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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Lynar, der ihn als Sekretär begleitete, und schrieb in gleichem Sinne an Manteuffel. »Dieser Bach wird ohnehin in der hohen Gesellschaft verpönt. Was mir Majestät daheim von einer Szene mit Graf Hardegg andeutete, ist zwar Verwechselung mit einer viel früheren Szene mit einem Märzminister Pillendorf, den Hardegg anschrie: ›Wie kann ein Schuft wie Sie die Stirn haben, in ein Zimmer zu treten, wo ich bin? Nur Achtung vor den Damen hindert mich, Sie anzuspucken, aber raus mit Ihnen!‹ Und der Bursche ging. Aber nur des Kaisers Name und sein hohes Amt schützen Bach vor ähnlichen Auftritten. Die Herrschaften sind hier äußerst vorsichtig in der Konversation, aber wenn auf Bach die Sprache kommt, halten sie mit nichts hinterm Berge. In der großen Welt ladet man ihn nie ein, er muß sich mit offiziellen Staatsdiners begnügen.«
    Auf einem solchen hatte der preußische Botschafter das Vergnügen, am Schluß mit allen Gästen fünf Minuten zu warten, bis der übermütige Emporkömmling seine Zähne gereinigt und seinen Mund ausgespült hatte. So verstand er das Benehmen eines Kavaliers.
    »Arroganz und Nonchalance verdecken nicht die schlechte Erziehung. Dieser Mensch ohne Geburt und Herkommen!« empörte sich Frau v. Meyendorff, wo die große Welt verkehrte. »Ich begreife nicht, Mizzi, wie dein seliger Bruder ihn tolerieren konnte!« wandte sie sich an Fürstin Schönburg.
    »Bach war für den Fürsten, was der Mohr für Fiesko in Schillers Stück. Solche Subjekte braucht man eben«, warf Otto hin. »Es widerspricht zwar diplomatischer Usance, doch ich brauche hier keine Reserve, denn alle Welt deutet mir ja auf diesen Herrn hin als Fahnenträger und Blasebalgbläser antipreußischer Raserei.«
    »Ach, das ist die Judenclique!« maulten verschiedene Stimmen verächtlich. »Bach, Bruck und ein Stab von Zeitungsschreibern. Besonders kommerziell verabscheuen sie Preußen, sie werden schon wissen warum. Da gibt's immer geheime Proßentche, wenn die ein Geschäft wollen oder nicht wollen.«
    »Graf Buol scheint mir aber auch ganz in deren Händen. Entre nous soit dit , es hat den Anschein, als hintertreibe er meine Präsentierung vor Seiner Majestät dem Kaiser.« Man schwieg. Es schien ja offenkundig, daß der Monarch auf Betreiben und Anraten seiner Minister möglichst lange dem Preußen aus dem Wege ging. Mußte er auch gerade jetzt in Ungarn jagen! Zuletzt mußte aber ein anderer Einfluß im Spiele sein, auch ging es auf die Dauer nicht an, den Überbringer eines eigenen Handschreibens des Preußenkönigs Wochen um Wochen warten zu lassen. So eröffnete denn Buol eines Morgens: »Mein allergnädigster Herr wird geruhen, Sie in Ofen zu empfangen, wenn Exzellenz sich dorthin bemühen wollen.« Er schien minder zugeknöpft als im Anfang. Seine anglomanische ablehnende Steifheit entsprang mehr verlegener Unsicherheit als üblem Willen.
    »Ich taxiere ihn so,« urteilte Otto zu Lynar, »daß er mit mauvaise honte seine unergründliche Unwissenheit in deutschen Angelegenheiten verstecken will. Wie bezeichnend, daß er mal Kurhessen mit Hessen-Darmstadt verwechselte! In Galizien weiß er besser Bescheid. Und das nennt sich ein deutscher Bundesstaat!«
    Er fuhr nun im Dampfer, der ihm zu Ehren eine preußische Flagge aufsteckte, von Gran nach Budapest ans kaiserliche Hoflager. Da er die Donaufahrt Passau-Linz kannte, wo die noch schmale Donau die Kluft zwischen eng zusammengereckten und bis zum Ufer niederwallenden Waldbergen füllt, so hatte er schon Ähnliches genossen. Aber mächtig ergriff ihn das Bild, als die Ofener Burg aus dem Wasserspiegel aufstieg und jenseitsüber Pest die Pußta braunrötlich vom blaurötlichen Abendhimmel sich abhob. Er saß auf dem Schloß in gewölbter Halle, vom Mondlicht umspielt. Die Lichter der großen Stadt am anderen Ufer blitzten zu ihm herauf, Geigenklänge einer Zigeunerkapelle tönten herüber, auf der langen Kettenbrücke nach Ofen schob sich weithosiges, breithutiges Volk hin und her, auf Holzflößen standen braune Gesellen mit schwarzem Schnurrbart und speckglänzenden, wildflatternden Haaren. Der Globus von Ungarn tat sich auf, wo der Tokayer wächst und jeder Jüngling im Café- oder Freudenhaus sich auf Stuhlrichter oder Obergespan vorbereitet, wo halbnackte Hirten im Schafpelz den Czardas tanzen und die zottigen Rößlein mit dem Lasso einfangen auf öder Pußtaheide, wo von der Theiß bis zum Eisernen Tor von Orsowa und von da bis in die Siebenbürgener Karpathen das

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