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Bismarck 01

Bismarck 01

Titel: Bismarck 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Menschen, aber ganz Offizier, und sein hervorragend klarer Verstand geht mit ihm durch, wenn er die militärische Ehre verletzt glaubt. Er wäre zu den abstrusesten politischen Fehlern zu bewegen, wenn man ihm die Dinge unter diesem Gesichtspunkt zeigt.« Freilich auch zu den größten Vernunftentschlüssen, wenn man seinen moralischen Heldenmut in Bewegung setzt! dachte er heimlich, aber er verschwieg es weislich. »Was denkt Ihre Partei denn eigentlich über die Stellungnahme Preußens?«
    »Das ist schwer zu sagen.« Der beleibte Goltz schnaufte ein wenig. »Der Thronfolger ist gegen Österreich, und Manteuffel wird natürlich den dienstfertigen Leporello spielen, indes der flotte Don Juan Österreich seine Eroberungen macht. Aber von Rußland wollen wir auch nichts wissen. Es gibt Leute unter uns, die an Herstellung Polens unter österreichischem Protektorat denken.«
    »Und was zahlt Österreich dafür?«
    »Ja, das ist fraglich. Es läßt uns vielleicht in Deutschland freie Hand.«
    »Da kennen Sie die Bande schlecht.« Aber nachdem er sich diesen bitteren Ausruf entschlüpfen ließ, verschloß Otto seinen Mund. Er hatte genug. Von diesen Leuten konnte er auch eine völlig unzeitgemäße, übereilte Aggressivität erwarten, die er, der Aggressivste und Verständigste zugleich, für völlig out of place hielt. Napoleon nannte sich den »kühnsten Mann im Kriege, der je gelebt«, aber er berechnete stets seine Rückzugslinie und sprach das tiefe Wort: Man solle nicht heut tun wollen, was erst in zehn Jahren möglich sei. Das Ende der Unterredung bildete Goltz' Schrei aus tiefstem Herzen: »Man wird mir schon einen guten Posten geben, davor ist mir nicht bange.«
    Natürlich, darauf läuft alles hinaus. Die Völker schwitzen und bluten, misera plebs contribuens , und die Herren am Oberrand des Gipfels balgen sich um die guten Posten. Seine Mahnungen an Manteuffel, die gute Gelegenheit auszunutzen, nutzten nicht das geringste, Ende April schloß Preußen ein Schutz- und Trutzbündnis mit Österreich, wenn auch in beschränktem Umfange, höchst bemerkenswert erschien, daß die Westmächte auch das Königreich Sardinien, das ein Königreich Italien werden wollte, in ihren Konzern aufnahmen. Der Krieg begann, wesentlichbeschleunigt durch brutalen Überfall Rußlands auf die türkische Flotte.
    Im Juni erschien ein anderer Besucher, der gewaltige Parlamentarier Rudolf v. Auerswald. »Sehen Sie, verehrte Exzellenz, wir sind alte Bekannte, obschon Gegner. Sei mir ein ehrliches Wort gestattet! Ich habe mich der Fraktion Goltz oder Bethmann, wie Sie's nun nennen wollen, genähert. Doch ich sehe ein, daß auch hier kein Heil ist. Den unfruchtbaren Oppositionskampf halte ich für verloren und möchte mich sachte eliminieren.«
    »Was kann ich für Sie tun, um ad rem zu kommen?«
    »Sie haben das Ohr des Ministers. Man übertrage mir die vakante Gesandtschaft in Brasilien, und ich verspreche feierlich, die Politik an den Nagel zu hängen.«
    »Ich werde mich für Sie verwenden.« Immer wieder dieselbe Geschichte. Die traurige Erkenntnis Napoleons: Das persönliche Interesse, das ist alles. So endet der unentwegte Liberalismusheld mit einem guten Posten.
    Manteuffel in seinem kurzsichtigen Mißtrauen (weil er sich selber mißtraute) wollte nicht. Von ihm erhielt Otto kurz zuvor ein pikiertes Schreiben. »Euer Hochwohlgeboren« seien nach Berlin befohlen, wie er von Gerlach vernehme, ohne daß ihm etwas davon bekannt gewesen. Der Schlußsatz drohte: »Mit Rücksicht auf die beim Bundestag schwebenden Verhandlungen dürfte Ihr Aufenthalt hierselbst nicht von langer Dauer sein .«
    *

Er stand vor dem König. »Was sagen Sie nun? Sie haben manchmal ganz gute Eingebungen.«
    »Meine unmaßgebliche Meinung geht dahin, daß Preußen hier endlich Ellbogenfreiheit gewinnt. Wir müssen statt der sekundären Stellung die führende erobern, die uns sofort allgemeine Sympathie und Leitung des Deutschen Bundes verschaffen wird.«
    »Was will denn der Bund?«
    »Er ist diesmal nicht österreichisch genug, um es mit Frankreich verderben zu wollen. Eure Majestät kennen die rheinbündlerischen Tendenzen von Hessen-Darmstadt. Nun, diesmal kann es nichts schaden, denn als Korrektiv bleibt die antifranzösische Stimmung der Nation. Wir müssen dies aber benutzen, um ganz Deutschland klarzumachen, daß Österreich nur seine außerdeutschen Hausinteressen im Auge hat und sich keinen Pfifferling um spezifisch deutsche Interessen

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