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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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romantische Halbasien in freier Sonnenglut gedeiht, wo Paprika gegen das Sumpffieber nutzen soll und in Wahrheit nur die fetten Speisen würzt, die sonst selbst einen ungarischen Magen erdrücken würden. Ein schönes, freies Land, wo sich's herrlich lebt und wo das steifleinene Europa Abschied nimmt.
    *

Er überreichte dem jugendlichen Kaiser sein Kreditiv. Dieser trug preußische Uniform und tat ihm die hohe Ehre an, ihm allein ohne Anwesenheit des Ministers des Äußern eine Unterredung zu gewähren, eine nach Hofbrauch ungewöhnliche Auszeichnung. Er entfaltete die ganze Schlichtheit und Einfachheit eines wahrhaft großen Herrn und zugleich jene würdevolle Offenheit, die Vertrauen erweckt. »Das Handschreiben Ihres Souveräns, meines teuersten Freundes, hat mich überzeugt, daß alle Zwistigkeiten unserer Staaten auf Mißverständnis beruhen. Ich vernahm mit Genugtuung, daß Euer Exzellenz damals, als wir leider in hartem Widerspruch standen und mein Minister Schwarzenberg in der Tat etwas schroff wurde, zur Beilegung der beklagenswerten Spannung beitrugen.«
    »Ich bin wie jeder Deutsche dem durchlauchtigsten Erzhaus Österreich sehr ergeben. Der Wille meines Herrn des Königs geht dahin, diese Ergebenheit durch Taten zu beweisen.«
    »Ich zweifle nicht daran. Was an mir ist, soll geschehen, daß volle Harmonie herrscht. Die beiden deutschen Monarchen sind aufeinander angewiesen zum Heil Deutschlands und zum Gedeihen unserer Völker, das uns beiden am Herzen liegt.« Es wurden noch viele Worte über dies unverfängliche Thema gewechselt, das zu nichts verpflichtete, dann vorsichtig die schwebenden Fragen angeschnitten: »Meine Minister sind etwas geteilten Sinnes über die Zweckmäßigkeit der uns gebotenen Vorschlage. Wird's denn nit anders gehn, mehr nach der Richtung, die wir einschlugen?«
    »Ich fürchte, nein, Majestät. Indessen wird gegenseitigesEntgegenkommen schon einen Ausweg finden und jeder Schärfe der Differenz vorbeugen.«
    »Da schauen's, ganz meine Meinung. Nur keine Differenzen! Wir müssen zusammenhalten für Deutschlands Ehre, da das Ausland uns bedrohen könnte«, bekräftigt der junge Monarch lebhaft und sprach feurig von Verteidigung alter Zucht und Sitte gegen westliche Neuerung. Als er ihn entließ, hatte Otto den wohltuenden Eindruck, daß Franz Josef eine schnelle Auffassung und dabei ein ruhig abwägendes Urteil besitze. Doch konnte er sich nicht verkneifen, an Nanne zu schreiben, der hohe Herr könne sehr gewinnend sein, wenn er wolle, doch ob er immer wolle, sei eine andere Frage. Der feierlichen Audienz folgte die Hoftafel und dieser ein Ausflug ins Gebirge, wo ein Volksfest bunte Landschaftsstaffage hervorzauberte und brausendes Eljen mit sehr demokratischer Ungeniertheit den König von Ungarn empfing. Das Volk kletterte auf die Bäume und besah sich so die Hofgesellschaft. Waldhörner tuteten, Reigengesang umjubelte den jungen gewinnenden Herrscher. Nach dem Abendrot gab es einen andern Operneffekt: Fackelzug durch den Wald.
    »Exzellenz gestatten, Fürst Windischgrätz, Adjutant Seiner Majestät«, stellte sich ihm ein junger Offizier vor, bei ihm gleichsam zur Dienstleistung befohlen wie bei einem gekrönten Haupte. »Fürst Liechtenstein«, nannte sich sein Tischnachbar, ein eleganter Reitergeneral. Da hatte er also den höchsten Adel der Habsburger Monarchie beieinander.
    »Gelt, Exzellenz, hier ist's fesch?« freute sich der junge Windischgrätz. »Sine Hungaria non est vita, et si vita, non est ita .« Hier hat's Leben doppelten Wert. Möchten Ex'llenz mal das Land sehen, die richtigen Haiducken?«
    »Herr Bruder, du solltest« (in der österreichischen Armee duzt sich alles) »die Exzellenz an deinen Herrn Bruder in Alberti-Irsa rekommandieren«, fiel Liechtenstein ein.
    »Du nimmst mir das Wort aus dem Munde. Der liegt dort in Quartier mit sei'm Ulanenregiment. 's ihst am Rande der großen Pußta zwischen Donau und Theiß, da ihst's fesch und romantisch. Wissen's, mein Bruder hat in Mariage eine Nichte Ihres gnädigsten Königs, eine Prinzessin von Mecklenburg.«
    »Ich werde nicht verfehlen, meine Aufwartung zu machen.«
    »Der wird a Freud hab'n und meine Frau Schwägerin dazu.« Mit unendlicher Liebenswürdigkeit plauderten die beiden Kavaliere weiter drauflos und wickelten den verdammten steifen Preußen (Ketzer alle miteinand und Feinde der allerheiligsten Jungfrau) mit ihrer berückenden Herzlichkeit ein. »Ja, in Preußen da sein's halt hochgelehrt, da kommen

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