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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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verteufelten Erzjunker und Streber, daß er die Schmach von Olmütz verteidigt habe, und Otto blieb sich bewußt, daß dieser Vorwurf in allen nationalgesinnten Kreisen außerhalb der Rechten an ihm haften werde als lebenslängliches Odium. Es war aber ganz unbegründet. Er ging mit keinem Wort auf die Olmützer Abmachung ein, und völlig unbeachtet blieb der bedeutsame Hinweis, daß die soeben stipulierten »freien Konferenzen« in Dresden das Verhältnis von Österreich und Preußen erst klarlegen würden. »Wer den Krieg durchaus will, vertröste sich darauf, daß er in den freien Konferenzen jederzeit zu finden ist. Man dürfe daher nicht eher entwaffnen, als bis nicht dort ein positives Resultat erzielt sei. Dann bleibt es noch immer Zeit, Krieg zu führen, wenn wir ihn mit Ehren nicht vermeiden können oder nicht vermeiden wollen.« Er ging also bis an die äußerste Grenze der Möglichkeit, den wahren Grund seines Handelns zu erklären. Klar durfte er nicht vor dem Lande und dem österreichischen Gesandten, der verständnisvoll in seiner Loge zuhörte, den mangelhaften Zustand der preußischen Rüstung offenbaren. Er hoffte immer noch mit naiven Vertrauen des Nichtfachmanns auf zünftige Autoritäten, daß jede Diplomatie in der Lage sei, einen Krieg je nach Bedarf zu verschieben oder für dessen Austragung einen Vorwand zu finden. Aber er rechnete nicht mit der Duckmäuserei des armen Manteuffel, eines gewöhnlichen Bureaukraten, der als kleiner Landrat anfing und der sich in Dresden mit einigen Kanzleidienern dem pomphaften millionenreichen böhmischen Magnaten mit Livreebedienten, Silbergeschirren und Champagnerkübeln gegenübersah. Die Gesandten der deutschen Kleinstaaten verglichen beide Staaten in ihren Vertretern, und da zog Preußen kläglich den kürzeren. Auf diesem neuen Regensburger Reichstag schwebte wie in der guten alten Zeit wieder Habsburgs Doppeladler in vollem Glanze.
    ... Weihnachten in Reinfeld feiernd, verbrachte er nachher in Berlin seine Zeit mit lauter Familiensorgen, Kinderkrankheiten, deren Gefährlichkeit er als zärtlicher Vater übertrieb, Gehirnerweichung des Vetters Albert Below und ähnlichen erbaulichen Dingen. In Reinfeld hatte die Kusine Melissa v. Behr, ihm schon früher mit hysterischer Muckerei lästig fallend, die Bethanien-Stiftung mit schmachtenden Blicken verfolgt und sich nach Berlin begeben, um Diakonissin zu werden. Taktvoll schrieb er an Johanne: »Von Melissa werde ich nicht reden.« Als parlamentarischer Revisor der Seehandlung hatte er sehr langweilige Aktengeschäfte,Abhetzung mit Einladungen. Flügeladjutant v. Goltz gab ihm ein Rendezvous, um mit ihm im Auftrag des Prinzen von Preußen einiges zu beraten, wie sich denn Rußland zu den Dresdener Verhandlungen stelle.
    »Sehr ruhig. Ich dinierte neulich bei Budberg. Dieser junge Diplomat wird mit seiner arroganten Verachtung alles Deutschen sicher beim Zaren Karriere machen, er ist schon so gut wie Gesandter. Der Militärattache Graf Benkendorff tröstete mich freundlich, Rußland fasse die deutsche und polnische Frage nicht mehr militärisch, d. h. gefährlich auf. Ein Generaladjutant Grünewald war auch da, der irgendwie meine pommersche Familie kennt. Er sprach Baltisch-Deutsch mit Moskowiter Akzent, sagte: ›Der Kai-isr wird mir dankbar sie-in, wenn ich ihm werrd erzählen von Ihnen.‹ Man hält mich offenbar als Verfechter von Thron und Altar für einen besonderen Russophilen. Auch bei Herrn v. Prokesch steh' ich in Gunst, er grüßt immer so freundlich, berichtet wohl nach Wien, daß ich ein besonderer Freund Österreichs sei.« Er lachte leise. »Herz, was verlangst du noch mehr! Vor dieser Fülle der Gesichter wird mir noch bange.«
    »Ich hörte so ähnliches vom Grafen Stolberg und vom Präsidenten Senft v. Pilsach, mit denen Sie ja näher verkehren. Ich darf also dem Prinzen berichten, daß eine versöhnliche Meinung herrscht?«
    »Jadoch, ja!« versehe er ungeduldig. »Doch was weiß ich, was in Dresden ausgeheckt wird. Ich bin an Manteuffel etwas irre geworden.«
    »Das wird Seine Königliche Hoheit freuen. Höchstderselbe möchte auch wissen, wie es mit Ihrem Ministerposten in Bernburg steht, den Asseburg Ihnen anbot. Der Herzog ist blödsinnig. Sie wären der Regent des Ländchens. Ballenstädt liegt nahe am Selketal im Harz, den Sie so lieben.«
    »Ich gehe nur, wenn der König befiehlt. Unser Ministerium widerrät, weil sie mich in der Kammer als Champion haben wollen. Sehr schmeichelhaft!

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