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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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ausweichende Antwort. »Doch für so hohe Verantwortung reicht meine Erfahrung nicht hin.«
    »Da mögen Sie recht haben.« Rochow nickte bedächtig. »Das Hofleben dort strengt an und erst das Klima, oh! Hier am schönen Rhein ist das Leben so angenehm, mit den verschiedenen erlauchten Höfen in Süddeutschland verkehrt sich's leicht.« Einen Orden für jeden Besuch! stand im ironischen Blick, den Otto auf die schwere Ordenslast des Gesandten heftete. »Da hat man zum Beispiel ein reizendes Leben als Gesandter in Darmstadt, zugleich akkreditiert beim Herzogtum Nassau und bei dieser freien und munifizenten Reichsstadt Frankfurt.« Ja, er bemüht sich in Berlin darum, daß man mich auf diesen Nebenposten abschiebt, dachte der so leutselig belehrte Anfänger bitter. »Nun, das wird sich ja alles finden. Ich werde Sie natürlich sofort in die hiesige Gesandtschaft einführen, und Sie tun wohl daran, mein hochverehrter Herr Geheimrat, sofort Ihre Antrittsvisiten zu machen.«
    »Ich stehe ganz zu Ew. Exzellenz Befehl und werde Ihren Rat befolgen.« – – Als er in sein Quartier im »Englischen Hof« zurückkehrte, wo er abstieg, empfing ihn sein treuer Kammerdiener Hildebrand. »Na, du siehst ja in deiner Livree wie ein Graf aus. Gefällt's dir?«
    »Ja, ja, gnä' Herr, wenn nur allens so nett wäre. Aber man is doch hier in der Fremde, und sie reden so'n ausländisches Kauderwelsch.«
    »Schafskopp! Ist Deutschland im Ausland? Das sind auch Deutsche hier, merk' dir das, so gut wie wir Altmärker.«
    »Mag schon sind, gnä' Herr, aber justament auf uns Preußen haben sie einen höllischen Zahn, so viel bracht' ich schon 'raus. Wir haben ihnen doch nie was zuleide getan.«
    »Bloß den fetten Bürgern Ruhe in ihren Betten verschafft durch ein königlich preußisches Regiment.«
    »Ach so! Justament das kreiden sie uns wohl an. Undank ist der Welt Lohn.«
    Wie wahr! Daß doch der einfache Sinn des Volkes alle hochpolitischen Dinge aufs ewig Menschliche zurückführt! Gerade daß Preußen mit tausend Bedenklichkeiten und Gewissensskrupeln die Rechte anderer nicht antasten möchte, verzeiht man ihm nicht. Denn jeder fühlt instinktiv die geheime Stärke, und daß ein Starker nie seinen Willen durchsetzt, erfüllt mit Argwohn als unnatürlich. So sind wir die Bestgehaßten wegen unserer Friedfertigkeit. Die Engländer laden ihre Bomben mit Humanität, die Franzosen mit Freiheit und Menschenrechten. Noch immer proklamieren sie den Kampf für die Menschheit, wenn sie auf Straßenraub ausgehen. Wir, wenn wir mal endlich zuschlagen, finden nie schöne Worte, nur stramme Hiebe, deswegen sind wir brutale Barbaren. Die Welt will betrogensein, wußten die klugen Römer. Ach, du mein Gott, wir Deutschen sind das begabteste und klügste Volk der Welt, aber in puncto Diplomatie werden wir immer arme Schächer bleiben. Der Alte Fritz war gewiß schlau und gewandt, und doch mußte er den Krieg erklären und in Sachsen einrücken, um nicht erdrosselt zu werden. Was half ihm sein Manifest, er ziehe das Schwert zur Rettung deutscher Libertät! Ganz Deutschland war gegen ihn zugunsten der Welschen und Kroaten. Es muß etwas radikal Falsches, eine angeborene Schwäche in unserer Politik stecken. Unsere peinliche gefährdete Lage verkenne ich nicht, doch wir ahnen nie, wie stark wir sind. Hätte sonst Wellington sich im Waterloo-Jahr heimlich mit Frankreich und Österreich verbündet, um uns zu überfallen, bis ihm Napoleons Rückkunft einen Strich durch die Rechnung machte? Und wie bezahlte man die Waffenbrüderschaft von Waterloo? Der alte Raumer zeigte mir einen Brief von Gneisenau, wo er Stein und Bein über Englands Undank klagt. Was hilft das Klagen! Jeder nimmt so viel als er kriegen kann, und läßt sich jemand das Fell über die Ohren ziehen, so wird er eben geschunden. Blücher und Gneisenau waren gewiß die herrlichsten Patrioten, aber von den Geschäften verstanden sie nichts. Wäre beim zweiten Pariser Frieden ein richtiger Staatsmann für Preußen dabei gewesen, so hätten wir heut Sachsen. Hm! Wer weiß, wofür das gut ist, jed' Ding hat zwei Seiten, und ich bin gar nicht für leere Annexionen und Aufschluckung deutscher Reservatrechte. Gott besser's! Da sitz ich grüner Anfänger und korrigiere die Schulhefte preußischer Diplomatie. Was ich leisten würde, ist noch sehr die Frage. Aber – –! Den Rochow ›hab' ich weg‹, wie der kleine Bülow von Monsieur Bernadotte sagte. Ein Ruheposten soll hier sein? Nicht in Petersburg

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