Sicher, das Angebot, das er dir gemacht hat, klingt unkompliziert, aber wird dadurch am Ende dein Spielraum nicht zu stark beschnitten? Ist es hier oben wirklich so beschissen? Warum sich nicht einfach weiter irgendwie durchschlagen? Fehlt dir etwa ein höheres Ziel im Leben? Bist du wirklich bereit, dich auf dem Silbertablett zu präsentieren, nur, um nach Manhattan zurückkehren zu können? Weißt du, Joe, Manhattan ist ja echt toll und alles, aber die Mieten sind einfach unbezahlbar!
    Kümmer dich besser um deinen eigenen Scheiß, könnte ich antworten.
    Braucht es einen Grund, um eine Dummheit zu begehen?
    Reicht es, dass man sich einfach zu Tode langweilt, um einen Auftrag anzunehmen, der zum Himmel stinkt?
    Wohl kaum.
    Also muss ich wohl einen triftigeren Grund dafür haben. Ich habe sogar mehrere Gründe. Da drüben gibt es Menschen, die mir etwas bedeuten. Zwei Menschen.
    Einen davon werde ich wohl umbringen.
    Mit dem anderen verhält es sich komplizierter. Weil dieser Mensch eine Frau ist. Und das macht es immer kompliziert.
    Die vage Hoffnung, eines Tages wieder den Fluss überqueren zu können, hat mich am Leben gehalten. Und wenn dann einer daherkommt und diesen Traum wahrmachen will, den du seit einem Jahr träumst, darfst du nicht wählerisch sein. Sonst ist der Traum unwiederbringlich verloren.
    Es ist ein krummes Geschäft. Wahrscheinlich werde ich dabei draufgehen. Aber was soll’s?
    Wenn ich mich geschickt anstelle, könnte ich mein Mädchen wiedersehen. Und wiedersehen will ich sie, daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sie mich dann wahrscheinlich auf der Stelle umbringt, falls sie noch am Leben ist.
    Ich mag sie trotzdem.
    Außerdem – gibt’s eine schönere Art zu sterben?
     
    Die anmutige Neonfigur einer Frau bildet das i in dem Morris von Morris’ Friseursalon & Wellness. Hinter dem Laden endet der Bonner Place in einer Sackgasse. In den

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