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Bis Zum Letzten Tropfen

Bis Zum Letzten Tropfen

Titel: Bis Zum Letzten Tropfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Huston
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Klippe zu, die ich seit Jahrzehnten mit all meinem Einfluss und meinen Ressourcen wieder und wieder zu umschiffen versuchte. Und jetzt sehen wir diese dunklen Tiefen unter unseren Füßen ganz deutlich, weil wir nämlich nur noch mit den Fersen festen Boden berühren.
    Er bleibt stehen.
    – Ich bin sehr beschäftigt, in der Tat. Ich muss versuchen, Tausende von Menschen, einen ganzen Lebensstil, eine jahrhundertealte Tradition und eine gefährdete Kultur zu bewahren und zu retten. Aber nichts davon ist so dringend, dass es mich davon abhalten kann, einen Moment meiner Zeit zu opfern, um einen kindischen Söldner zu töten. Einen Mann, der jahrelang selbst durch Blut gewatet ist und uns nun an diesen Abgrund treibt, nur weil er mitbekommen hat, woher seine Nahrung stammt und es ihm nicht passt, wie die Viehzüchter ihr Vieh behandeln.
    Er lässt die Finger knacken.
    Der große Geheimnistuer, Oberspion und Attentäter.
    Gemästet mit Säuglingsblut.
    Wenn er loslegt, wird er meine Knochen wie fauliges Holz brechen. Mein Fleisch zerreißen. Mein Blut wie schmutziges Wasser durch die Straßen laufen lassen.
    Er ist alt und stark und schnell, und ich kann ihn unmöglich besiegen.
    Aber leicht werde ich es ihm nicht machen.
    Meine Hand fährt unter die Jacke und wie durch Zauberei kommt meine Pistole zum Vorschein. Ich hebe den Arm, atme ein, und in dem Augenblick zwischen Ein- und Ausatmen, als alles und alle für einen Moment zu erstarren scheinen, drücke ich den Abzug. Die Waffe ist direkt auf sein Gesicht gerichtet.
    Ein Blutstropfen löst sich von meiner Augenbraue und fällt in mein Auge.
    Ich blinzle.
    Und als ich das Auge wieder öffne, steht er vor mir, und die Kugel, die eigentlich für ihn bestimmt war, hat sich in die Ziegelwand der Gasse gebohrt. Seine Hand schlägt meine zur Seite. Die Pistole fliegt davon.
    Aber das ist schon okay. Gar kein Problem. Ich hab zwar die Pistole verloren, doch in der anderen Hand halte ich mein Rasiermesser. Und ich bin nah genug dran, um es einzusetzen.
    Ich hole aus. Die Klinge durchtrennt die Luft zwischen uns, blitzt im flackernden Licht eines Fernsehgeräts auf, das aus einem Fenster über uns fällt, schießt auf seine Kehle zu.
    Dann ist das Rasiermesser plötzlich verschwunden.
    Ich zucke zusammen, erwarte, dass es in Predos Fingern wieder auftaucht, um es dann in meinem eigenen Hals zu spüren.
    Aber wie als Antwort auf das Blitzen des Messers leuchten am Eingang der Gasse vor Predos Schlägern zwei weiße Gestalten auf. Im Vorbeigehen lassen sie zwei identische kopflose Körper zurück, die noch einen Augenblick wankend dastehen, bevor sie endgültig in sich zusammenfallen.
    – Dies ist der falsche Ort, um eure Streitigkeiten zu schlichten.
    Neben uns steht ein Skelett in weißer Toga.
    Es hält mir die Klinge des Rasiermessers unters Kinn.
    – Gerade du solltest das wissen, Simon.
    Ich bewege mich nicht. Verzichte sogar auf meinen üblichen Einwand, dass ich nicht gerne bei meinem richtigen Namen genannt werde.
    Die tief in den Höhlen liegenden Augen des Skeletts wandern zu Predo. Wobei es das Messer weiter so hält, dass es jederzeit mit einer Handbewegung mein Leben beenden kann.
    – Du. Dein Clan achtet viele Übereinkünfte und Gesetze. Ihr habt euch Verhaltensregeln nach dem Vorbild dieser menschlichen Schafherde um uns herum geschaffen. Um euch einen Gefallen zu tun, haben wir einst eine Linie auf einer Karte akzeptiert. War es nicht abgemacht, dass allen Übles widerfährt, die diese Linie überschreiten? Und doch seid ihr hier. Auf der falschen Seite der Linie.
    Predo leckt sich über die Lippen.
    – Ich bin ein Repräsentant der Koalition.
    Das Skelett schüttelt den Kopf.
    – Du bist ein Polizist außerhalb seines Reviers. Du hast hier nichts verloren.
    Das Skelett nähert sich Predo und starrt ihm direkt ins Gesicht.
    – Du gehörst nicht zur Enklave.
    Es hebt die Klinge und zwingt damit auch mein Kinn höher.
    – Ob dieser hier dazugehört, ist umstritten.
    Das Skelett nimmt die Klinge von meiner Haut und zeigt sie Predo.
    – Doch du bist nur Fleisch. Unwissend und unrein. Du musst gesäubert werden.
    Predo fängt an zu schwitzen.
    – Mich zu töten, würde als ein Akt äußerster Aggression gewertet.
    Das Skelett lacht krächzend.
    – Ja. Und dann? Schickt eure Koalition dann noch weitere, die uns bedrohen sollen?
    Es macht eine abfällige Handbewegung in Richtung der kopflosen Körper, die von einem weiteren Skelett in den Kofferraum eines

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