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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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würden okkupiert, ehe Preußen fertig wäre. Ich für meine Person will nicht aus dem preußischen Lager das Jammern meiner überfallenen Untertanen hören, ich müßte dann doch mich Frankreich unterwerfen.«
    »Aber die allgemeine deutsche Sache würde dies Opfer Württembergs und Badens lohnen, ganz Deutschland würde gegen solche Vergewaltigung zusammenstehen.«
    »Ich danke bestens. Das Württemberger Hemd ist mir näher als der deutsche Rock. Ich will ganz offen mit Ihnen reden, weil ich weiß, daß Sie ein sehr verständiger Mann von klarem Blick sind. Was wäre die Folge eines preußisch-österreichischen Krieges gegen Rußland, der dies Reich zur Desperation brächte? Sprechen Sie sich ehrlich aus, denn ich kenne gewisse geheime Winke und Versuche, und Sie werden von Ihrem befreundeten Kollegen Graf Montessuy, der sich drohweise wohl ein Wörtlein entschlüpfen ließ, das Nötige wissen. Sie sehen, ich bin gut unterrichtet. Die Bahn wäre geebnet zu etwaiger französisch-russischer –«
    »Allianz. Der Zar würde sein Dynastengefühl über Bord werfen und sich mit Louis verständigen, der überhaupt den Krieg nur aus Prestige- und Gloiregründen betreibt und sehr wohl weiß, daß er sonst nur für England Kastanien aus dem Feuer holt. Frankreich und Rußland trennen keinerlei wirkliche Reibungsflächen. Ihre Allianz, wie Bonaparte sie schon dem Zaren Paul vorspiegelte, wäre eine natürliche, sowohl gegen England als gegen die deutschen Mächte gerichtet. Deshalb muß das Äußerste geschehen, um diesen bösen Streich zu verhüten, bei dem wir Deutschen am schlimmsten führen.«
    Der König von Württemberg nickte. »Dann würde zuerst Österreich aus dem Leim gehen, denn Frankreich würde Italien und Rußland die orthodoxen Slawen insurrektionieren. Deshalb würde die Donaumacht eiligst die Segel streichen, und Preußen bliebe dann allein der Rache seiner beiden Nachbarn überlassen. Die Pflicht der Selbsterhaltung gebietet uns Mittelstaaten, zunächst mit Österreich und Frankreich zu marschieren und später, falls letztere auseinandergehen, mit Frankreich, das uns am ehesten schaden kann.«
    »Eure Majestät malen ein düsteres Bild, vielleicht zu düster.«
    »Es kann sich nur aufhellen, wenn Preußen starke Schritte tut, Österreich am Krieg zu verhindern, das ohne den Deutschen Bund es nicht wagen wird.«
    Im August befand sich der König auf Rügen beim Fürsten Puttbus, von wo Kabinettsrat Niebuhr einen ganz verzweifelten Brief an Otto richtete und darin die Wiener Herren als Schlafwandlerauffaßte, die sich schon im Krieg mit Rußland zu befinden glaubten. Otto lächelte bitter über solche Verkennung. Schlaftrunkenheit und mondsüchtiges Nachtwandeln, wobei man jeden Augenblick, zu jäh geweckt, den Hals brechen kann, paßte für die Weisen an der Spree, nicht für die schlauen Blagueure und Faiseure an der Donau, die ja gerade durch ihre flotten Tanzbeine Preußen in diese Nachtwandlerei hineinlockten. Dort wurde mit der altbewährten Bluffmethode fortgewurstelt, während das Fortwursteln in Berlin überhaupt kein Steuer kannte und sich nach dem Poloniustakt bewegte: Ist dies auch Wahnsinn, hat es doch Methode!
    Johanna war auf Ferien mit den Kindern in Reinfeld und erkrankte schwer, so daß er eiligst dorthin nachreiste. Aber als er in Stettin ausstieg, trat ein Postdirektor auf ihn zu und salutierte: »Befehl Seiner Majestät, ich soll auf Exzellenz fahnden und Sie ersuchen, sich stante pede nach Puttbus zu verfügen.« Otto brummte etwas Unverständliches in den Bart.
    » Voyez , teuerster Bismarck, ich mußte Sie herbemühen, weil Manteuffel wieder zu österreichisch denkt und schreibt. Der Zar hat nachgegeben wegen der Donaufürstentümer, wir müssen aber auf Buols Frohlocken gemessener antworten, nicht so in seinen Jubel einstimmen. Redigieren Sie eine andere unverbindliche Antwort, die soll zu Graf Arnim nach Wien gehen.« Otto gehorchte sehr gern. Gleich darauf erschien der russische Abgesandte Graf Benckendorff, der zuversichtlich äußerte: »Die Verbündeten in der Krim gelandet? Freut mich, dort sind wir am stärksten.« Der König schwenkte wieder mal ins Russische.
    »Nun hab' ich wohl meine Pflicht getan,« drängte Otto den armen Gerlach, »ich habe schlechte Nachrichten von zu Hause und bitte um Entlassung von hier.« Gerlach kam betreten zurück: »Majestät haben Sie dem allerhöchsten Gefolge zugeteilt, ein Gnadenbeweis ersten Ranges. Aber«, setzte er übellaunig hinzu,

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